Die Männer werden beschuldigt, sich an einer kriminellen Vereinigung beteiligt zu haben, die in Deutschland vorwiegend auf das "Waschen" von Erlösen aus Love-Scamming-Betrügereien und den Transfer nach Nigeria gerichtet ist.
(ty) Schlag gegen die Bruderschaft "Black Axe": Polizei und Staatsanwaltschaft haben am gestrigen Dienstag insgesamt 19 Wohnungen und Asyl-Unterkünfte von Beschuldigten in Bayern, Baden-Württemberg, Hessen und Hamburg durchsucht. Dabei wurden nach offiziellen Angaben elf Männer nigerianischer Staatsangehörigkeit im Alter zwischen 29 und 53 Jahren festgenommen sowie zahlreiche Beweismittel wie Datenträger und Mobiltelefone sichergestellt. Die verhafteten Männer werden den Angaben zufolge beschuldigt, sich an einer kriminellen Vereinigung beteiligt zu haben, die in Deutschland vorwiegend auf das "Waschen" von Erlösen aus Internet-Betrugs-Taten und den Transfer nach Nigeria gerichtet ist.
Die Durchsuchungen im Freistaat fanden nach Angaben des bayerischen Innenministeriums und des bayerischen Landeskriminalamts (LKA) an folgenden Orten statt: München, Augsburg, Rosenheim, Ingolstadt, Landshut, Landkreis Fürstenfeldbruck, Landkreis Landsberg am Lech, Landkreis Miesbach und Landkreis Oberallgäu. In Baden-Württemberg durchsuchten die Ermittler demnach in Filderstadt und im Landkreis Tübingen.
Weitere Maßnahmen seien im hessischen Frankfurt am Main, im Hochtaunuskreis sowie in Hamburg durchgeführt worden. Neben Wohnungen seien auch Asyl-Unterkünfte durchsucht worden. "Die als gewalttätig geltende Bewegung wird weltweit in Verbindung mit Menschen- und Drogen-Handel gebracht", fasst das bayerische Innenministerium zusammen. "Eine Haupteinnahmequelle ist der groß angelegte Internet-Betrug."
Perfide Form des Liebes-Betrugs
"Den in Deutschland lebenden Mitgliedern der nigerianischen Mafia wird vor allem Geldwäsche von Erlösen aus Love-Scam-Betrug zur Last gelegt – eine moderne Form des Heirats-Schwindels im Internet", erklärt der bayerische Justizminister Georg Eisenreich. Der Freistaat gehe konsequent gegen diese perfide Form des Liebes-Betrugs vor." Nach den Worten des bayerischen Innenministers Joachim Herrmann führten umfangreiche Ermittlungen zum Erfolg: "Unser Landesamt für Verfassungsschutz hat die Gruppierung bereits seit vielen Jahren auf dem Schirm.
"Dank der gesammelten Erkenntnisse und der Analysen des Bundesnachrichtendienstes gelang der gemeinsamen Ermittlungs-Gruppe der bayerischen Polizei unter Sachleitung der Staatsanwaltschaft der bislang bundesweit größte Schlag gegen die nigerianische Mafia", so Herrmann weiter: "Unsere Ermittler werden die gestern sichergestellten Beweismittel akribisch auswerten, auch um an weitere Täter und Hintermänner zu kommen."
"Aufgrund von Struktur-Erkenntnissen des bayerischen Landesamts für Verfassungsschutz und Informationen und Analysen des Bundesnachrichtendienstes" ermitteln laut heutiger Mitteilung drei Kriminal-Dienststellen – bayerisches Landeskriminalamt, Polizeipräsidium Oberbayern-Süd und Polizeipräsidium Schwaben-Nord – im Rahmen einer gemeinsamen Ermittlungs-Gruppe unter Sachleitung der Staatsanwaltschaft München I seit mehr als zwei Jahren gegen Angehörige der nigerianischen Bruderschaft "Confraternity Black Axe" alias "Neo Black Movement of Africa" (NBM).
Bei dieser Gruppierung handele es sich um eine von mehreren Confraternities, die auch als "Nigerianische Mafia" bezeichnet werden. Diese weisen den Angaben zufolge streng hierarchische Strukturen unter einer Führung in Nigeria auf und haben nachgeordnete Hierarchie-Ebenen, die sich in Verteilung und Größe an territorialen sowie strukturellen Gegebenheiten orientieren. "Innerhalb dieser einzelnen Organisations-Einheiten bestehen feste Ämter, die klar definierte Aufgaben wahrnehmen und ein Regelwerk, das einem eigenen Rechts-System gleicht."
Über 450 Fälle im vergangenen Jahr in Bayern
Die in Bayern geführten Ermittlungen begründeten laut Erkenntnissen der genannten Behörden den dringenden Tatverdacht, dass die Angehörigen der "Confraternity Black Axe" als Mitglieder einer kriminellen Vereinigung auch international in verschiedensten Delikts-Bereichen aktiv sind. Ihre hauptsächlichen kriminellen Aktivitätsfelder in Deutschland seien Betrug im Rahmen des so genannte Love-Scammings beziehungsweise Romance-Scammings sowie Geldwäsche.
Laut Innenminister Herrmann wurden in Bayern im vergangenen Jahr mehr als 450 Fälle von Love-Scamming mit einem Schaden von rund 5,3 Millionen Euro angezeigt. Das Dunkelfeld dürfte indes erheblich größer sein. Herrmanns Appell: "Beim geringsten Verdacht bitte sofort die Polizei einschalten! Nur dann kann skrupellosen Kriminellen das Handwerk gelegt werden." Beim Love-Scamming oder Romance-Scamming – unsere Zeitung berichtete mehrfach – schwindeln Täter online die große Liebe vor, um an die Ersparnisse ihrer Opfer zu gelangen.
Justizminister Eisenreich warnt: "Die Täter nehmen gezielt Kontakt mit alleinstehenden Menschen über das Internet auf, schaffen eine emotionale Abhängigkeit oder täuschen eine Beziehung vor, um sie finanziell auszunehmen. Die Folgen für die Opfer sind erheblich. Abgesehen von dem oft hohen materiellen Verlust drohen Depressionen und Angstzustände. Viele bringen die Tat aus Scham erst gar nicht zur Anzeige." Bei dieser moderenen Form des Heirats-Schwindels, gaukeln Betrüger unter Vortäuschung anderer Identitäten zum Beispiel Heirats-Absichten vor; im Rahmen des weiteren Kontaktes fordern sie immer wieder unter verschiedenen Vorwänden Geld.
Schließlich wird dieses Geld nach Erkenntnissen der Ermittler über Finanz-Agenten auf verschiedenen Wegen, unter Einbehalt von Provisionen, nach Nigeria transferiert und steht der "Confraternity Black Axe" zur Verfügung. Die hier Beschuldigten stehen laut LKA im Verdacht, dafür ebenfalls Geldtransfer-Systeme, aber auch die so genannte warenbasierte Geldwäsche, bei der zum Beispiel Konsumgüter, oftmals sogar mit karitativem Anstrich – gebrauchtes medizinisches Gerät, Second-Hand-Kleidung – gekauft und dann nach Nigeria geliefert werden, benutzt zu haben.
Menschen-Handel, Betrug, Geldwäsche, Prostitution, Rauschgift-Handel
Innerhalb umfangreicher globaler Strukturen hat laut heutiger Mitteilung die "Confraternity Black Axe", insbesondere im Ursprungsland Nigeria, erheblichen Einfluss auf Administration, Wirtschaft und Politik. "Sie wird durch ihre polykriminellen Betätigungen für immense wirtschaftliche und persönliche Schäden weltweit verantwortlich gemacht", heißt es in einer gemeinsamen Mitteilung von Staatsanwaltschaft München I, Polizeipräsidium Oberbayern-Süd, Polizeipräsidium Schwaben-Nord und bayerischem LKA.
"Global betrachtet betätigt sich die Organisation hauptsächlich auf den Delikts-Feldern Menschen-Handel, Betrug, Geldwäsche, Prostitution und Rauschgift-Handel." Im Ursprungsland fordern Auseinandersetzungen zwischen der "Black Axe" und weiteren Confraternities den Angaben zufolge zahlreiche Todesopfer. Die "Confraternity Black Axe", so heißt es weiter, nutzte auch den Deckmantel eines vorgeblich sozial orientierten Vereins, des "Neo Black Movement of Africa e.V.". Nach den bisherigen Erkenntnissen handele es sich dabei nur um eine Tarnung, um die hinter diesem Verein stehenden Strukturen zu verschleiern.
Bei den gestern festgenommenen Personen handelt es sich nach offiziellen Angaben ausnahmslos um Männer im Alter von 29 bis 53 Jahren, die alle die nigerianische Staatsbürgerschaft besitzen. Sie hielten sich zum größten Teil schon seit vielen Jahren in Deutschland auf, ein Verdächtiger bereits seit 20 Jahren. Die Staatsanwaltschaft München I habe bereits im Vorfeld gegen sie Haftbefehle – unter anderem wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung – beantragt, die von der Staatsschutz-Kammer beim Landgericht München I auch erlassen worden seien.
Die Ermittlungen seien nach Ermächtigung des Bundesjustizministeriums auch wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung im Ausland geführt worden, heißt es weiter. Bei den gestrigen Durchsuchungen seien zahlreiche Beweismittel, insbesondere Mobiltelefone und Datenträger, gefunden und sichergestellt worden. "Die jetzt in die offene Phase gehenden Ermittlungen stellen das erste grundlegende Verfahren gegen die eine nigerianische Confraternity in Deutschland dar", wird betont.