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Gesundheits-Minister weist Kritik zurück appelliert an die Bürger. Keine Bußgelder in der ersten Woche. Chefarzt: Neue Virus-Variante nicht unterschätzen. Bayern baut Speziallabor aus.

(ty) Der bayerische Gesundheits-Minister Klaus Holetschek hat angesichts der Risiken durch mutierte Corona-Viren dazu aufgerufen, die Schutzregeln im Kampf gegen die Pandemie konsequent zu beachten und im öffentlichen Personen-Nahverkehr (ÖPNV) sowie beim Einkaufen so genannte FFP2-Masken zu tragen. "Es ist richtig, dass Bayern ab dem kommenden Montag auch verstärkt auf FFP2-Masken setzt", betonte er heute. "Denn es ist eine Tatsache, dass die Corona-Virus-Varianten auch schon in Deutschland auftreten und deshalb mehr Schutz vor Infektionen wichtig ist." Zudem kündigte der Minister eine Neuerung im Kampf gegen den neuartigen Erreger und dessen Mutationen an: "Wir bauen ein Speziallabor aus, um die Virus-Mutationen selbst bei uns im Freistaat feststellen und analysieren zu können."

 

Der Minister unterstrich heute, man müsse "schnell und konsequent" handeln. "Gleichzeitig will ich aber auch zur Besonnenheit aufrufen. Nach allem, was wir bislang wissen, sind die bekannten Virus-Varianten bei einer Ansteckung nicht gefährlicher – sie führen nicht zu schwereren Krankheits-Verläufen." Allerdings, so Holetschek weiter, "kann offensichtlich eine Ansteckung leichter erfolgen, was dann bei den immer noch zu hohen Infektionszahlen unser Gesundheits-System zusätzlich belastet".

In Bayern gibt es seinen Worten zufolge mittlerweile drei bestätigte Fälle der in Großbritannien aufgetretenen Corona-Virus-Mutation. "Niemand kann ernsthaft bestreiten: Das Tragen von FFP2-Masken erhöht den Schutz vor einer Ansteckung", erklärte Holetschek heute. "Die Kritik an dem Vorgehen Bayerns ist deshalb sachlich nicht nachvollziehbar."

"Neue Virus-Variante nicht unterschätzen"

Der Chefarzt der Klinik Schwabing, Professor Clemens Wendtner, sagte: "FFP2-Masken haben eine Filterwirkung von bis zu 94 Prozent. Dazu haben wir an der München-Klinik Schwabing selbst Tests durchgeführt." Selbst wenn die Maske mal nicht richtig sitzen sollte, sei die Schutzwirkung immer noch sehr hoch. "Deswegen halte ich das Tragen von FFP2-Masken überall da für sinnvoll, wo viele Menschen auf engem Raum zusammenkommen, zum Beispiel im ÖPNV."

Weiter erklärte Wendtner: "Mich hat es immer schon gewundert, dass öffentliche Verkehrsmittel als besonders sicher galten." Denn zu Stoßzeiten stünden die Menschen da oft dicht an dicht. "Gerade mit Blick auf die Mutation des Corona-Virus brauchen wir einen höheren Schutz, denn wir dürfen die neue Virus-Variante nicht unterschätzen", so der Chefarzt: "Es ist nicht auszuschließen, dass die Pandemie sich dadurch noch einmal verschärft."

 

Professor Oliver Keppler, Inhaber des Lehrstuhls für Virologie und Vorstand des Max-von-Pettenkofer-Instituts, erklärte: "Die Zeit der in ihrer Schutzwirkung schwer zu beurteilenden Alltags-Masken sollte in der jetzigen schwierigen Phase der Pandemie vorbei sein." Seiner Ansicht nach sollten nur noch zertifizierte Masken in Bereichen mit geforderter Mund-Nasen-Bedeckung zum Selbst- und Fremdschutz verwendet werden. Bereits ein zertifizierter, medizinischer Mund-Nasen-Schutz habe bei richtigem Tragen eine gute Schutzwirkung, auch wenn kurzfristig der Abstand zu anderen Personen unterschritten werden müsse.

"Dies alleine stellt eine wesentliche Verbesserung zum Tragen von Alltags-Masken dar", so Keppler. "Die insbesondere in ihrer Eigenschutzwirkung hochwirksamen FFP2-Masken sind für Situationen mit hohem Übertragungsrisiko, zum Beispiel bei längeren Unterschreiten des Mindest-Abstands etwa im ÖPNV, oder für Menschen aus Risikogruppen für einen schweren Verlauf von Covid-19 eine wichtige Ergänzung."

 

Ab Montag müssen – wie berichtet – im Freistaat beim Einkaufen und bei ÖPNV-Fahrten FFP2-Masken getragen werden. Ein Ministeriums-Sprecher erläuterte: "Das Robert-Koch-Institut (RKI) weist zwar zurecht darauf hin, dass der höhere Schutz-Effekt der FFP2-Maske gegenüber einer Community-Maske nur dann gegeben ist, wenn sie durchgehend und dicht sitzend – das heißt: passend zur Gesichts-Physiognomie und abschließend auf der Haut– getragen wird." Dennoch bleibe aber festzuhalten: "FFP2-Masken – sowie gleichwertige Schutzmasken, wenn der Hersteller die vergleichbare technische Wirksamkeit nachweisen kann – bieten bei sachgemäßer Anwendung ein höheres Schutzniveau als herkömmliche Community-Masken."

Aus Sicht des bayerischen Gesundheits-Ministeriums kommen die beim Tragen von FFP2-Masken diskutierten Nachteile im Vergleich zu Community-Masken nicht zum Tragen. Die Tragezeiten seien während eines Einkaufs in Einzelhandels-Geschäften, einer Fahrt im ÖPNV und bei der Abholung von Waren vergleichsweise kurz. "Sowohl der gegebenenfalls erhöhte Atemwiderstand als auch die aus dem Arbeitsschutz bekannte Begrenzung der Tragedauer spielen hier eine nur untergeordnete Rolle", wurde erklärt.

 

"Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen – zum Beispiel die vom RKI erwähnten Personen mit eingeschränkter Lungenfunktion – können sich über ein ärztliches Attest von der Masken-Pflicht befreien lassen", so der Ministerium-Sprecher weiter. "Wir weisen aber ausdrücklich darauf hin, dass gerade diese Menschen besonders durch SARS-CoV-2 gefährdet sind." Dies gelte namentlich unter Berücksichtigung der auch in Deutschland und in Bayern bereits festgestellten Virus-Mutationen mit höherer Infektiosität. "Deshalb empfehlen wir diesen Menschen, Kontakte mit anderen Personen – auch beim Einkaufen – auf ein Minimum zu reduzieren, oder andere Personen zu bitten, für sie Erledigungen zu übernehmen."

Der Sprecher erläuterte außerdem: "Bei einem Einsatz von FFP2-Masken am Arbeitsplatz sind die arbeits-schutz-rechtlichen Regelungen zu beachten. Die von der Staatsregierung beschlossenen Maßnahmen erstrecken sich ausdrücklich nicht auf eine Verpflichtung zum Tragen von FFP2-Masken für die in Geschäften oder im ÖPNV beruflich tätigen Personen."

Keine Bußgelder in der ersten Woche

"Klar ist auch", bekräftige in diesem Zusammenhang heute der bayerische Gesundheits-Minister Holetschek: "Wir wollen niemanden überfordern. Die Pflicht zum Tragen einer FFP2-Maske gilt zwar ab Montag, in der ersten Woche werden aber keine Bußgelder verhängt." Mit dieser "Kulanzwoche" wolle man allen die nötige Zeit einräumen, sich Masken zu beschaffen sowie auf die neuen Regeln einzustellen. "Dennoch gilt mein dringender Appell", so der Minister: "Nutzen Sie dieses Entgegenkommen nicht aus, sondern halten Sie sich an die neuen Regeln!"

Antworten auf zahlreiche wichtige Fragen rund um das Thema der bayerischen FFP2-Masken-Pflicht im öffentlichen Personen-Nahverkehr und Handel hat das Gesundheits- und Pflege-Ministerium auf seiner offiziellen Homepage zusammengestellt; hier der direkte Link.

 

Holetschek hat laut heutiger Mitteilung zudem eine Neuerung im Kampf gegen das Virus und seine Mutationen auf den Weg gebracht. "Wir bauen ein Speziallabor aus, um die Virus-Mutationen selbst bei uns im Freistaat feststellen und analysieren zu können", kündigte er an. Das Speziallabor sei beim Landesamt für Gesundheit und Lebensmittel-Sicherheit (LGL) am Standort Oberschleißheim angesiedelt. "Die Wissenschaftler des LGL können dort das gesamte Genom des Erregers untersuchen." Das LGL habe das neue Labor bereits eingerichtet. "Derzeit können pro Woche etwa 40 Proben untersucht werden. Das ist ein guter Anfang, wenn der Bedarf hoch ist, werden wir die Kapazität weiter ausbauen."

Dieser Schritt sei "angesichts der großen Gefahr, die von dieser und möglichen künftigen Mutationen ausgeht, sehr wichtig", sagte Holetschek und erläuterte: "Bislang haben wir Proben zur Bestätigung an die Charité nach Berlin geschickt. Diese wertvolle Zeit können wir künftig besser und effizienter nutzen. Uns allen muss klar sein: Im Kampf gegen Corona ist Schnelligkeit eine unserer wichtigsten Waffen."

Zum Hintergrund:

Der Freistaat verschenkt eine Million FFP2-Masken an pflegende Angehörige

FFP2-Masken-Pflicht im ÖPNV und im Einzelhandel ab 18. Januar


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