Unserer Zeitung liegt vorab der Jahresrückblick für 2017 vor: Was Sie hier lesen, wird Sie erschüttern – Das hoffentlich Beruhigende: (Fast) alles ist frei erfunden.
Von Tobias Zell
Die Bürger im Landkreis Pfaffenhofen, vor allem die politisch interessierten, müssen sich einmal mehr auf ein ereignisreiches und turbulentes Jahr einstellen. Das geht aus dem Rückblick für 2017 hervor, der unserer Zeitung vorab vorliegt. Wir haben exklusiv die wichtigsten Ereignisse, Skandale und Aufreger für Sie zusammengefasst. Zur Sicherheit noch ein Hinweis: Fast alles, was Sie im Folgenden lesen, ist frei erfunden. Ähnlichkeiten mit real existierenden Personen oder tatsächlichen Vorgängen sind entweder ein saudummer Zufall oder pure Absicht.
Januar
Das politische Jahr im Landkreis beginnt mit einem Paukenschlag. Nur wenige Tage nach dem noch so harmonischen traditionellen Dreikönigs-Treffen der Sozialdemokraten in Wolnzach erklärt SPD-Kreischef Markus Käser, dass er aus der Partei austritt. Viele altgediente Genossen haben Tränen in den Augen, als Käser zugleich verkündet, dass er sich („Wir schaffen das“) längst der Union viel näher fühlt und die politische Arbeit von Karl Straub (CSU) seit vielen Jahren heimlich bewundert.
Käser wechselt deshalb – sogar rückwirkend zum 1. Januar 2016 – zu den Schwarzen. Sein SPD-Parteibuch hat er Sigmar Gabriel bereits zurückgeschickt. Eine beglaubigte Abschrift lässt er später noch für einen guten Zweck bei Ebay versteigern, sie bringt allerdings nicht einmal die Versandkosten ein. Letztlich kauft der CSU-Kreisverband auf Anregung von Geschäftsführer Fabian Flössler die billige Kopie für knapp zwei Euro, um Neuzugang Käser eine kleine Freude zu machen.
Februar
Im Kreisausschuss kommt es zu Eklat. Kerstin Schnapp von den Grünen, sonst eher diplomatisch und versöhnlich als Mutter Teresa der Landkreis-Politik unterwegs, wirft ausgerechnet den altgedienten Haudegen vor, wieder einmal die Sitzungsvorlage nicht gelesen zu haben. Noch-Landrat Martin Wolf (CSU) versucht, wie gewohnt zu beruhigen, zu relativieren und zu moderieren – doch das gelingt ihm diesmal nicht. Üble Wortgefechte, böse Vorwürfe und schwere Anschuldigungen erfüllen selbst unter der Gürtellinie und fraktionsübergreifend den Raum.
Die Stimmung eskaliert so sehr, dass der Dritte Landrat Josef Finkenzeller – Freier Wähler und auch sonst eigentlich nicht zimperlich – zu weinen beginnt. Eskaliert war die Debatte, als es um mögliche Maßnahmen zum Schutz der für ihren Gesang weltweit berühmten Hallertauer Heidelerche ging. „Wer sich mit Vögeln nicht auskennt, soll den Schnabel halten“, ist noch eine der harmlosesten Äußerungen. Darüber wird noch zu reden sein.
März
Die lokale Banken-Landschaft scheint vor der größten Veränderung in der Geschichte. Ausgerechnet am Rande eines Seniorennachmittags in Hohenwart verkünden die Vorstände von Sparkasse, Hallertauer Volksbank und Volksbank-Raiffeisenbank Bayern-Mitte, dass sie eine Fusion ergebnisoffen prüfen. Im Falle eines Zusammenschlusses entstünde das größte Geldhaus in Oberbayern, mindestens aber im Landkreis. Wochenlang wird hinter den Kulissen verhandelt und geprüft. Pfaffenhofens Bürgermeister Thomas Herker (SPD) hat schon mehrere Sitzungen vorzeitig verlassen, kann aber trotzdem nicht verhindern, dass die Fusion konkrete Formen annimmt.
Letztlich scheitert der Zusammenschluss dann aber an den zentralen Fragen: Die drei Banken können sich nicht auf ein gemeinsames Logo und einen einheitlichen Werbe-Slogan einigen. Bei der Sparkasse findet man die Farbkombination Orange-Blau ziemlich fad, die Genossenschaftsbanken regt das rote S schon seit jeher auf. Und wenn’s ums Geld geht, dann – so die Meinung der jeweiligen Gegenseite – machen wir schon selbst den Weg frei. Damit ist die Banken-Hochzeit wieder vom Tisch.
April
Diesmal ist es nicht das Pfaffenhofener Landratsamt, sondern die Stadtverwaltung, die einen handfesten Bau-Skandal an der Backe hat. Hatte sich der Landkreis in jüngster Vergangenheit nur einen kleinen Schwarzbau-Giebel am Landratsamt genehmigt sowie an der Ilmtalklinik 129 Umbaumaßnahmen unter der Hand vorgenommen, besitzt der Fall, mit dem sich die Kreisstadt wie aus dem Nichts konfrontiert sieht, eine ungleich größere, ja historische Dimension.
Als der ÖDP-Kommunalpolitiker und Heimatforscher Reinhard Haiplik für einen weiteren Bestseller über den Bedeutungswandel von Randsteinen vom späten Mittelalter bis in die frühen 1990er Jahre recherchiert, stößt er auf das Unglaubliche: Die Pfaffenhofener Stadtmauer wurde ohne Genehmigung errichtet. CSU-Stadtrat Franz Schmuttermayr ist erschüttert: Er sei damals dabei gewesen, erinnert er sich – aber man habe doch nicht ahnen können, dass es hier nicht mit rechten Dingen zugeht. Außerdem habe man durchweg Firmen aus der Region beauftragt.
Doch damit nicht genug: Im Zuge der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen kommt ans Licht, dass der Hungerturm ebenfalls ein Schwarzbau ist, dass obendrein die Baupläne verschwunden sind und dass hier über Jahrhunderte die Brandschutz-Vorschriften nicht eingehalten worden sind. Das Wort Barrierefreiheit war damals noch nicht erfunden. Haiplik sieht sich jedenfalls nun übelsten Anfeindungen ausgesetzt. Er kann zwar nichts dafür, doch hätte er nicht so übereifrig in den alten Archiven herumgeschnüffelt, dann wäre das alles nie herausgekommen. Jetzt aber gibt es kein Halten mehr: Das Landratsamt, sonst eher schwarzbau-freundlich, will nun alles bisher Versäumte auf einen Schlag wieder gutmachen und kündigt an, sämtliche Gebäude in der Stadt peinlich genau unter die Lupe zu nehmen – bis auf die eigenen, versteht sich.
Mai
Bei der Pfaffenhofener Landrats-Wahl wird völlig überraschend Norbert Ettenhuber (Grüne) zum neuen Kreischef gekürt. Die Wahlbeteiligung an diesem verregneten und windigen Sonntag liegt bei knapp sieben Prozent. Auf Ettenhuber, der diesmal nicht einmal einen schlagkräftigen Wahlkampf geführt hat, entfallen beinahe 96 Prozent der Stimmen. Analysen werden später zu dem Ergebnis gelangen, dass fast alle CSU-Sympathisanten schlicht zu Hause geblieben sind, weil sie dachten, Amtsinhaber Martin Wolf gewinnt ja sowieso. Der AfD-Bewerber, der aus nachvollziehbaren Gründen (Lügenpresse) nicht mehr namentlich genannt werden darf, hatte kurz vor dem Tag des Urnengangs seine Kandidatur unter mysteriösen Umständen zurückgezogen – er wurde angeblich in Ostdeutschland gebraucht.
Martin Wolfs steile Karriere, die ihn über das bayerische Landwirtschaftsministerium bis an die Spitze des Landkreises geführt hatte, scheint jedenfalls jäh zu Ende. Er kommt aber mit der bitteren Niederlage überraschend gut klar, schließlich hat er als langjähriger Fan des TSV 1860 München schon viel schlimmere Pleiten erlebt. Außerdem kann Wolf nun seiner eigentlichen Berufung folgen: Er wird Chef der Ilmtalklinik-GmbH. Wie erst jetzt bekannt wird, hatte er dank seiner strategischen Weitsicht in den vergangenen Jahren sogar heimlich Medizin studiert, während alle dachten, er treibt sich wieder auf einem Segelboot vor Paros, Naxos oder Santorin herum.
Wolf führt die Klinik – als Geschäftsführer, Ärztlicher Direktor und Marketing-Manager in Personalunion – binnen kürzester Zeit aus den roten Zahlen. Nicht nur die Angestellten nennen ihn deshalb voller Dankbarkeit nur noch „Herr Professor“. Es läuft sogar so gut, dass vor dem Pfaffenhofener Krankenhaus wieder auf die Erhebung von Park-Gebühren verzichtet werden kann. Sämtliche Beschlüsse in den politischen Gremien, wonach das Haus in Wolf-Klinik umbenannt werden soll, fallen einstimmig – nicht zuletzt, weil Käser jetzt ja bei der CSU ist. Hochranginge Delegationen aus hochdefizitären Hospitälern aus der ganzen Welt geben sich in Pfaffenhofen die Klinke in die Hand: Alle wollen lernen, wie man es macht.
Der „Spiegel“ widmet dem Vater dieses Erfolgs ein schnell vergriffenes Sonderheft mit dem Titel „Wolfs Revier“. Das ZDF bringt einen aufwändig produzierten Dreiteiler zur besten Sendezeit („Sankt Martin – Ritter und Retter“); Wolf wird einfühlsam gespielt von Heino Ferch und Veronica Ferres verkörpert gewohnt dramatisch die Rolle von Betriebsrats-Chefin Renate Emmer. Als ein Presse-Foto von Wolfs Privat-Audienz beim Papst die Runde macht, fragen sich Menschen auf der ganzen Welt, wer denn der Typ neben dem Ilmtalklinik-Boss ist. Nur das Satire-Magazin „Titanic“ schießt quer: Die Redaktion gräbt alte Fotos von Klausjürgen Wussow und Gabi Dohm aus, kopiert sie vor das Pfaffenhofener Krankenhaus und ätzt: „Neue Folgen: Die Schwarzbauklinik.“
Juni
Der neue Landrat Ettenhuber nimmt umgehend seine Arbeit auf und verkündet ein Zehn-Punkte-Programm, mit dem er den Landkreis zwar nicht nach vorne bringen, aber noch lebenswerter machen will. Auf allen Kreisstraßen gilt künftig ein Sonntags-Fahrverbot. Ein klares Nein hält er jeglicher Mast entgegen – ob Hähnchenmast oder Fahnenmast. Sein Credo: „Das ist kein Mast-have!“ Jeder Kreisrat bekommt ein E-Bike gestellt, mit dem er zu sämtlichen Sitzungen und Terminen fahren muss. Der Innenhof des Landratsamts wird endlich autofrei, die Fassade wird nachträglich begrünt.
Der CO2-Ausstoß durch Ölheizungen aus den öffentlichen Gebäuden soll praktisch auf null reduziert werden – gegen eine geringe Schutzgebühr werden grün-gelbe Landkreis-Anoraks ausgegeben. Gras wird nicht mehr gemäht, sondern geraucht. Und zu Beginn einer jeder Kreistag-Sitzung werden – auf Anregung von Schnapp, die bereits als kommende Vize-Landrätin gehandelt wird – fünf Kreisräte ausgelost, die wie in der Schule ausgefragt werden, ob sie die Sitzungsvorlagen gelesen haben. Finkenzeller weint.
Juli
Der Besuch des US-Präsidenten Donald Trump sorgt für einen Ausnahmezustand im Landkreis. Hintergrund ist kein politischer, sondern die Tatsache, dass Trumps Urururur-Großvater aus Reichertshausen stammte. Bürgermeister Reinhard Heinrich (CSU), der sich inzwischen die Ehrenbürger-Würde verliehen hat, bereitet dem mächtigsten Mann der Welt einen grandiosen Empfang. Trump wird auf einem aus Holz und Pappe gebauten Panzer durch den Ort gefahren, Narren jubeln ihm zu. Florian Simbeck macht ein Foto und veröffentlicht es auf Facebook – er bekommt dafür zehn Millionen Likes.
Heinrich zeigt und erläutert dem hohen Gast aus Übersee sämtliche Sehenswürdigkeiten des Ortes – angefangen von den beiden Bahnhöfen über den Kreisverkehr bis hin zum Bauhof. Höhepunkt und zugleich Endstation der Rundfahrt ist die im Jahr zuvor neu gestaltete Kreuzung in der Ortsmitte, die als eine der prächtigsten weit und breit gilt. Trump zeigt sich beeindruckt: Noch nie habe er zwei Straßen so wundervoll sich treffen sehen, sagt er fast lyrisch, um dann unter dem Gejohle der Menge ins Mikro zu rufen: „Ich bin ein Reichertshausener.“ Getrübt wird der Aufsehen erregende Besuch im Nachhinein. Wochen später sickert nämlich durch, dass Trump eigentlich nach Reichertshofen wollte. Dort laufen nun umgehend die Vorbereitungen an.
August
Zum Abschluss der kleinen Landesgartenschau, die sowieso nur mittelmäßig gelaufen ist, zieht der Pfaffenhofener Bürgermeister Thomas Herker (SPD) den Zorn der Einheimischen auf sich. Er drückt in einer eigens einberufenen Sondersitzung des Stadtrats mit der Mehrheit der bunten Koalition durch, dass der gerade erst neu angelegte Froschkönig-Spielplatz teilweise zum Baugrund wird. Die CSU dreht jetzt total am Rad. Wieder einmal trete Herker den Bürgerwillen mit Füßen und regiere völlig am Bürgerwillen vorbei, empört sich der Ortsvorsitzende Florian Schranz.
CSU-Fraktionschef Martin Rohrmann, im Hauptberuf Anwalt, lässt die Angelegenheit juristisch prüfen und geht – entschlossen wie nie zuvor – bis zum Äußersten. Letztlich landet der Fall vor dem Bundesverwaltungsgericht. Dessen Entscheidung wird als so genanntes Polt-Urteil in die Justizgeschichte eingehen. Herker bekommt Recht, die knappe Begründung der Richter lautet: „Doch, das geht.“
Die bunte Koalition im Pfaffenhofener Rathaus steht angesichts des ganzen Wirbels vor der ultimativen Zerreißprobe: Nicht zuletzt, weil die Grünen noch einmal in ihrem Parteiprogramm nachgelesen und dabei entdeckt haben, dass sie eigentlich für den Erhalt von Grünflächen und gegen Bodenversiegelung sind. Nach dieser Erkenntnis startet der Dritte Bürgermeister Roland Dörfler (Grüne) eine Initiative unter dem Motto „Sei kein Frosch“. Dieser von der Öffentlichkeit zunächst durchaus goutierte Vorstoß geht allerdings beinahe in der Aufregung um eine Strafanzeige unter, die sich Dörfler einfängt, nachdem er erklärt: Wer es wirklich wage, auf dem Spielplatz-Areal ein Haus zu bauen, der habe keinen IQ, sondern einen AQ – einen Arsch-Quotienten.
Diese Wortwahl geht auch Reinhard Haiplik (ÖDP) deutlich zu weit, der als Gymnasial-Lehrer und alter Lateiner ohnehin seit Langem eine Verrohung der Gesellschaft beklagt und sich wegen der zunehmend rauen Sitten im Straßenverkehr nicht einmal mehr mit dem Rad durch Pfaffenhofen zu fahren traut. Doch Haipliks Mahnungen gehen ins Leere. Man erinnert sich noch zu gut daran, dass er durch seine Schnüffeleien den Schwarzbau-Skandal aufgedeckt hatte. Haiplik, nun völlig resigniert, erklärt seinen politischen Rückzug. Er wählt dazu in gewohnter Sprachgewalt ein Zitat von Ovid: „Barbarus hic ergo sum, quia non intellegor ulli.“ Was soviel bedeutet wie: „Ein Barbar bin ich hier, da ich von keinem verstanden werde.“
September
Ettenhuber krempelt derweil den Landkreis weiter um. Die besten Ideen kommen ihm dabei zumeist auf der Jagd mit seinem Vor-Vor-Vor-Vorgänger Rudi Engelhard (CSU). So beschließt er zum Beispiel im Alleingang, dass das noch von Wolf angestimmte Geheule über zu viele Einbrüche und zu wenige Polizisten mit sofortiger Wirkung beendet ist. Sicherheit will Ettenhuber, der schließlich nicht umsonst zuvor bei „Airbus Defense and Space“ in Manching gearbeitet hat, mit Hilfe von Drohnen schaffen. Per Eilentscheidung bestellt er für jede der 19 Landkreis-Gemeinden fünf dieser unbemannten Überwachungs-Maschinen – zur freien Verfügung. Die Kreis-Umlage muss dafür nicht erhöht werden, denn Ettenhuber hat ja alle Dienstwagen abgeschafft.
Die CSU, für ihren liberalen Kurs bekannt, tobt angesichts dieses massiven Eingriffs in die Persönlichkeitsrechte und den Luftverkehr. Als wenig später auch noch eine der Drohnen ausgerechnet auf das Autohaus von CSU-Kreischef Karl Straub in Wolnzach stürzt, wittert der eine Provokation nordkoreanischen Ausmaßes, mindestens aber Spionage. Sogar der Bundesnachrichtendienst schaltet sich kurzzeitig ein, legt den Fall aber bald zu den Akten – weil Straub Opel und Peugeot verkauft, werden die Ermittlungen wegen Geringfügigkeit eingestellt.
Oktober
Das Kommunalunternehmen für Strukturentwicklung im Landkreis Pfaffenhofen, kurz: KUS, gerät in die Schlagzeilen. Johannes Hofner, dem Leiter der Einrichtung, gehen die Mitarbeiterinnen aus. Mehrere junge Damen haben gekündigt, weil es ihnen zu langweilig war, alle anderen bekommen ein Baby. Letzteres wird selbst von den schärften Kritikern ausdrücklich begrüßt und als gutes Signal für die Zukunft gewertet: Beim KUS bringe man schließlich nicht oft etwas zu Stande, was Hand und Fuß hat, heißt es hinter vorgehaltener Hand.
Hofner jedenfalls sitzt angesichts dieser Entwicklung praktisch alleine in seinem Büro – und greift zu einer ungewöhnlichen Maßnahme, um diesen Mangel halbwegs zu kaschieren. Er stellt kurzerhand seinen Hund „Badou“ auf 450-Euro-Basis ein und listet diesen auch auf der KUS-Homepage als Mitarbeiter auf. Der schwanzwedelnde Racker bekommt sogar eine eigene Telefonnummer und eine E-Mail-Adresse. Damit ist das KUS wieder adäquat besetzt. Zumindest vorübergehend. Denn dem Vernehmen nach schaut sich auch Badou bereits anderweitig um. Diesen Knochenjob, soll er gebellt haben, wolle er sich auf Dauer nämlich nicht zumuten.
November
Der Autohändler, Landtagsabgeordnete und CSU-Kreisvorsitzende Karl Straub sorgt für helle Aufregung und tiefe Verunsicherung in den eigenen Reihen, weil er – völlig entgegen seiner sonstigen Gepflogenheiten – die Meinung geändert hat. Der Wolnzacher erklärt sich plötzlich zum glühenden Verfechter der Windkraft. Den verdutzten Gesichtern hält er den Slogan einer Opel-Kampagne entgegen: „Umparken beginnt im Kopf!“ Ohne Windräder, betont Straub zum Erstaunen nicht weniger, ohne Windräder werde man die Energiewende nicht schaffen. Er setzt sich deshalb bei Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) dafür ein, dass die Landesregierung die 10H-Regelung in eine 0,10H-Regelung ändert.
Nur so könne man der Windkraft, die man so dringend brauche, den Weg ebnen und das Abschmelzen der Polkappen noch stoppen, prophezeit Straub und kündigt weitere Initiativen an. Die Christsozialen seien eben näher am Menschen – da spiele es auch keine Rolle, dass Eskimos die CSU gar nicht wählen können. Angesichts der 0,10H-Verordnung schießen die Windräder im Landkreis wie Pilze aus dem Boden. Erst viel später kommt ans Licht, dass Straub sich nur deshalb auf einmal so sehr für die Dinger stark gemacht hatte, weil laut einer weiteren Gesetzes-Novelle im 10H-Umkreis von Windrädern keine Drohnen fliegen dürfen.
Damit hat die CSU nicht nur den Klimawandel beendet, sondern zugleich auf einen Schlag Landrat Ettenhubers Sicherheits-Strategie pulverisiert. Nirgendwo im Landkreis können nämlich jetzt noch Drohnen aufsteigen – außer in einem ganz kleinen Zipfel der Gemeinde Jetztendorf, aber dahin verirrt sich seit Jahren kein Einbrecher. Ettenhuber erklärt daraufhin sein Konzept für gescheitert und tritt zurück. Damit steht schon wieder eine Landrats-Wahl an. Die SPD proklamiert noch am selben Tag, sie werde überhaupt nur einen Kandidaten nominieren, der sich von vornherein dazu bereit erklärt, im Falle seiner Wahl die Amtszeit freiwillig auf zwei Jahre zu verkürzen.
Dezember
Die Pfaffenhofener Innenstadt ist verwaist. Kaum ein Mensch wagt sich mehr in die City, nachdem der städtischen Wirtschafts- und Servicegesellschaft (WSP) ein folgenschwerer Fehler unterlaufen ist. Im Programmheft für das sonst so beliebte und pittoreske Advents-Treiben unter dem Motto „Wichtelzeit und Weihnachtszauber“ war zum „Grippeweg“ eingeladen worden, der diesmal – so hieß es wörtlich – „besonders intensive Erlebnisse bietet“. Das fehlende „N“ und das dummerweise statt eines „K“ reingerutschte „G“ schreckt nicht nur die Hypochonder ab. Die städtische Pressestelle müht sich zwar nach Kräften, um mit zahlreichen Mitteilungen, in denen wie gewohnt mindestens fünf Mal das Wort „schön“ vorkommt, gegenzusteuern – doch alle noch so schönen Mühen sind vergeblich: Die Leute trauen sich nicht mehr in die Stadt.
In seiner Not weiß WSP-Chef Matthias Scholz keinen anderen Ausweg mehr: Er zieht von Haus zu Haus, lässt sich die Programmhefte geben und korrigiert mit Rotstift in allen 65 000 Exemplaren, derer er habhaft werden kann, persönlich den Schreibfehler. Seine persönliche Bilanz: 43 Kulis leergeschrieben, sieben Kilo abgenommen und eine Sehnenscheiden-Entzündung im Arm. Immerhin kehrt aber langsam wieder Leben in die Innenstadt ein. Und der WSP-Chef hat diesmal eine gute Antwort auf die Frage von FDP-Stadtrat Franz Niedermayr: „Was macht eigentlich Herr Scholz den ganzen Tag?“