Die Pfaffenhofener Firma Götz gibt es seit 100 Jahren – doch gefeiert wird das nicht: Stattdessen spendet das Unternehmen für jeden Glückwunsch einen Euro. Ein Blick in die bewegte Geschichte eines Familienbetriebs
Von Tobias Zell
Wenn ein Unternehmen 100 Jahre besteht, dann ist das allemal ein Grund zum Feiern. Doch die Pfaffenhofener Firma Götz hat das schon im vergangenen Jahr getan. „99 Jahre Götz“, lautete das ungewöhnliche Motto. Man bemüht sich eben, ein bisschen anders zu sein. Wie auch bei der Werbung. Da sucht Götz das hässlichste Bad der Welt oder veranstaltet ungewöhnliche Foto-Shootings. 100 Jahre besteht die Firma heuer – doch gefeiert wird nicht. Keine große Sause mit Musik und Büffet, kein Tag der offenen Tür, kein Konfettiregen und kein Alleinunterhalter, keine Hüpfburg und keine Grillparty. Stattdessen spendet Götz für jeden Glückwunsch, der im Jubiläumsjahr eingeht, 100 Cent für einen guten Zweck. Ein bisschen anders eben.
Dabei hätte die Firma heuer tatsächlich allen Grund, um mit mittlerem bis großem Getöse ihr 100-Jähriges zu Betrommeln. Götz beschäftigt 35 Mitarbeiter, die Auftragsbücher sind gut gefüllt, fünf Lehrlinge werden derzeit ausgebildet, rund 50 000 Artikel von insgesamt 200 Lieferanten sind ständig auf Lager, das Geschäft läuft gut, berichtet Juniorchef Alexander Götz.
Wie alles begann: Ludwig und Maria Götz um 1920 mit ihren Kindern vor dem Geschäft am Hofberg.
In den 100 Jahren hat sich freilich viel geändert. In der Branche und auch im Unternehmen. Barrierefreiheit, Energieeffizienz, Lifestyle – das sind nur einige der großen Themen, die laut Alexander Götz über die Jahrzehnte mehr und mehr in den Fokus der Kunden gerückt sind. „Es geht heute mehr als je zuvor darum, individuelle Lösungen zu finden.“ Einmal hat ein Kunde seiner Frau zum 40. Hochzeitstag ein komplett neues Bad geschenkt. Während das Paar eine Woche im Urlaub war, mussten die Arbeiter der Firma Götz ranklotzen, um für die Gattin die Überraschung bei der Rückkehr perfekt zu machen. „Das war eine echte Herausforderung“, erinnert sich Alexander Götz. „Aber auf Wunsch rücken wir mit Fliesenleger, Elektriker, Maler und Putzfrau an.“
Familien-Unternehmen heute. Hinten: Seniorchef Peter Götz (links) und Philipp Hausner. Mittlere Reihe, von links: Juniorchef Alexander Götz, seine Frau Petra, seine Tochter Katharina, seine Schwester Stefani Hausner, Seniorchefin Erwine Götz. Vorne links Antonia Götz, die Tochter von Juniorchef Alexander Götz, und vorne in der Mitte: Leopold Hausner. Foto: Michael Leopold
Doch auch ein eher unerfreulicher Trend geht an der Pfaffenhofener Firma nicht vorbei: „Es wird immer schwieriger, Lehrlinge zu bekommen“, berichtet der Juniorchef. Das Problem lasse sich an zwei Punkten festmachen. Die Nachfrage der jungen Leute, einen handwerklichen Beruf zu erlernen, sinke. Und die Qualität der Lehrlinge ebenfalls. Mit dieser Erfahrung steht man bei Götz nicht alleine da. Azubi-Notstand und Fachkräfte-Mangel sind für viele Wirtschaftszweige mit die größten Herausforderungen – heute schon, und wohl erst recht in den nächsten Jahren und Jahrzehnten. Was man dagegen tun kann? „Bei uns bekommt jeder, der eine Ausbildung macht, vom ersten Tag an die Perspektive, übernommen zu werden“, betont Alexander Götz. „Wir bilden ja schließlich nicht aus, um billige Arbeitskräfte zu haben, sondern um unser Unternehmen weiterzuführen.“
Werbung aus den frühen 1950er-Jahren.
Wer ein Unternehmen führt, der muss mitunter Rückschläge in Kauf nehmen. Wie damals, als Götz die neue Filiale in Schrobenhausen wieder dichtmachen musste, weil sie einfach nicht gut genug lief. Über dieses unerfreuliche Kapitel spricht man nicht gerne im Haus. „Aber wir konnten aus Effizienz-Gründen nicht anders“, berichtet der 39-jährige Juniorchef. Dessen Vater, Senior-Geschäftsführer Peter Götz, ist übrigens 61 Jahre alt. Und so wird nicht nur das Familienunternehmen heuer 100, sondern auch die beiden Chefs zusammen.
Angefangen hat seinerzeit alles in Neustadt an der Donau. Von dort kam nämlich der angehende Spengler Ludwig Götz. Und den verschlug es einst auf seinen Lehr- und Wanderjahren nach Pfaffenhofen. Beim alteingesessenen Betrieb von Georg Schmuttermayr heuerte er an, legte dann die Meisterprüfung ab und erwarb 1914 von Ludwig Weidlein dessen Wohnhaus mit Werkstatt am Hofberg. Damit war das Unternehmen Götz geboren.
Werbung heute.
Als besagter Ludwig Götz, der den Krieg bis 1918 mitmachte, verwundet zurückkam, musste er sein Geschäft ganz von vorne aufbauen. Doch der findige Meister machte sich binnen kürzester Zeit einen Namen. Als der Kirchturm im oberen Bereich einer Renovierung bedurfte und die Kosten für einen Gerüstbau zu hoch waren, fackelte er nicht lange: Er kletterte hoch und übernahm die Reparatur. Spätestens jetzt war er als Mann für alle Fälle bekannt; in wirtschaftlich angespannter Zeit bescherte ihm das erste Aufträge.
Mit Außenarbeiten an Häusern und durch individuelle Anfertigungen von Gebrauchsutensilien aus Blech verdiente sich Ludwig Götz nach dem Ersten Weltkrieg die ersten Sporen. Auf der zweiten Pfaffenhofener Gewerbeschau 1921 erhielt eine Auszeichnung. Die Entwicklung von Badeöfen erwies sich in den besseren Haushalten der Stadt als Renner und brachte den ersten Luxus in die Bäder der Privatwohnungen im Raum Pfaffenhofen.
1933 wurde in der Stadt ein großer Handwerker- und Gewerbetag veranstaltet, der dem einheimischen Gewerbe wieder Aufschwung bringen sollte. Auch Ludwig Götz nahm freilich teil. Der einsetzende Siedlungsbau in den 30er Jahren verschaffte ihm Aufträge – der wirtschaftliche Aufschwung setzte ein, sollte aber mit dem Beginn des Zweiten Weltkriegs ein jähes Ende finden. Große Aufträge waren jetzt kaum mehr zu bekommen.
Das Firmengebäude an der Joseph-Fraunhofer-Straße in Pfaffenhofen wurde 1979 bezogen.
Erst nach dem Krieg ging es langsam wieder aufwärts. Ludwig Götz, mittlerweile über 60 Jahre alt, führte seinen Betrieb mit Eifer und Umsicht und übergab ihn 1953 an seinen zweitgeborenen Sohn Anton. Die Installation von Zentralheizungen und die aufkommenden Ölfeuerungen wurden unter dessen Regie zum großen Geschäft der 50er Jahre. Die Auftragsbücher füllten sich und es herrschte Vollbeschäftigung. Im Betrieb von Anton Götz standen inzwischen über 20 Arbeiter in Lohn und Brot.
Noch immer hatte die Spenglerei ihren Sitz am Hofberg. Die Stadt und der Landkreis sahen sich im Aufschwung; große Anlagen für Behörden und Unternehmen wurden errichtet. Die Firma Götz war gut im Geschäft, 1961 wurden zum Beispiel große Anlagen für die neuen Gebäude des Schwesternheims und des erweiterten Krankenhauses an der Ingolstädter Straße gebaut.
Erst die 1970er Jahre brachten das Ende eines rund zwei Jahrzehnte dauernden Booms. Doch Anton Götz reagierte. Er kletterte zwar nicht, wie sein Vater, auf den Kirchturm, machte aber ebenfalls auf sein Unternehmen aufmerksam – investierte in Werbung und ließ ein Firmenlogo entwerfen. Und: Anton Götz und sein Sohn Peter, an den er den Betrieb 1974 übergab, waren neuen Entwicklungen stets aufgeschlossen. Noch im selben Jahr wurde die erste Grundwasserwärmepumpe installiert.
Werbung mit Kult-Charakter.
Alexander Götz ist sich heute sicher: Entscheidend für die Entwicklung der Firma war der Entschluss seines Vaters Peter, im Gewerbegebiet an der Joseph-Fraunhofer-Straße als eines der ersten Unternehmen einen Neubau zu errichten. Der wurde 1979 bezogen – und damit einher ging eine Neuausrichtung des Sortiments auf ganzheitliche Angebote für Heizung, Sanitär und Badgestaltung.
1997 vergrößerte sich der Betrieb mit einer Geschäftsfiliale in Schrobenhausen und der Eröffnung einer Filiale für Flüssiggas und Gasgeräte aller Art in Germering. Das Engagement in Schrobenhausen blieb, wie erwähnt, ohne Happy-End. Doch es war nicht viel Zeit, um dem nachzutrauern. „Neue Standards im Angebotsspektrum und innerhalb der Firmenorganisation erforderten neue Ausrichtungen“, berichtet Alexander Götz. Die Verleihung des wichtigen Standards „DIN EN ISO 9001“ im Juli 2003 stellte für das Unternehmen ein Qualitätssiegel der besonderen Art dar: Die Zertifizierung erfolgte auf Basis der Diplomarbeit von Alexander Götz, der an die Firmenspitze aufgestiegen ist und seither mit Vater Peter die Geschäfte führt.
Vater und Sohn stellen sich nun den Herausforderungen der Zukunft. „Das Thema Energie und sparsamer Umgang mit Ressourcen tritt immer mehr in den Mittelpunkt“, sagt der Juniorchef. Auf dem Gebiet der Solartechnik und der Haustechnik gelte es, Universallösungen und Komplettservice anzubieten – bei technischen, aber auch rechtlichen Fragen. „Dazu kommt der Wandel des Bades vom Funktionsraum zur Wohlfühloase.“
Mit ihren Werbe-Aktionen sorgt die Firma Götz immer wieder für Aufsehen.
Insbesondere in Sachen Lifestyle hat die Firma in den vergangenen Jahren auch neue Wege in der Werbung beschritten, die für Aufsehen gesorgt haben. Nach dem Motto „Lebe Deine Träume“ rief das Unternehmen bereits zwei Mal zur Casting-Aktion „Wer wird Götz-Werbestar“ auf. Gesucht wurden Darsteller aus der Region für ungewöhnliche Werbemotive rund um die Themen Energie, Wasser und Lifestyle.
Mit den entstandenen Werbemotiven sorgte das Unternehmen ebenso für Gesprächsstoff, wie mit der 99-Jahr-Feier. Und jetzt, zum 100-Jährigen, hofft man bei Götz – auch ohne große Feier – auf zahlreiche Gratulanten. Denn für jeden, der auf der Internetseite der Firma einen Glückwunsch hinterlässt, spendet Götz einen Euro an die „A.P.E. Familienhilfe“, die unter anderem ein Mutter-Kind-Haus in der Region betreibt, wo junge Mütter ab 16 Jahren ein Zuhause auf Zeit finden und betreut werden.