Dem mutmaßlichen Dieb und Betrüger, der bundesweit agierte, werden weit über 100 Fälle mit insgesamt mindestens 150 000 Euro Beute angelastet – Er ging fast immer nach demselben Muster vor – Jetzt sitzt er in U-Haft
(ty/zel) Seit über 17 Jahren fahndete die Polizei nach dem bundesweit agierenden, so genannten Brillentäter. Nun ist der Fall offenbar gelöst. Ein als dringend tatverdächtig geltender Mann sitzt bereits in Untersuchungshaft. Es handelt sich den Angaben zufolge um einen Mann, dem die erste Tat bereits 1999 zugeschrieben wird. In weit über 100 Fällen werden ihm der Diebstahl von Geldbörsen und der anschließende Computerbetrug angelastet. Bei den bisher bekannten Taten wird von einem Beuteschaden von mindestens 150 000 Euro ausgegangen.
Der zum Zeitpunkt seiner Festnahme 50 Jahre alte Mann aus dem Oberallgäu ging laut Polizei in fast allen Fällen nach dem gleichen Tatmuster vor. Er betrat bundesweit Einzelhandelsgeschäfte oder Dienstleistungsbetriebe und suchte dort einen Personalraum auf. Aus diesem entwendete er gezielt Geldbörsen der Mitarbeiter. Nachdem er sich das Bargeld aneignete, hob er in vielen Fällen anschließend mit den vorgefundenen EC-Karten und der dazugehörigen PIN Geld ab.
Auch in Pfaffenhofen soll der Mann sein Unwesen getrieben haben – am 29. April 2010 in einem Möbelgeschäft, mit anschließender Geldabhebung. Zur Last gelegt werden ihm auch noch weitere Fälle aus der Region, wie ein Polizei-Sprecher auf Anfrage unserer Zeitung mitteilte: Zum Beispiel im Jahr 2007 in Erding und 2009 in Dachau, außerdem in Landshut.
In einer Vielzahl der Taten wurde der Mann bei der Abhebung am Geldautomaten von Kameras aufgezeichnet. Die Aufnahmen zeigten den Täter – Träger einer auffälligen Brille –, dessen Identität bis zum aktuellen Ermittlungserfolg trotz Veröffentlichung von Fahndungsbildern nicht festgestellt werden konnte.
Bereits 2010 wurde aufgrund des immer wieder auftretenden Täters die Sachbearbeitung in der Ermittlungsgruppe „Brille“ zentralisiert. Die Ermittlungsgruppe setzte sich aus Beamten der Polizeipräsidien Schwaben Süd/West und Oberbayern-Süd zusammen und hatte ihren Sitz unter dem Dach der Kriminalpolizei-Inspektion Kempten.
Am 10. Juni dieses Jahres trat der „Brillentäter“ im unterfränkischen Miltenberg am Main vorläufig das letzte Mal in Erscheinung. Dabei betrat er ein Lebensmittelgeschäft – mit erneuter Zielrichtung, die Personalräume aufzusuchen, wie heute gemeldet wird. In diesem Fall wurde der Mann aufgrund seines vorherigen Auftretens von einer Mitarbeiterin wiedererkannt und so konnte durch die örtlichen Beamten die Identität des Mannes festgestellt werden.
Im Laufe der folgenden Ermittlungen sei der Zusammenhang mit der überregionalen Diebstahls- und Betrugsserie erkannt worden. „Die erkennungsdienstliche Behandlung bestätigte, dass es sich bei dem Tatverdächtigen um den seit Jahren gesuchten Serientäter handelt, der zumindest zeitweise in Immenstadt einen Wohnsitz unterhielt“, berichtet ein Polizei-Sprecher.
Nach der Identifizierung des „Brillentäters“ erließ – auf Antrag der Staatsanwaltschaft Kempten – der Ermittlungsrichter des dortigen Amtsgerichts Haftbefehl gegen den dringend tatverdächtigen Mann. Am vergangenen Donnerstag ist er an seiner Wohnanschrift in Immenstadt festgenommen worden, wie heute bekanntgegeben wurde.
Nach derzeitigem Ermittlungsstand reiste der arbeitslose Mann mit seinem zur Schlafstätte eingerichteten VW Caddy durch das Bundesgebiet, um sich durch Diebstähle einen Großteil seines Lebensunterhalts zu verdienen. Die siebenköpfige Ermittlungsgruppe „Brille“ prüft derzeit, inwieweit dem Tatverdächtigen weitere Fälle in Deutschland und dem deutschsprachigen Ausland zur Last gelegt werden können. „Die Ermittler arbeiten mit Hochdruck daran, bisher ungeklärte Fälle aus den vergangen Jahren zu überprüfen“, erklärt der Kemptener Kripo-Chef Michael Haber.
Bei der Durchsuchung der Wohnung und des Fahrzeugs des mutmaßlichen „Brillentäters“ konnte umfangreiches Beweismittel aufgefunden und sichergestellt werden, heißt es von den Ermittlern. Angaben zu den Tatvorwürfen machte der dringend tatverdächtige Mann bisher nicht.
Werner Strößner, der Präsident des Polizeipräsidiums Schwaben Süd/West, zeigte sich erleichtert über die Festnahme des dringend Tatverdächtigen: „Guter polizeilicher Zusammenarbeit, über die Landesgrenzen hinaus, ist es zu verdanken, dass eine seit Jahren fortwährende Serie von Eigentumsdelikten aufgeklärt und ein Untersuchungshaftbefehl erlassen wurde. Der Fahndungserfolg zeigt unter anderem dass der Informationsaustausch mit anderen Polizeibehörden vorbildlich funktioniert.“