Die Anwälte der damals wegen Totschlags Verurteilten und später Freigesprochenen wollen vor dem Europäischen Gerichtshof Haftentschädigung erwirken
(ty) Der Mordfall Rupp war einer der Kriminalfälle, die über Jahre ganz Deutschland bewegt haben. Und noch immer ist der Fall nicht ganz abgeschlossen. Denn die Verteidiger von den damals wegen Totschlags verurteilten Familienangehörigen kämpfen noch immer um Haftentschädigung. Vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.
2001 war der Landwirt aus Heinrichsheim auf geheimnisvolle Weise nach einem Wirtshausbesuch verschwunden. Vier Jahre später, also 2005, wurden seine Frau Hermine und der angehende Schwiegersohn zu je achteinhalb Jahren Haft wegen Totschlags verurteilt, die Töchter wegen Beihilfe zu zweieinhalb und dreieinhalb Jahren. Dabei war bis dahin weder die Leiche noch das Auto des Landwirtes gefunden worden.
2011 wurde dieses Urteil dann vom Landgericht in Landshut aufgehoben, die Angeklagten freigesprochen. Der Grund für das Wiederaufnahmeverfahren war gewesen, dass 2009 in der Staustufe Bergheim die Leiche des Bauern gefunden worden war. In seinem Auto. Verurteilt waren seine Angehörigen indes, weil sie den Landwirt erschlagen, zerstückelt und an die Hunde verfüttert haben sollen. Ein Vorwurf, der nach dem Fund der Leiche natürlich nicht mehr haltbar gewesen ist.
Das Wiederaufnahmeverfahren endete 2011 mit einem glatten Freispruch für alle Verurteilten. Nicht wegen erwiesener Unschuld, sondern weil man – so der damaligen Richter Theo Ziegler – nicht zweifelsfrei nachweisen könne, wer an der Tötung des Landwirtes Rudolf Rupp wirklich beteiligt gewesen war. Eine Haftentschädigung gestand der den Inhaftierten Familienmitgliedern indes nicht zu. Nicht zuletzt, weil die Angeklagten durch falsche Geständnisse ihre Verurteilung selbst provoziert hätten.
Genau das ist der Grund, warum die Anwälte der Rupps vor den Europäischen Gerichtshof gezogen sind. „Es handelt sich um einen Festzustellungsantrag, dass Deutschland die Rechte der Rupps verletzt und dafür Entschädigung zu zahlen hat“, sagt Klaus Wittmann, einer der Anwälte, unserer Zeitung. Am 10. März 2009 war die Leiche von Rudolf Rupp gefunden worden, an 12. November seien die Verurteilten dann entlassen worden. Und bei einem Regelsatz von 25 Euro Haftentschädigung pro Tag käme da schon was zusammen. Für rund sechs Jahre, die Rudolf Rupps Witwe Hermine eingesessen ist, immerhin um die 54 000 Euro.