Der deutsche Pflanzer-Verband veröffentlicht die Ernte-Schätzungen und beleuchtet die in mehrerer Hinsicht herausfordernden Bedingungen.
(ty) Das aktuelle Hopfenjahr sei für die Hopfen-Pflanzer in der Bundesrepublik "sicherlich ein extrem schwieriges", heißt es vom Verband deutscher Hopfen-Pflanzer mit Sitz in Wolnzach mit Blick auf die bevorstehende Ernte. Wie in vielen Bereichen des Alltags- und Wirtschafts-Lebens seien seit Jahresbeginn auch die Preise für Produktions-Mittel im Hopfen-Anbau erheblich geklettert. "Während man in den Nachrichten aber von Inflationsraten im einstelligen Bereich hört, sind die Kosten der Hopfen-Pflanzer seit 2021 um 25 bis 30 Prozent gestiegen." Vor allem Preiserhöhungen für Energie und für Verbrauchs-Materialien wie Aufleit-Draht schlagen den Angaben zufolge zu Buche und bereiten den Hopfen-Pflanzern wirtschaftliche Probleme. Die überwiegende Mehrheit des Hopfens sei in langjährigen Vorverträgen bereits zu fixierten Preisen für die nächsten Jahre verkauft. "Eine Erhöhung der Hopfen-Preise, um wenigstens einen Teil der enormen Mehrkosten zu kompensieren, gestaltet sich dementsprechend schwierig." Doch damit längst nicht genug.
Hinzu komme heuer, "dass die extrem heiße und vor allem trockene Witterung von Juni bis August die Hopfenreben sehr gestresst hat". Die Folge seien ein stark vermindertes Wachstum und in letzter Konsequenz eine schlechte Ernte. "Die gestiegenen Kosten treffen also mit stark verminderten Einnahmen im Hopfenjahr 2022 zusammen", fasst der Verband der deutschen Hopfen-Pflanzer in einer heute veröffentlichten Presse-Mitteilung zusammen. "Dabei hatte das Jahr gar nicht schlecht begonnen."
Denn: "Die vergangene Ernte 2021 war eine gute und der Absatz der Hopfen verlief zufriedenstellend." Zwar seien keine Spitzenpreise erzielt worden. Der Hopfen habe aber überwiegend an die Brauwirtschaft verkauft werden können und die befürchteten Auswirkungen der weltweiten Corona-Pandemie auf die Bier- und Hopfen-Industrie seien "überschaubar" ausgefallen. "Der Rückgang der globalen Bier-Produktion war geringer als erwartet und in 2021 war bereits wieder um vier Prozent mehr als im Vorjahr produziert worden und somit auch mehr Hopfen benötigt worden."
Im Februar dieses Jahres "aber begann der Ukraine-Krieg und in Folge davon stiegen die Preise für fast alle Produkte an". Die Produktion der Intensiv-Kultur Hopfen sei besonders getroffen. "Hopfen ist vermutlich die landwirtschaftliche Kultur, die am meisten unter den Preissteigerungen zu leiden hat", heißt es vom deutschen Hopfen-Pflanzer-Verband. Mitte Mai und Mitte Juni sei es in der Hallertau, dem größten Hopfen-Anbau-Gebiet in Deutschland, zu heftigen Hagelstürmen gekommen, wodurch etwa 2000 Hektar Hopfen-Fläche geschädigt worden seien.
Im Juni habe dann die trockene und heiße Zeit in ganz Deutschland und Europa begonnen. "Auch hier litt der Hopfen besonders stark", so die Fachleute, weil der für die Entwicklung des grünen Goldes kritische Zeitraum von Juni bis August heuer genau die trockene und heiße Zeit in der Bundesrepublik gewesen sei. "Eine im Vergleich zum Vorjahr erheblich geringer Erntemenge ist die Folge." Außerdem müsse mit einem geringeren Alpha-Gehalt der Hopfen im Vergleich zum Vorjahr gerechnet werden.
Das Jahr 2022 habe gezeigt, dass langfristig auch in Deutschland die Bewässerung der Hopfen-Produktion ausgebaut werden müsse, so der Pflanzer-Verband. "In fast allen anderen Ländern mit Hopfen-Anbau wird bereits bewässert und der Klimawandel erfordert diesen Schritt nun zunehmend auch für die deutschen Hopfen-Flächen." In den kommenden Jahren müsse die Hopfen-Industrie zusammen mit Politik und Behörden tragbare und zukunftsfähige Systeme zur Hopfen-Bewässerung entwickeln. "In Extrem-Jahren wie 2022 leiden alle Hopfen unter Hitze und Trockenheit, sodass eine halbwegs vernünftige Ertrags-Stabilisierung nur durch eine Bewässerung erreicht werden kann."
Es gebe mittlerweile aber auch Neuzüchtungen bei den Hopfen-Sorten, "die mehr Hitze- und Trockenstress ertragen können und deren Erträge deshalb nicht so drastisch einbrechen, wie die meisten älteren Sorten". Dabei machten diese Sorten, so heißt es weiter, auch noch hervorragende Biere und seien zudem auch toleranter gegen Krankheiten und Schädlinge. Die Hopfen-Pflanzer würden nach Angaben des Verbands sehr gerne viel mehr von diesen neuen nachhaltigen Sorten produzieren, "allerdings erweist sich die Brauwirtschaft hier etwas träge bei der Umstellung der Bier-Rezepte auf neue Hopfen-Sorten und nimmt nur wenig dieser Hopfen ab".
Der Pflanzen-Schutz für den Hopfen war nach Angaben des Verbands heuer geprägt von Mehltau-Problemen zu Beginn der Wachstums-Phase, "die aber ausreichend bekämpft werden und zusammen mit Peronospora im weiteren Jahresverlauf kontrolliert werden konnten". Die Blattlaus- Entwicklung habe zu Saison-Beginn noch Sorgen bereitet, aber ausreichend reguliert werden können. "Die gemeine Spinnmilbe profitierte von der heißen Witterung und konnte sich ebenso wie der Erdfloh überdurchschnittlich gut entwickeln." Die Folge seien teilweise stark befallene Hopfen-Bestände bis hin zu Ernte- und Qualitäts-Einbußen.
Die offizielle Hopfen-Ernte-Schätzung für das Anbau-Gebiet Hallertau habe gestern und heute stattgefunden. Auf einer Gesamt-Anbau-Fläche von 17 110 Hektar wurde laut Verband ein Ertrag von 650 000 Zentner beziehungsweise 32 500 Tonnen geschätzt. In den übrigen Anbau-Gebieten seien ebenfalls in den vergangenen Tagen die Schätzungen vorgenommen worden. In Tettnang werden demnach 2421,5 Tonnen, im Elbe-Saale-Bereich 2691,35 Tonnen und in Spalt 491 Tonnen erwartet. Im Anbau-Gebiet Bitburg belaufe sich die geschätzte Ernte-Menge für heuer auf 20 Tonnen. geschätzt. Das ergebe eine Gesamt-Menge von 762 470 Zentnern oder 38 124 Tonnen für das Bundesgebiet – was 20,3 Prozent unter der Ernte-Menge des vergangenen Jahres liegt. Die hier gezeigte Tabelle zeigt die aktuellen Hopfen-Ernte-Schätzungen für alle deutschen Anbau-Gebiete.*
Seit den Sommer-Monaten werden laut Verbands-Angaben den deutschen Hopfen-Pflanzern von den Handels-Firmen Vorverträge zu den wichtigsten Hopfen-Sorten angeboten. "Angesichts der völlig unklaren Kosten-Entwicklung für die kommenden Jahre herrscht bei den Hopfen-Pflanzern eine große Zurückhaltung beim Abschluss neuer Vorverträge", heißt es weiter. "Es ist ohnehin der Großteil der Ernten 2022 bis 2024 bereits verkauft, sodass die Pflanzer derzeit lieber abwarten, bis sich die Produktions-Kosten wieder halbwegs planen lassen und dann ein angebotener Vorvertrags-Preis besser zu beurteilen ist."
Die Zahlen zur Ernte-Schätzung zeigen laut Mitteilung des deutschen Hopfen-Pflanzer-Verbandes, dass in der Ernte 2022 "die bestehenden Verkaufs-Kontrakte erheblich unterliefert werden". Die geringe Ernte-Menge lasse bei einigen Hopfen-Sorten höhere Preise für Spot-Hopfen erwarten. "Allerdings wird davon kaum ein Hopfen-Pflanzer profitieren, weil nur sehr geringe Mengen nicht-vertragsgebundener Hopfen auf den Markt kommen werden." Die Versorgung der weltweiten Brauwirtschaft scheint laut Verband aber gesichert, weil noch Vorräte aus der guten Ernte im vergangenen Jahr zur Verfügung stünden. "Es muss also niemand Angst haben, dass sein Bier nicht gebraut werden kann, weil gar der Hopfen aus Deutschland nicht bezogen werden kann."
* Anmerkung der Redaktion: Die erwartete Gesamt-Menge bei der diesjährigen Hopfen-Ernte in Deutschland und die Grafik wurden vom deutschen Hopfen-Pflanzer-Verband nachträglich korrigiert. Wir haben den Beitrag entsprechend geändert.