Die Mitglieder eines bestens organisierten Drogen-Netzwerkes stehen ab nächste Woche vor Gericht
(ty) Bereits im September 2013 begannen die Ermittlungen, die schließlich zur Zerschlagung eines organisierten Netzwerks führten, das sich auf den gewinnträchtigen Handel mit Betäubungsmitteln konzentriert hatte. Rauschgift im Wert von geschätzten 500 000 Euro sollen die Tatverdächtigen verkauft haben, wie das Polizeipräsidium Oberpfalz und die Regensburger Staatsanwaltschaft heute in einer gemeinsamen Presseerklärung mitteilen. Derzeit sitzen fünf Personen in Untersuchungshaft. Gegen zwei weitere wurden Haftbefehle erlassen und später außer Kraft gesetzt. Die Staatsanwaltschaft hat zwischenzeitlich Anklage zur Großen Strafkammer beim Landgericht Regensburg erhoben, wo der Prozess nun am 12. März beginnt.
Schnell hatte sich die Dimension des Drogen-Netzwerks herausgestellt. Die Kripo Regensburg sah sich deshalb veranlasst, die sechsköpfige Ermittlungsgruppe „Konopi“ einzurichten, das tschechische Wort für Hanf. Denn Marihuana aus Tschechien und dessen Verkauf im Großraum Regensburg waren Gegenstand der Ermittlungen. Was den Kreis der Tatverdächtigen betrifft, so sind die – abseits gängiger Klischees des Betäubungsmittelmilieus – Berufstätige, Schüler und Studenten aus gut bürgerlichem Hause. Gründer dieses Netzwerks war ein 22-jähriger Elektroniker aus der Domstadt, „der den Verteilerring im Schneeballprinzip aufbaute und dessen Motivation Gewinnstreben war“, wie berichtet wird. An seiner Seite habe ein 23-jähriger Jurastudent gestanden; diese beiden bildeten den Kopf der Organisation.
Bodyguard und Gewaltdelikte
Um bei Lieferungen oder ausstehenden Forderungen den entsprechenden Eindruck zu vermitteln, hatte man sich sogar einen hünenhaften Bodyguard aus Tschetschenien an die Seite gestellt. „Bei einem monatlichen Einkommen von 3000 Euro sorgte der für den Schutz der Bandenmitglieder und agierte zudem mehrfach als Geldeintreiber“, heißt es in der heute veröffentlichten Erklärung. Unterstützt wurde er dabei von mehreren, polizeilich wegen Gewaltdelikten bekannten Helfern.
“Säumige Zahler und vermeintliche Verräter wurden unter einem Vorwand in einen Hinterhalt gelockt und dort stundenlang festgehalten. Zwei Opfer wurden unter heftigen Schlägen bis hin zur Bewusstlosigkeit und mit massiven Drohungen gefügig gemacht.“
Eine bei den Rauschgift-Geschäften verwendete, erlaubnisfreie Schreckschusswaffe.
Gekauft habe die Gruppierung das Marihuana durch Kontakte ins benachbarte Tschechien, insbesondere nach Prag. Die Besorgungsfahrten, sowohl mit Pkw als auch Motorrädern, übernahmen anfangs Kuriere der Organisation. Später sei die Ware als Serviceleistung von den Hintermännern geliefert worden. „Jede dieser Fahrten beinhaltete den Transport von etwa zehn Kilogramm Marihuana.“ Die Gesamtanzahl der Fahrten liege im zweistelligen Bereich.
Nach der Auswertung der sichergestellten Unterlagen und der schon davor erlangten Kenntnisse erwirtschaftete der 22-Jährige auf diese Weise von Mitte 2012 bis April 2014 zwischen 400 000 und 500 000 Euro. “Obwohl sich die Tatverdächtigen seit vielen Jahren durch den gemeinsamen Schulbesuch oder Freizeitbeschäftigungen kannten, gab es in den eigenen Reihen ein hohes Maß an Misstrauen und auch gewaltbereitem Verhalten.“
Durchsuchungsbeschlüsse und Haftbefehle
Anfang Februar vergangenen Jahres waren die verdeckten kriminaltaktischen und -technischen Maßnahmen so weit vorangeschritten, dass die Staatsanwaltschaft Regensburg Durchsuchungsbeschlüsse und Haftbefehle gegen sieben Verdächtige beantragte, der Richter am Amtsgericht auch erließ und die dann am 2. April 2014 vollzogen wurden.
Bei der Festnahme der Tatverdächtigen wurden Fahrzeuge, Bargeld im mittleren fünfstelligen Bereich und hochwertiger Schmuck beschlagnahmt. Im Rahmen der Gewinnabschöpfung seien zudem Bankkonten gepfändet worden. Trotz der relativ geringen Menge sichergestellten Rauschgifts stehe auf Grund der Ermittlungen allerdings fest, dass es etwa 130 bis 140 Kilo Marihuana waren, die von den Beschuldigten aus Tschechien bezogen und an Abnehmer verkauft wurden.
Zu den Kunden zählten auch Mitglieder eines Rockerclubs, wie berichtet wird. Daraus resultierende Ermittlungen wurden durch das Kriminalfachdezernat in München übernommen und endeten ebenfalls mit einer Vielzahl weiterer Festnahmen. Im Oktober vergangenen Jahres erfolgte die Auflösung der Ermittlungsgruppe und die abschließenden Maßnahmen wurden innerhalb des für die Bekämpfung der Rauschgiftkriminalität zuständigen Fachkommissariats abgearbeitet, deren Leiter auch die Führung der EG innehatte. Es sollte nun noch mehrere Monate dauern bis zum Abschluss der kriminalpolizeilichen Ermittlungen – eine gerade bei der Bearbeitung von Rauschgiftdelikten nicht ungewöhnliche Zeit, wie es heißt.