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Die Branche protestierte gegen den Corona-Lock-Down, auch auf einem Ausflugs-Dampfer in Kelheim. 

(ty) Von der Nordsee bis zur Zugspitze haben gestern deutschlandweit Hoteliers und Gastronomen öffentlich einen gedeckten Tisch oder ein gemachtes Bett als stillen Protest aufgestellt, um im Vorfeld der morgigen Bund-Länder-Gespräche zur Corona-Pandemie auf die verzweifelte Situation der Betriebe und die derzeitige Perspektivlosigkeit aufmerksam zu machen. "Mittlerweile ist die Branche seit März 2020 insgesamt sechs Monate geschlossen", fasst der bayerische Hotel- und Gaststätten-Verband (Dehoga) zusammen. Eine Aktion fand gestern in Kelheim statt, wo auf dem Ausflugs-Dampfer "MS Renate" ein Bett aufgebaut war. Zu Wort meldeten sich hier unter anderem Renate Schweiger vom gleichnamigen Schifffahrts-Unternehmen sowie die hiesige Landtags-Abgeordnete Petra Högl (CSU). Schweiger stellte klar: Man wolle keine Öffnung um jeden Preis, fordere aber eine Öffnungs-Strategie. 

Renate Schweiger ist Inhaberin eines Schifffahrts-Unternehmens, Vize-Vorsitzende des Verbands der bayerischen Fahrgast-Schifffahrt sowie Chefin des Vereins der privaten Personen-Schifffahrt auf der bayerischen Donau. Ein gedeckter Tisch auf ihrem Schiff sei ja nichts Besonderes, sagte sie, ein gemachtes Bett hingegen schon ein Hingucker. Und genau das habe man erreichen wollen. "Die Politiker sollen Hinschauen, auf die Probleme der Gastronomie und der Fahrgast-Schifffahrt aufmerksam werden und möglichst in der Ministerpräsidenten-Konferenz am Mittwoch handeln." Schweigers zentrale Botschaft: "Wir möchten keine Öffnung um jeden Preis. Aber wir fordern eine vorausschauende Öffnungs-Strategie unter Einhaltung der bewährten Hygiene-Konzepte."

Es geht hier nicht darum, dass ein einzelner Betrieb öffne. Nein, es gehe um die komplette bayerische Gastronomie und um die gesamte bayerische Fahrgast-Schifffahrt auf Flüssen und Seen. Beim ersten Lock-Down im Frühjahr 2020 habe man am Pfingst-Wochenende mit dem Linienverkehr beginnen sowie Schritt für Schritt kleine Event-Fahrten, Feiern und Veranstaltungen durchführen können. "Wir haben unter Beweis gestellt, dass unsere Parkplatz- und Hygiene-Konzepte nicht nur auf dem Papier stehen, sondern dass wir diese konsequent umsetzen und einhalten", so Schweiger. Dennoch sei man Anfang November dem Teil-Lock-Down sowie anschließend dem Lock-Down zum Opfer gefallen.

Die Kelheimer Schifffahrts-Unternehmerin Renate Schweiger.

Das Schlimmste daran ist für Renate Schweiger, dass, während man schon wieder große Baumärkte und körpernahe Dienstleistungen öffne, der Gastronomie und Fahrgast-Schifffahrt suggeriere: "Ihr müsst noch warten, für Euch haben wir noch keine Perspektive." So könne und dürfe es nicht weitergehen. Gastronomie und Fahrgast-Schifffahrt haben eine Öffnungs-Strategie. Und die gilt es, selbstverständlich mit der nötigen Umsicht, Schritt für Schritt zu verwirklichen."

Was man konkret erreichen möchte, fasst die Schifffahrts-Unternehmerin wie folgt zusammen. Erstens: Die bayerischen Schifffahrts-Betriebe sollten zunächst zum geplanten Saisonstart, den Betrieb wieder aufnehmen dürfen – und zwar in gleicher Weise wie der ÖPNV. Mit Maske und Kontakt-Daten-Erfassung, jedoch ohne Gastronomie. Zweitens: Die Außen-Gastronomie solle bis Ostern öffnen dürfen. Sobald dies erfolgt sei, dürften auch die Fahrgastschiffe im Außenbereich gastronomische Leistungen anbieten. Im dritten Schritt solle die Öffnung der kompletten Gastronomie und der Hotels folgen.

"Es ist nicht so, dass wir nur kritisieren möchten", so Schweiger. Es gebe auch gute Signale von der Politik, wie etwa die dauerhafte Senkung der Umsatzsteuer auf Speisen. Das sei schön, aber im Moment völlig wirkungslos. "Weil wir geschlossen haben und ohnehin keinen Umsatz machen und folglich auch keine Umsatzsteuer bezahlen. Besser wäre es für uns, zuerst das Öffnungs-Szenario zu planen und dann die Steuer zu senken."

Auch die Angestellten hat Schweiger im Blick. "Gute, zuverlässige, dauerhafte, qualifizierte, freundliche Mitarbeiter, die an vielen Sonntagen, Feiertagen bei Tag und Nacht arbeiten – und das machen Mitarbeiter in der Gastronomie und der Fahrgast-Schifffahrt tatsächlich – sind das Stammkapital eines Betriebs. Wenn dieses Kapital wegbricht, wird es schwierig, einen Betrieb sicher zu führen." Die jüngste Vergangenheit ihrer Crew fasst sie so zusammen: "Stempeln über den Winter 2019, vom Stempeln direkt in den Lock-Down – März 2020 bis Ende Mai 2020. Ab Ende Mai 2020 in Kurzarbeit und, voller Hoffnung auf ein gutes Weihnachts-Geschäft, Anfang November in den Teil-Lock-Down und ab Mitte Dezember bis heute im Lock-Down." Perspektive? "Keine Aussicht auf baldige Öffnung."

Aufgebautes Protest-Bett auf dem Ausflugs-Schiff "Renate".

Die hiesige Landtags-Abgeordnete Petra Högl (CSU) zeigt Verständnis. Aus vielen Telefonaten und Gesprächen mit Gastronomen, Hoteliers und Brauerei-Inhabern wisse sie um die Nöte und der Anliegen der gesamten Gastro-Branche sowie der Mitarbeiter. Daher begrüßte sie die Aktion und unterstützte diese, um auf die Situation dieser für den Kreis Kelheim so wichtigen Branche aufmerksam zu machen. Denn der Landkreis Kelheim mit seiner regionalen Vielfalt und abwechslungsreichen Landschaft lebe auch vom Tourismus, zu der auch die Personen-Schifffahrt gehöre.

"Ich verstehe den Wunsch nach Öffnungs-Perspektiven für unsere Gastwirte und die gesamte Branche", so Högl. Sie hätten im vergangenen Jahr gezeigt, dass mit Abstand, mit Maske und unter Einhaltung der Hygiene-Regeln ein Betrieb möglich sei. "Mit Vorsicht, mit Schnelltests und mit Impfungen wollen wir weitere wichtige Schritte in Richtung Normalität gehen, ohne dabei die Herausforderungen, die sich etwa aus den Virus-Mutationen ergeben, aus den Augen zu verlieren." Einer der nächsten Schritte könnte ihrer Ansicht nach die Öffnung der Personen-Schifffahrt sowie der Außen-Gastronomie sein.

Angela Inselkammer, die Präsidentin des bayerischen Hotel- und Gaststätten-Verbands, erklärte in Zusammenhang mit den gestrigen Aktionen sowie angesichts des aktuellen Corona-Infektions-Geschehens: "Die Maßstäbe und Inzidenz-Werte, die für Öffnungen in anderen Branchen gelten, wie zum Beispiel Einzelhandel oder Baumärkte, müssen auch für das Gastgewerbe gelten." Einen fortgesetzten Teil-Lock-Down, also weitgehende Schließungen als Dauerzustand, während andere öffnen dürften, akzeptiere man nicht. "Wenn vergleichbare Branchen wie der Einzelhandel wieder öffnen dürfen, muss es auch im Gastgewerbe wieder losgehen – und zwar so, dass die Betriebe wirtschaftlich arbeiten können."

Die Betriebe des Gastgewerbes haben laut Inselkammer während der Öffnungen von Frühjahr bis Herbst 2020 bewiesen, dass ihre Hygiene-Konzepte funktionieren. "Gastronomie und Hotellerie waren und sind keine Pandemie-Treiber." Dies habe vergangene Woche das Robert-Koch-Institut (RKI) mit seinem Control-Covid-Plan bestätigt. So sei das Ansteckungsrisiko gerade bei Zusammenkünften im Freien und in Hotels niedrig. Der Teil-Lock-Down ab November war laut Inselkammer keine Folge eines hohen Infektions-Geschehens im Gastgewerbe, sondern eine politische Entscheidung: "Gastronomie, Hotellerie, Kultur und Sport wurden geschlossen, um Kontaktzahlen zu senken und anderen Branchen Öffnungen zu ermöglichen."

Gefordert wird eine Öffnungs-Perspektive.

Eine Fortsetzung der Politik nach dem Motto "Ihr bleibt zu, damit andere öffnen können" sei für die Unternehmer und Beschäftigten im Gastgewerbe inakzeptabel, so Inselkammer. Das Gastgewerbe dürfe bei der Entwicklung von Öffnungs-Perspektiven nicht nachrangig behandelt werden. "Die Menschen, die im Hotel- und Gaststätten-Gewerbe arbeiten und von ihrer Arbeit leben müssen, verdienen den gleichen Respekt und die gleiche Wertschätzung wie die Menschen in anderen Branchen." Man habe verantwortbare Pläne für Öffnungs-Szenarien sowie erfolgreiche Schutz-Konzepte erarbeitet.

"Die Sicherheit von Mitarbeitern und Gästen stehen auch für uns immer an oberster Stelle", versichert die Dehoga-Bayern-Präsidentin. Der Vorteil heuer liege darin, dass man auf erwiesenermaßen erfolgreiche Schutz-Konzepte fürs Gastgewerbe zurückgreifen könne. Man habe hier viel weitreichendere Konzepte als etwa im Handel. "Bei uns gelten wesentlich größere Abstands-Regeln, auch führen wir eine durchgängige Gäste-Registrierung durch. Wir wissen zu jeder Zeit, wer da war. Auch Masken müssen ständig getragen werden und dürfen nur am Tisch abgenommen werden. Und an diesem dürfen ja wiederum nur Personen gemäß geltender Kontakt-Beschränkungen sitzen."

Zudem würden vielfach zusätzliche Maßnahmen zur Luftreinigung umgesetzt. Ferner darf nach Dafürhalten von Inselkammer nicht vernachlässigt werden, dass man geschützte Bereiche mit hohen Hygiene-Standards schaffe. "Die Erfahrung im Nachgang zum letzten Lock-Down hat gezeigt: Stehen diese nicht zur Verfügung, wird es zu Ausweich-Bewegungen der Menschen kommen, die dann nur in ungeschützten Bereichen stattfinden können." Diesen Fehler dürfe man nicht ein zweites Mal begehen. "Wir können den Ministerpräsidenten von daher beruhigen: Ja, es ist schwieriger, aber es ist machbar. Dies haben auch Experten so bestätigt."

"Gedeckter Tisch"-Aktion auf der Zugspitze.


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