Nach zum Teil heftiger Kritik stoppte Bischof Zdarsa die Umgestaltung des Altarbereichs im Südschiff des Augsburger Doms – nun wurde eine geänderte Variante beschlossen, die auch 100 000 Euro günstiger ist
(pba/ty) Nach intensiven Beratungen hat das Domkapitel den Beschluss bestätigt, den Altarbereich im Südschiff des Augsburger Doms neu zu gestalten. Das teilte das Bistum Augsburg, zu dem auch weite Teile des Landkreises Pfaffenhofen gehören, jetzt mit. Die Entscheidung fiel demnach einstimmig und greift Vorschläge auf, die von der achtköpfigen Projektgruppe zur Neugestaltung des Sakramentsaltars entwickelt wurden. Sie wurde von Diözesankonservator Dr. Michael A. Schmid moderiert. Neben der Kostenfrage wurden von der Projektgruppe die architektonische Klärung und insbesondere auch die liturgische Verbesserung des Altarbezirks als Ort der Aufbewahrung des Allerheiligsten und der Anbetung erörtert.
Dabei galt es zudem die bedeutende Christus-Figur von Georg Petel einzubeziehen. Diese ausdrucksstarke Darstellung soll im Mittelpunkt des rückwärtigen Retabels über dem Tabernakel einen neuen Platz finden. Bislang ist sie im Dom an einer eher unscheinbaren Stelle angebracht. "Nachdem es in mehreren Augsburger Kirchen Christus-Figuren Petels gibt, kann am Ende sogar ein ökumenischer Stationenweg stehen", sagt Schmid. Dies sei auch Bischof Konrad Zdarsa bei den Planungen ein großes Anliegen gewesen. Die bislang unter dem etwas irreführenden Namen "Ecce Homo" bekannte kraftvolle Barockfigur des Gegeißelten spiegle zugleich den Karfreitag und die Hoffnung auf die Überwindung des Todes am Ostermorgen, erklärt Schmid.
Dieser spirituelle Akzent sei auch bei den Überlegungen des Domkapitels für den neuen Tabernakel wichtig gewesen, bestätigt Dompfarrer Armin Zürn. Auf Anregung der Projektgruppe hat Architekt Wilhelm Huber für dessen Gestaltung eine bildende Künstlerin hinzugezogen. Der Entwurf von Sabine Straub zeigt einen Drehtabernakel mit lamellenförmiger Außenhaut in Strahlenform. Der rote Farbton in seinen Rücklagen verweist dezent auf das seit über 300 Jahren bestehende Herz-Jesu-Patrozinium des Altars. Zusammen mit der Petel-Figur wird der Tabernakel die zentrale vertikale Achse des Retabels, also der künstlerisch gestalteten Rückwand des Altarbereichs bilden.
Die Grafik zeigt den geplanten Altarbereich. Als Material für Altar, Retabel, Ambo und den neuen Bodenbereich ist Kalkstein aus dem Altmühltal vorgesehen. Der Tabernakel wird von der bildenden Künstlerin Sabine Straub gestaltet. Fotos/Montage: Wilhelm Huber, Sabine Straub, Iris Hahn (pba)
Als Material für Altar, Retabel, Ambo und den neuen Bodenbereich ist nun Kalkstein aus dem Altmühltal vorgesehen. Die Projektgruppe – zu ihr gehörten vom Pfarrgemeinderat delegierte Vertreter der Dompfarrei, Mitarbeiter des Bistums, der Augsburger Stadtdekan sowie Fachleute aus dem Kunst- und Architekturbereich – hatte in ihrem Abschlussbericht darum gebeten, qualitativ geeignetes Steinmaterial mit regionalem Bezug zu prüfen. Der erste Entwurf, dessen Realisierung der Bischof im Sommer vergangenen Jahres gestoppt hatte, sah noch Material aus Burgund vor.
Nach zum Teil heftiger Kritik an der damals geplanten Neugestaltung war das Altarprojekt von Bischof Zdarsa ausgesetzt worden. Mit Blick auf die Diskussion hatte Domkapitular Karlheinz Knebel, damals erklärt: „Die Ankündigung, den Sakramentsaltar im Hohen Dom zu Augsburg neu zu gestalten, hat in Augsburg und auch im Bistum intensive Reaktionen ausgelöst. Dabei hat sich neben Kritik durchaus auch die Meinung abgezeichnet, dass die bisherige Altarlösung von vielen seit langem als unbefriedigend empfunden wird.“ Bischof Zdarsa zog die Notbremse, eine Projektgruppe wurde installiert.
Aufgrund gestalterischer und funktionaler Überlegungen hat sich diese Projektgruppe nun auch für einen Verzicht auf die ursprünglich vorgesehenen steinernen Flügel ausgesprochen. Auf dieser Basis war schließlich Architekt Huber gebeten worden, seine Planungen zu überarbeiten. Wie Schmid unterstreicht, sollen damit die Kosten gegenüber den Planungen aus dem vergangenen Jahr um rund 100 000 Euro reduziert werden. Insgesamt sind gemäß Kostenschätzung nunmehr für die Neugestaltung des umfangreichen Ensembles etwa 290 000 Euro veranschlagt. Diese Kosten werden in voller Höhe von der Diözese Augsburg getragen; die Dompfarrei muss sich daran nicht beteiligen.
Diese bedeutende Christus-Figur von Georg Petel soll im Mittelpunkt des rückwärtigen Retabels über dem Tabernakel einen neuen Platz finden. Foto: Daniel Jäckel (pba)
Gleichwohl trägt die Neugestaltung laut Zürn auch den Anliegen der Dompfarrei Rechnung: "Das derzeitige überbreite Antependium wird entfernt, was eine deutliche Verbesserung für die liturgischen Abläufe mit sich bringen wird", betont der Dompfarrer. Die Kommunionhelfer hätten künftig zudem, anders als jetzt, direkt unter dem Tabernakel die Möglichkeit zur Ablage der Hostienschalen und Ziborien, sagte er gestern Abend bei einer Informationsveranstaltung der Dompfarrei. Außerdem sehe die jetzige Planung bewegliche Sedilien (Sitze im Altarraum) vor; auch dies sei ein Anliegen der Dompfarrei gewesen.
Was den zeitlichen Ablauf der Neugestaltung betrifft, rechnen die Verantwortlichen mit einem Baubeginn im Frühjahr kommenden Jahres. Zunächst müssen nun entsprechend der Vergaberichtlinien der Diözese Angebote für die einzelnen Gewerke eingeholt werden. Außerdem sei es wichtig, auf die liturgischen Abläufe im Dom Rücksicht zu nehmen. Ein konkreter Zeitplan soll in den nächsten Wochen erarbeitet werden.
"Der neue Altarbereich wird sich in seiner schlichten und klaren Formensprache in eine Reihe anderer vergleichbarer gegenwärtiger Projekte einfügen“, prophezeit Schmid. Bereits der 1971 geschaffene zentrale Altar des Augsburger Doms biete „ein gutes Beispiel dafür, dass sich klassisch-schlichte Entwürfe in vielschichtigen Bauwerken wie einem 1000-jährigen Dom in der Regel über die Zeiten hinweg gut behaupten konnten".