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Nach bisherigen Erkenntnissen war ein Hemmschuh die Ursache. Verantwortliche Mitarbeiter im Visier der Bundespolizei. 

(ty) Nach den bisherigen Ermittlungen der Bundespolizei war ein so genannter Hemmschuh ursächlich für die Entgleisung des Güterzuges am Samstag kurz nach Mitternacht in München-Riem. An der Unfallstelle seien zwei Hemmschuhe entdeckt worden, einer davon in einer Weiche liegend. "Die weiteren Ermittlungen richten sich nun darauf, ob der korrekte Betriebsablauf gegeben war und warum die Hemmschuhe vor Abfahrt des Güterzuges nicht entfernt worden waren", so ein Sprecher der Münchner Bundespolizei.

Der Güterzug 69150 hatte gegen Mitternacht den Umschlagbahnhof verlassen. Die elektrische Lokomotive zog 25 Container-Auflieger – Gesamtlänge: 668 Meter. Der Zug hatte 120 beladene und acht leere Achsen bei einem Ladungsgewicht von rund 940 Tonnen; das Gesamtgewicht betrug etwa 1580 Tonnen. Der Güterzug war zu 86 Prozent ausgelastet. Diese Daten gab die Bundespolizei jetzt bekannt. 

Gegen 0.05 Uhr war auf der Strecke vom Umschlagbahnhof München-Riem in Richtung Bahnhof Riem auf Höhe von Bahnkilometer 6,800 der Güterzug auf freier Strecke entgleist. Es kam zu einem Sachschaden, der von Seiten der Bahn inzwischen auf rund vier Millionen Euro geschätzt wird. Die Bahnstrecke München – Mühldorf war bis Montagmorgen gesperrt. Bei dem Unfall wurde niemand verletzt, allerdings stand der 58-jährige Lokführer unter Schock.

Die Unfall-Lok wurde, wie auch die ersten beiden Container-Auflieger, sehr stark im Bereich des Unterbodens und der Drehgestelle beschädigt, heißt es von der Bundespolizei. Die betroffenen Fahrzeuge mussten mittels Kran aus dem Gleisbereich gehoben werden; sie waren nicht mehr fahrbereit. Die Oberleitung wurde auf 70 bis 80 Metern heruntergerissen. Ein Oberleitungs-Mast wurde am Fundament abgetrennt und durch den Güterzug mitgeschleift, bis er sich zwischen Lok und erstem Wagen verkeilten. Auch diese Details gab die Bundespolizei inzwischen bekannt. 

Die betroffenen Gleise (Auszugsgleis zum Umschlagbahnhof, Strecke München Ost – Mühldorf am Inn / Simbach am Inn) wurden – so heißt es weiter – sehr stark beschädigt. Schienen, Schwellen, Weichen, Schienenschrauben, Weichenmotor, Betriebskabel und InduSi-Magneten sowie Schotterbett seien zerstört beziehungsweise massiv in Mitleidenschaft gezogen worden

Im Bereich der Unfallstelle wurden laut Bundespolizei zwei deformierte "Hemmschuhe" (Sicherungskeile) gefundenen. Nach erster Auswertung der Spurenlage, insbesondere der aufgefundenen beiden Hemmschuhe, sei nach derzeitigem Ermittlungsstand folgender Tathergang rekonstruiert worden: "Es muss davon ausgegangen werden, dass die Zugsicherung am GZ 69150 im Umschlagbahnhof mittels Hemmschuhen am ersten Container-Auflieger vorgenommen und diese vor Abfahrt pflichtwidrig nicht entfernt worden waren. Beim Anfahren des Güterzuges wurden die Sicherungskeile mitgeschleift. Schließlich verkantete beziehungsweise verkeilte sich einer der Sicherungskeile unter dem Zug in einer Weiche. Dadurch wurde eines oder mehrere Drehgestelle aus der Spur gehoben, was im Verlauf der Fahrt zur Entgleisung und dem Schadenseintritt führte." 

Weiter erklärt die Bundespolizei: "Die Fertigstellung des Zuges, das Ankoppeln der Lok und die Freimeldung lagen im Verantwortungsbereich mehrerer Personen, die für den korrekten Betriebsablauf verantwortlich waren." Und: "Bei einer ordnungsgemäßen und sorgfältigen Überprüfung des Zuges vor Fahrtantritt hätten die Hemmschuhe auf den Gleisen bemerkt werden müssen."

Die Bundespolizei ermittelt nach eigenen Angaben derzeit gegen die am Betriebsablauf verantwortlichen Mitarbeiter wegen des Verdachts des gefährlichen Eingriffs in den Bahnverkehr.

Hinweise auf weitere mögliche Ursachen, wie zum Beispiel das Einwirken einer oder mehrerer betriebsfremder Personen, gebe es derzeit nicht – "es gilt als nahezu ausgeschlossen". Nach derzeitigem Ermittlungsstand sei auch ein technischer Defekt unwahrscheinlich. 

Die Lokomotive sowie die beiden entgleisten Container-Auflieger sind mitterweile geborgen. Wegen der Instandsetzungs-Arbeiten im Gleisbereich ist der Zugverkehr am gestrigen Morgen auf der Strecke eingleisig teilweise wieder angelaufen.


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