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36-Jähriger soll in Ottobrunn einen 87-Jährigen mit einer Insulin-Spritze getötet und dann beklaut haben. Im Raum stehen weitere Mordversuche. Der Mann war über Jahre in ganz Deutschland tätig.

(ty) Am Rosenmontag, 12. Februar, hatte in den frühen Morgenstunden ein 36-jähriger Pole, der als ungelernte Pflegehilfskraft tätig war, den Pflegenotruf gerufen, weil er den von ihm zu betreuenden 87-Jährigen in Ottobrunn leblos in dessen Bett gefunden habe. Der Notarzt konnte laut Polizei nur noch den Tod des Rentners feststellen. Der zur Leichenschau hinzugezogene Arzt habe bei der Untersuchung dann Auffälligkeiten festgestellt und eine nicht aufgeklärte Todesart bescheinigt. Von der Kripo wurde der 36-Jährige überprüft: Dabei habe sich herausgestellt, dass gegen ihn bereits mehrfach polizeilich ermittelt wird – unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung an einem von ihm betreuten Rentner in Weilheim. Das könnte nur die Spitze des Eisbergs sein, aber der Reihe nach.

Bereits während der Obduktion des Leichnams des 87-Jährigen am Institut für Rechtsmedizin wurde der 36-Jährige von der Kripo vernommen und dessen persönliche Habe durchsucht. Dabei seien in dessen Geldbörse zwei EC-Karten des Toten und die dazugehörenden PIN-Mitteilungen sowie Bargeld in Höhe von 1210 Euro gefunden worden. „In seinem Gepäck fanden sich ein so genannter Insulin-Pen und mehrere Ampullen mit Insulin“, heißt es weiter. Im Rahmen der Vernehmung habe der nun Beschuldigte eingeräumt, das Bargeld und die EC-Karten nach dem Tod des Rentners aus einer Geldkassette geklaut zu haben. 

Währenddessen waren im Institut für Rechtsmedizin an der Leiche mehrere fragliche Einstich-Stellen, wie von Injektionen, sowie ein extrem niedriger Blutzuckerwert festgestellt worden. Der 36-Jährige stritt laut Polizei zunächst ab, mit dem Ableben des Rentners etwas zu tun zu haben. Er wurde vorläufig festgenommen und in die Haftanstalt gebracht. Bei der Fortsetzung der Beschuldigten-Vernehmung am Faschingsdienstag habe der 36-Jährige schließlich eingeräumt, dem Rentner Insulin verabreicht zu haben. Weitergehende Angaben dazu wollte er allerdings nicht machen, wie es heißt. 

Die Staatsanwaltschaft beantragte daraufhin Haftbefehl wegen des Tatvorwurfs des Mordes und des Raubes mit Todesfolge. Der Ermittlungsrichter ordnete die Untersuchungshaft an und der 36-Jährige befindet sich jetzt in der Justizvollzugsanstalt Stadelheim. 

Aus der Beschuldigten-Vernehmung ist laut indes Polizei bekannt, dass der 36-Jährige ab 2008 im Ausland, unter anderem in England und Deutschland, als ungelernte Pflegekraft gearbeitet habe. Seit 2012 habe der Mann immer wieder in Deutschland gearbeitet und dort eine Vielzahl von Personen betreut. Genauere Angaben zu den jeweiligen Arbeitsstellen sowie die Namen der zu betreuenden Personen habe er verweigert. 

Bislang konnten nach Angaben des Polizeipräsidiums München in Deutschland 20 Personen ermittelt werden, die von dem 36-Jährigen betreut worden sind. Man habe festgestellt, dass neben dem getöteten 87-Jährigen weitere vier Betreute mit teilweise lebensbedrohlichem Zustand ins Krankenhaus eingeliefert werden mussten. „Bei allen wurde ein nicht erklärbarer, teils extrem niedriger Blutzuckerwert, festgestellt“, heißt es dazu. „Durch medizinische Notfall-Maßnahmen konnten alle vier überleben, eine dieser Personen starb jedoch zirka zwei Monate später. Inwieweit hier ein kausaler Zusammenhang vorliege, soll durch rechtsmedizinische Gutachter geklärt werden. Teilweise sei die Verständigung des Rettungsdienstes durch den 36-Jährigen erfolgt, teilweise durch Angehörige. In diesen vier Fällen sei nach jetzigem Erkenntnisstand von dem 36-Jährigen nichts gestohlen worden – jeweils sei der 36-Jährige unmittelbar nach der Einlieferung der Personen ins Krankenaus abgereist. 

Bei einer weiteren Person wurde laut Polizei festgestellt, dass diese wenige Tage nach Ankunft des 36-Jährigen starb. Die genauen Umstände dieses Todesfalls bedürften jedoch noch weiterer Ermittlungen. Bei drei weiteren von dem 36-Jährigen betreuten Personen bestehe der konkrete Verdacht, dass diese von ihm bestohlen worden sind. 

Bei den übrigen elf bislang ermittelten Personen ergab sich laut heutiger Mitteilung bisher kein Verdacht hinsichtlich eines auffallend veränderten Gesundheits-Zustands oder auf Diebstahls-Handlungen während der Anwesenheit des 36-Jährigen. „Allerdings war dieser, entgegen des ursprünglich vereinbarten Zeitraumes, in der Regel jeweils nur für kurze Zeit vor Ort.“ In der überwiegenden Anzahl der Fälle sei der Vertrag vorzeitig beendet worden. Gründe hierfür waren laut Polizei zum einen das offensichtlich mangelnde Engagement des 36-Jährigen oder dessen unangemessenes, teils aggressives Verhalten gegenüber den zu Betreuenden, zum anderen die Einlieferung der zu betreuenden Personen ins Krankenhaus. 

Nach bisherigem Kenntnisstand der Ermittler war der 36-Jährige meist nur ein oder zwei Mal für die jeweiligen entsendenden ausländischen – überwiegend polnischen und slowakischen – Firmen beschäftigt. „Seine Vermittlung an die Angehörigen der zu betreuenden Personen erfolgte in vielen Fällen über in Deutschland ansässige Agenturen“, teilte das Polizeipräsidium München heute mit.

Zur Erstellung eines Bewegungsbilds sowie zur Ermittlung der Anstellungs-Historie und Identifizierung weiterer überlebender als auch verstorbener Opfer wurde auf Antrag der Staatsanwaltschaft München I ein Beschluss zur Öffentlichkeits-Fahndung erlassen. Deshalb wird ein Foto des Mannes veröffentlicht. Auf diesem Weg erhoffen sich Polizei und Staatsanwaltschaft, dass auch Zeugen und Angehörige ermittelt werden, die Angaben darüber machen können, bei welchen zu betreuenden Personen der 36-Jährige – auch Jahre zurückliegend – tätig war. 

Die Staatsanwaltschaft München I übernimmt bundesweit die Ermittlungen zu allen dem 36-Jährigen zuzurechnenden Straftaten. Ferner ist beim Kripo-Kommissariat 11 die Ermittlungsgruppe „EG Pen“ eingerichtet worden. „Es stehen weitere, umfangreiche Ermittlungen an“, so ein Polizei-Sprecher. 

Der 36-Jährige heißt mit vollständigem Namen: Grzegorz Stanislaw Wolsztajn. Die Ermittler fragen konkret: Wer kann Angaben zu dem Mann machen? Wer kennt Aufenthaltsorte von ihm beziehungsweise kann Personen nennen, die von ihm betreut wurden? Hinweise nimmt das Polizeipräsidium München unter Telefon (0 89) 29 10 -0 oder auch jederandere Polizeidienststelle entgegen.

Bislang konnten in Deutschland 20 Personen ermittelt werden, die von dem 36-Jährigen betreut worden sind (Grafik: Polizei).


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