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Die Ingolstädter SPD-Stadträtin Veronika Peters findet, dass auf der Schanz mehr für die Kreativ-Szene getan werden muss – und in der Hallertau zeigt man mit dem Kreativquartier, wie das auch ohne Millionen-Investitionen geht

Von Tobias Zell

Wenn es nach der Ingolstädter SPD-Stadträtin Veronika Peters geht, dann müsste auf der Schanz viel mehr getan werden, um die hiesige Kreativ- und Kunstszene  zu unterstützen und vor Ort zu halten. „Ich spüre, dass der Wunsch in der Luft liegt“, sagt sie, die schon im vergangenen Jahr als OB-Kandidatin immer wieder betont hat, wie wichtig es für eine Stadt sei, eine „kreative Szene“ zu haben. Peters sieht die kommunalen Entscheidungsträger hier ebenso gefordert wie die Bürgerschaft und die Kreativen selbst. Es müsse auch nicht immer Millionen kosten, sagt sie mit Blick auf die „Halle 9“ beim Hauptbahnhof. Nein, das funktioniere auch weitaus günstiger, erklärt sie und verweist nach Pfaffenhofen. Dort zeigte man, wie es geht. „Und wenn Pfaffenhofen sich das leisten kann, dann kann Ingolstadt das zwei Mal.“ 

Pfaffenhofen also wieder mal als Vorbild? Durchaus, findet Veronika Peters. Erst kürzlich war sie in der Ilmstadt, um sich das „Kreativquartier“ in der Frauenstraße anzuschauen.  Seit gut drei Jahren besteht in der Kreisstadt das Kreativquartier „Alte Kämmerei“ im Gebäude der ehemaligen Kämmerei beziehungsweise des alten Einwohnermeldeamts. Die Räumlichkeiten, die der Stadt gehören, wurden dem neuen Pfaffenhofener Kunstverein großzügig überlassen. Der verwaltet das Ganze, kümmert sich um die Vergabe von Räumen. Die Kreativen tragen lediglich die Nebenkosten und können sich deshalb die Ateliers und Arbeitsräume hier auch leisten.

Der Pfaffenhofener SPD-Chef Markus Käser (rechts) und SPD-Stadtrat Steffen Kopetzky, zugleich Chef des Neuen Pfaffenhofener Kunstvereins, führten Parteifreundin Veronika Peters aus Ingolstadt durchs Kreativquartier. 

Es sei „wahnsinnig wichtig für junge Künstler, dass sie sich auf ihre Arbeit konzentrieren können“ und nicht dauernd im Hinterkopf haben müssten, wie sie denn die Miete für ihr Atelier bezahlen sollen, betont Sebastian Daschner. Er ist der städtische Kulturmanager und außerdem selbst einer der Künstler, die im Pfaffenhofener Kreativquartier Räume bezogen haben. Zwischen zehn und 15 Kulturschaffende seien hier untergebracht. 

„Eine Stadt ohne Kreative und Künstler ist eine tote Stadt“, sagte Markus Käser, der Chef der SPD in Stadt und Kreis Pfaffenhofen, der seine Parteifreundin Veronika Peters kürzlich empfangen und durchs Kreativquartier geführt hat. „Wir wollen deshalb unser kreatives Potenzial vor Ort erhalten und fördern.“ Und dazu gehöre eben auch, „dass die Arbeitsbedingungen von Akteuren der Kreativwirtschaft und von professionellen Künstlern verbessert werden“. Beispielsweise durch günstige und adäquate Räume, in denen bildende Künstler, Theatermacher und Performer, Tänzer und Musiker, Grafiker, Designer, aber auch Webgestalter, Kleinverleger und sonstige Medienkünstler kreativ tätig werden können.

Tierisch viele Fotos machte Peters mit ihrem iPad im Kreativquartier – nun will sie die Debatte in Ingolstadt neu anstoßen.

Die Zwischennutzung der Alten Kämmerei sei „ein lebendiges Beispiel“ dafür, wie das gelingen kann, findet Käser und kann da von Peters nur Zustimmung ernten. Doch er weiß auch: Irgendwann wird die Alte Kämmerei dem brummenden Pfaffenhofen weichen müssen. Denn die Entwicklung in der florierenden Kleinstadt ist nicht aufzuhalten. Irgendwann werden die Kreativen hier ausziehen müssen, dann wird die Abrissbirne anrücken und hier werden neue Wohnungen, Geschäftsräume oder Büros entstehen. „Wir müssen uns deshalb heute schon Gedanken machen, für den Fall, dass das Gebäude in der Frauenstraße nicht mehr zur Verfügung steht.“ Denn die Innenstadt-Entwicklung wird weitergehen. Und deshalb gelte es, permanent nach Gebäuden Ausschau zu halten, in denen eine ähnliche Zwischennutzung für Kreative möglich sei.

Zwischennutzung. Das ist auch für Veronika Peters ein Ansatz, den sie für Ingolstadt auf der Rechnung hat. „Vielleicht stellen wir von der SPD einen Antrag auf Nutzung von Leerständen“, sagt sie. Und möglicherweise habe die Stadt selbst ja noch irgendwo ein Gebäude, dass sie – ähnlich wie in Pfaffenhofen – als Kreativquartier zur Verfügung stellen könnte. „Wir kämpfen in Ingolstadt so sehr um Identität“, sagt sie – eine heimische Kreativszene würde da helfen.

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Impressionen aus dem Pfaffenhofener Kreativquartier (zum Vergrößern einfach auf eines der Vorschaubilder klicken).

Auch einen Blick nach Regensburg hat Peters geworfen. Dort habe der neue Oberbürgermeister im Wahlkampf versprochen, dass er ein Kreativquartier schaffen werde. Und in der Domstadt sei auch die Stelle eines eigenen Kreativmanagers ausgeschrieben worden – um die 200 Bewerbungen sind nach ihren Informationen eingegangen. „Das zeigt doch, wie man allerorten erkennt, dass man die kreative Szene fördern und in einer Stadt halten muss“, sagt Peters. Aber in Ingolstadt passiere da zu wenig, „deshalb beklagen wir ja die Abwanderung der Kreativen“.

Dabei gehe es doch gar nicht um riesige Projekte, sagt die SPD-Stadträtin. Und es müsse auch nicht immer Millionen kosten. „Kreativwirtschaft braucht eigentlich nur Raum“, sagt sie. „Freiraum.“ Dafür sei Pfaffenhofen das beste Beispiel. Seit über zwei Jahren arbeiten hier in den Räumen der Frauenstraße 34-36 Kreative aus den verschiedensten Bereichen. So beherbergt die Alte Kämmerei mittlerweile eine bunte Gemeinschaft aus Künstlern, Musikern, eine Druckerei und andere Projekte.

„Als eine durchaus zeitgemäße Förderung der lokalen Kreativbranche, die als Teil eines attraktiven Zukunftsmodells einer lebendigen, kreativen Stadt gesehen wird, hat die Stadt Pfaffenhofen das Projekt bisher mitgetragen, indem sie das Gebäude zur Verfügung stellt“, würdigten die Kreativen kürzlich in einer Presseerklärung, als sie wieder einmal zum Tag der offenen Tür einluden. Denn die „Mieter“ im Pfaffenhofener Kreativquartier bedanken sich bei ihrer Stadt immer wieder mit vielfältigen kulturellen Veranstaltungen wie Ausstellungen oder Konzerten, die dann auch zahlreiche Besucher anlocken. 

  

Sebastian Daschner, der städtische Kulturmanager, hat als Künstler selbst ein Atelier im Kreativquarter. Hier sehen wir ihn vor einem seiner neuesten Werke.

So bereichert das Kreativquartier mit seinen Köpfen nicht nur die Szene, sondern auch das öffentliche Leben. „Und sowas kann man eben nicht verordnen oder steuern“, sagt SPD-Chef Käser. „Das entsteht aus einem passenden Umfeld und dem nötigen Freiraum.“ Und, auch das betont er: Weil man den Kreativen gegenüber mit offenen Karten spiele. „Die Leute wissen, dass sie vermutlich eines Tages hier rausmüssen, weil das Gelände dann im Rahmen der Stadtentwicklung neu überplant wird“, sagt Käser. „Aber sie wissen auch, dass wir darauf schauen, dass sie wieder eine neue Unterkunft für ihr kreatives Schaffen bekommen.“ Das sei eine „konstruktive Atmosphäre“, und so könne man einerseits Wachstum und Veränderung sowie anderseits einer lebendigen Kreativszene Rechnung tragen.

Früher war das freilich alles einfacher, weiß Steffen Kopetzky. Er ist SPD-Stadtrat, Vorsitzender des Neuen Pfaffenhofener Kunstvereins – und im Hauptberuf Schriftsteller. Damals habe es in der Stadt noch viele alte Gebäude, Werkstätten und WGs gegeben, wo sich die Kreativen bei geringen Mieten austoben konnten. Doch das habe sich längst geändert, „weil die Stadt mit dem eisernen Besen des brummenden Marktes leergefegt wurde“, sagt er und unterstreicht gerade deshalb die Bedeutung des Kreativquartiers. „Wir kämpfen darum, eine coole Kleinstadt zu bleiben und den Druck abzufangen.“

Ortstermin im Kreativquartier: Sebastian Daschner (von links), Markus Käser, Veronika Peters und Steffen Kopetzky.

Über dieses Thema werde ganz generell, auch ortsunabhängig, viel zu wenig gesprochen – da sind sich die Sozialdemokraten Käser, Kopetzky und Peters einig. Das ist ihrer Meinung nach nicht nur bedauerlich, sondern vor allem deshalb so bemerkenswert, weil andererseits stets betont werde, wie wichtig die Kreativbranche sei. „Es entsteht aber nichts, wenn ich nicht den Nährboden bereite“, weiß Käser. Denn: „Ohne Gewerbegebiet gibt es ja auch kein Gewerbe.“ 

Und genau diesen Nährboden will Veronika Peters in Ingolstadt bereiten. Und geht dabei auch selbst mit gutem Beispiel voran. In „Vronis Rat(sch)haus“ – ein Relikt aus dem Wahlkampf, das weiterlebt – finden nicht nur Veranstaltungen statt, sondern dort zieht jetzt auch ein Künstler ein. Mietfrei, wohl gemerkt, wie sie sagt. Das Gebäude gehört der Familie Peters, das muss man dazu wissen. Und die SPD-Stadträtin sagt ja: Hier sei nicht nur die Stadt gefordert.


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