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Protest-Aktion gegen die geplante Krankenhaus-Reform auch an der Pfaffenhofener Ilmtalklinik: Was zur Qualitätssteigerung gedacht gewesen sei, bringe in Wahrheit Beschränkungen und Streichung von finanziellen Mitteln

(ty) Die geplante Krankenhaus-Reform stößt bei Kliniken und Trägern auf massive Kritik, sorgt für Ängste und Empörung. Auch in Pfaffenhofen und Mainburg, den beiden Standorten der Ilmtalklinik GmbH. Vor dem Brandenburger Tor in Berlin wurden heute 10 000 Teilnehmer aus deutschen Krankenhäusern erwartet, die sich an der bundesweiten Aktion „Krankenhaus-Reform – so nicht!“ beteiligten. Initiiert wurde die Kampagne von der deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) gemeinsam mit ihren Landesverbänden. Flankierend dazu fanden an zahlreichen Kliniken lokale Protest-Veranstaltungen statt – wie in Pfaffenhofen, Mainburg und Ingolstadt.

Die Pfaffenhofener Ilmtalklinik lud für 13 Uhr ins Foyer ein – man wollte Klartext reden, aufklären und um Unterstützung gegen die geplante Reform bitten, die nach den Worten von Geschäftsführer Marcel John „Entsetzen“ und „Frust“ auslöst. Bundesregierung und Koalitionsfraktionen haben im Bundestag einen Gesetzentwurf zur Krankenhaus-Reform eingebracht, der bei den Trägern der Krankenhäuser, den Verbänden und Organisationen der Mitarbeiter sowie in Medizin und Pflege auf breite Kritik trifft. 

Das ursprüngliche Ziel der Reform sollte eine Steigerung der Qualität sein, so John – was sich nun allerdings dahinter verberge, seien Beschränkungen und Streichungen von finanziellen Mitteln, die Klinik-Schließungen befürchten lassen. „Die Intention der Reform ist eindeutig“, monierte er. Dagegen wollte man vorgehen und demonstrieren. Denn John prophezeit sogar, dass selbst mit der Umsetzung der umstrittenen Pläne das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht wäre, sondern dass danach weiter versucht werden würde, die Mittel zu verknappen.

Auch in Ingolstadt fand heute eine Protest-Aktion statt: Rund 500 Ärzte und Pflegekräfte des dortigen Klinikums sowie der Krankenhäuser St. Elisabeth in Neuburg und Schrobenhausen hatten sich hier versammelt.

Die nationale Krankenhaus-Landschaft sei sich bezüglich der geplanten Reform einig, betonte Landrat Martin Wolf (CSU), zugleich Vorsitzender des Aufsichtsrats der Ilmtalklinik-GmbH. Schon der Name „Krankenhausstrukturgesetz“ offenbare, dass man in die Struktur der Krankenhaus-Landschaft eingreifen wolle. „Das kann uns nicht egal sein“, sagte er im Namen von Kommunalpolitikern, Klinik-Mitarbeitern und der Bevölkerung vor Ort. Denn beim Blick auf das, was hier geplant sei, „wird einem Angst und Bange“. 

Die Forderung unter anderem der Landkreise, das geplante Gesetz noch einmal komplett von vorne auszuarbeiten, sei schwer durchzusetzen, so Wolf. Zumal auch immer wieder versucht werden, den Eindruck zu erwecken, dass das schon so passe. Tatsächlich aber würden die neuen Regelungen den Krankenkassen die Möglichkeit eröffnen, durch den Geldfluss über Zukunft und Bestand einzelner Kliniken zu entscheiden. Der Trend gehe zu größeren Häusern, so Wolf; Krankenkassen würden von einer höheren Patientenzahl automatisch auf höhere Qualität schließen. Und über die Kontrollen, die durch einen Dienst der Krankenkassen selbst erfolgen, könne man da ja auch „wunderbar eingreifen und steuern“, skizzierte Wolf die Befürchtungen. Darüber hinaus hätten die Krankenkassen weitere Steuerungsmöglichkeiten durch Verträge mit einzelnen Kliniken.

Wolf hat aber nach eigenen Worten in Erfahrung gebracht, dass durch das Bestreben, die Krankenhaus-Landschaft auszudünnen, Pfaffenhofen nicht direkt in Gefahr sei. Hier sollen demnach weder Betten eingespart werden noch halte man den Standort für überflüssig. Die Ilmtalklinik GmbH mit ihren Standorten in Pfaffenhofen und Mainburg will die Grundversorgung sicherstellen, Anlaufstelle bei Geburten sein und sich zudem in einigen medizinischen Gebieten durch Spezialisierung einen Namen machen. Das hatte Geschäftsführer John bekanntlich in seinem „Konzept 2020“ bereits dargelegt.

Dieses Konzept wolle man unter allen Umständen durchsetzen, bekräftigte Wolf heute. Konkret bedeute das auch: Kurz Wege für die Patienten, keine Trennung zwischen rentablen und unrentablen Patienten beziehungsweise Eingriffen – und auch keine unnötigen Eingriffe oder Behandlungen, die nur der Rendite-Steigerung dienen.

Klare Ansage bei der Kundgebung in Ingolstadt.

„Wir haben schon angefangen, hausübergreifend zusammenzuarbeiten“, betonte auch Pflegedirektor Lukas Pfundheller mit Blick auf die beiden Standorte der Ilmtalklinik-GmbH. Insgesamt 800 Angestellte seien an beiden Häusern tätig, und die gelte es zu halten. „Wir sind gut gerüstet und auf einem guten Weg“, sagte er mit Verweis auf das „Konzept 2020“. Er warb bei der heutigen Veranstaltung um Unterstützung und Vertrauen für das „Krankenhaus vor der Haustür“, das die regionale Versorgung unter kommunaler Trägerschaft sichere.

Die Kritik an der geplanten Reform fasste Landrat Wolf in drei Kernforderungen zusammen. Erstens: Wenn eine Klinik mehr Leistungen erbringe, dürfe das nicht mit Abschlägen bei der Vergütung verbunden sein, die für die Häuser negative wirtschaftliche Folgen haben. Denn natürlich würden künftig viele Kliniken immer mehr Leistungen erbringen, sprich höhere Patientenzahlen verbuchen. Das liege schon an der wachsenden Bevölkerung und am demografischen Wandel sowie am medizinischen Fortschritt, der immer mehr Eingriffe und Maßnahmen ermögliche.

Zweitens: „Wir brauchen für die total unterfinanzierte Notfall-Ambulanz eine ausreichende Gegenfinanzierung“, so Wolf. Fakt sei, dass sich die „hinten und vorne nicht rechnet“ und man „gewaltig“ draufzahle. Ein durchschnittlicher Eingriff bringe 30 bis 40 Euro ein, koste aber 120 Euro. Wie Pflegedirektor Pfundheller im Gespräch mit unserer Zeitung sagte, verzeichnet die Notfall-Ambulanz in Pfaffenhofen einen jährlichen Durchlauf von 19 000 Personen, die in Mainburg von 13 000. 

Dritte Forderung: Die Kosten-Erstattung für die Kliniken durch die Krankenkassen muss sich laut Wolf an den allgemeinen Kostensteigerungen orientieren – andernfalls drohten ganz automatisch Verluste, für die weder das Personal noch die Klinikleitung oder der Träger etwas könne. 

„Wir wollen das Geld, das uns zusteht“, fasste Wolf zusammen. Es gehe um eine „echte Reform“. Noch bestehe die Chance, gegen die schlimmsten geplanten Einbrüche zu kämpfen. „Diese Reform hat es wirklich in sich“, unterstrich auch Geschäftsführer John. Geplant seien „einschneidende Dinge“, die Krankenhäuser wirtschaftlich gefährden könnten.

„Wir kämpfen jetzt schon mit einem Defizit“, erinnerte John. Bekanntlich sind es etwa drei Millionen Euro im Jahr, die die Landkreise Mainburg und Kelheim als Träger der Ilmtalklinik-GmbH jährlich drauflegen müssen. Und es könnte noch schlimmer kommen. Denn im Zuge der umstrittenen Reform soll laut John zum Beispiel der so genannten Versorgungszuschlag gestrichen werden – das würde für sein Haus Mindereinnahmen von 350 000 Euro im Jahr bedeuten.

Angesichts dieses Szenarios wollte Landrat Wolf aber noch einmal betont wissen, dass die Ilmtalkliniken „nicht auf dem Wegrationalisierungs-Plan“ stünden. Es werde anerkannt, dass es hier ein Krankenhaus geben muss. „Und wir werden es schaffen, das Krankenhaus auf Kurs zu halten.“ Am Ende der Protest-Aktion in Pfaffenhofen, die parallel auch in Mainburg stattfand ließen Krankenhaus-Mitarbeiter Luftballone steigen.

Statement von MdB Erich Irlstorfer (CSU)

Der für den Landkreis Pfaffenhofen zuständige Bundestagsabgeordnete Erich Irlstorfer (CSU) aus Freising erklärte heute auf Anfrage zum Thema, der Gesetzesentwurf für ein Krankenhaus-Strukturgesetz gehe auf die Ergebnisse der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zurück, die am 5. Dezember 2014 beschlossen worden seien. Das Gesetz verfolge die Hauptziele der Steigerung der Qualität in den Kliniken, unter anderem durch die Einführung von Zuschlägen für Leistungen mit außerordentlicher Qualität, der Sicherstellung der stationären Versorgung im ländlichen Raum, etwa durch die Ausweitung der Sicherstellungszuschläge, sowie der Unterstützung des Strukturwandels im Krankenhaussektor durch die Einrichtung eines Strukturfonds.

Mit dem Gesetz würden, so Irlstorfer, den Krankenhäusern in den kommenden fünf Jahren insgesamt rund sechs Milliarden Euro an zusätzlichen Mitteln zur Verfügung gestellt. "Diese Gelder, die den Krankenhäusern über die ihnen bereits heute zur Verfügung stehenden Mittel zufließen werden, werden nach dem bisherigen Gesetzesentwurf nicht in allen Bereichen richtig verteilt, etwa im Bereich der Mengensteuerung durch den geplanten Fixkostendegressionsabschlag", räumt er ein. Die CSU setze sich für weitere Verbesserungen der Krankenhausfinanzierung, unter anderem bei diesem Instrument, ein.

Die dritte und letzte Lesung im Bundestag ist laut Irlstorfer für den 5. oder 6. November geplant. "Bis dahin werde ich weiter im ständigen Austausch mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden der Ilmtalkinik, Landrat Martin Wolf, stehen und den notwendigen Änderungsbedarf in Berlin nachdrücklich einfordern", versichert der Abgeordnete.


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