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Werner Hammerschmid (46) will für die SPD in Wolnzach den Chefsessel im Rathaus erobern, seine Nichte Eva Schweisthal (22) strebt in Siegenburg das Bürgermeisteramt an

Von Tobias Zell

Dass sich in einer Familie zwei Leute für dieselbe Partei engagieren, ist wirklich nichts Besonderes. Doch darum geht es hier auch nicht. Sondern um viel mehr: um den Chefsessel im Rathaus. Und den will Werner Hammerschmid (46) in Wolnzach erobern, während seine 22-jährige Nichte Eva Schweisthal in Siegenburg als Bürgermeisterkandidatin antritt. Gemeinsam haben die beiden nicht nur die Mitgliedschaft in der SPD und ihr umfassendes ehrenamtliches Engagement, sondern auch die wesentlichen kommunalpolitischen Ziele: Bürgerbeteiligung und Transparenz.

Eva Schweisthal aus dem Siegenburger Ortsteil Niederumelsdorf steht im sechsten Semester ihres Jura-Studiums. Und wenn man sie fragt, wie es mit dem Berufsziel aussieht, dann tappt sie keineswegs in die Falle und sagt etwa Anwältin, Notarin oder Richterin. „Ich will Bürgermeisterin werden“, kommt es wie aus der Pistole geschossen.

Auch ihr Onkel Werner Hammerschmid, Wolnzacher SPD-Chef und von Beruf Lehrrettungsassistent, lässt keinen Zweifel daran, dass er es ernst meint. Ihm sei vieles zu passiv, zu unkreativ und zu wenig in die Zukunft gerichtet, was Amtsinhaber Jens Machold (CSU) mache. Deswegen will Hammerschmid ihn ablösen. Als Bürgermeister müsse man die Ärmel hochkrempeln, anpacken und nicht nur die Dinge abarbeiten, die eh anstehen, und sie hinterher als Erfolg verkaufen. Natürlich sei der Schuldenabbau von Bedeutung, sagt Hammerschmid, aber auch Investieren gehöre zu einer Gemeinde. „Es wird von Machold zwar immer auf die Investitionen hingewiesen, doch das sind durchwegs solche, die eh längst Fällig waren und sind.“ Hammerschmid versteht nicht, wie man sich zum Beispiel ernsthaft die Errichtung einer Kläranlage als Erfolg auf die Fahnen schreiben könne, die eh gebaut werden musste. Und er wundere sich auch, wie man den einfach nur der Zeit geschuldeten Austausch eines 27 Jahre alten Feuerwehrfahrzeugs als Leistung anführen könne.

Um aber seine Vorstellungen davon, wie das denn alles anders und besser gehen soll, umsetzen zu können, muss sich Hammerschmid am 16. März erst einmal gegen Machold und zwei weitere Mitbewerber durchsetzen: Thomas Stockmaier von der FDP/UW und Florian Werther von den Freien Wählern. Ein kleines bisschen leichter scheint es da seine Nichte zu haben, die in Siegenburg lediglich drei Kontrahenten zählt. Sie kämpft dafür gegen Stimmen, wonach sie mit 22 einfach zu jung sei für den Posten.

Werner Hammerschmid und Nichte Eva Schweisthal vor einem seiner Transparente.

Eva Schweisthal ist seit ihrem 14. Lebensjahr bei der SPD. Politisch interessiert sei sie immer schon gewesen und die Frage, ob sie sich denn auch selbst engagieren wolle, habe sich eigentlich nie gestellt. „Das war immer klar.“ Da es damals in Siegenburg keinen aktiven SPD-Ortsverein gab, schloss sie sich dem in Abensberg an, wurde auch Beisitzerin. Seit der Wiederbelebung des Ortsvereins in Siegenburg im Jahr 2007 sitzt sie als Kassier im Vorstand. Im November vergangenen Jahres wurde sie einstimmig zur Bürgermeisterkandidatin nominiert, steht außerdem auf Platz eins der Gemeinderatsliste. „Das ist absolut ernst gemeint“, betont die 22-Jährige, „sonst würde ich das alles nicht machen.“ Denn Wahlkampf, das hat sie schon erfahren, ist zeitaufwändig und anstrengend. „Aber vor allem sehr gewinnbringend“, sagt sie. 

Mitten im Wahlkampf steht auch Werner Hammerschmid. 46 Jahre alt, verheiratet, drei Kinder. Als Lehrrettungsassistent des BRK im Landkreis Pfaffenhofen ist er zuständig für die rettungsdienstliche Ausbildung und die Betreuung von Praktikanten, außerdem ist er Dozent. Im 24. Jahr macht er diese Arbeit nun. Darüber hinaus ist er Rettungsdienst-Einsatzleiter und Organisatorischer Einsatzleiter, vergleichbar mit dem Kreisbrandrat bei der Feuerwehr. „Das Führen von Menschen ist mir nicht fremd“, betont er mit Bick auf das angestrebte Bürgermeisteramt. Hammerschmid hat auch die „Helfer vor Ort“ in Wolnzach gegründet, die mittlerweile auf 400 Einsätze im Jahr kommen.

Bis vor zehn Jahren war Werner Hammerschmid bei der Feuerwehr aktiv, dann ging das zeitlich nicht mehr. „Ich bin eigentlich eh ständig im Dienst.“ Die Verbindung zu den Floriansjüngern ist aber nie abgerissen. Das liegt nicht nur daran, dass BRK- und Feuerwehrleute sich permanent bei Einsätzen treffen; Hammerschmid ist seit seinem Einzug in den Wolnzacher Gemeinderat im Jahr 2008 auch Feuerwehr-Referent.

Als parteiloser Kandidat auf Platz sechs der SPD-Liste schaffte Hammerschmid vor sechs Jahren den Sprung in den Gemeinderat, ließ sich dann ein Parteibuch geben. Seit vier Jahren ist er Vorsitzender der Wolnzacher Sozialdemokraten. Drei Ratsmandate eroberten sie 2008, seit einigen Wochen sind es nur noch zwei: Weil Gernot Trapp sich entschlossen hat, bei der anstehenden Wahl auf der FDP/UW-Liste anzutreten, zeigte ihm Hammerschmid die rote Karte. Für die Gemeinderatswahl hat der Wolnzacher SPD-Chef ein klares Ziel: „Wir wollen mindestens fünf Mandate, wie das vor dem Einbruch 2008 war.“

Ehrenamtliches Engagement wird auch bei Eva Schweisthal großgeschrieben. Sie ist aktives Mitglied der Niederumelsdorfer Feuerwehr, war Oberministrantin, ist bei der Landjugend, in zwei Chören und im Schützenverein, Mitglied bei ver.di und arbeitet beim Weißen Ring mit, wo Opfer von Straftaten betreut werden. Über den DGB ist sie Stipendiatin der Hans-Böckler-Stiftung geworden, für die sie sich inzwischen auch engagiert.

„Mehr Bürgerbeteiligung, mehr Transparenz und ehrliche Informationspolitik“ will die 22-Jährige in Siegenburg etablieren. Die Gemeindeordnung biete da auch viele Möglichkeiten. Doch es sind nicht nur diese Schlagworte, mit denen sie punkten will. Es gelte, Baugebiete zu erschließen, um die jungen Menschen vor Ort zu halten, zum Beispiel mit einem Einheimischen-Modell. Die Ortsteile müssten mit schnellem Internet versorgt werden. Und viel zu tun gebe es auch noch, um Siegenburg senioren- und behindertengerecht zu machen.

Vor allem aber geht es ihr, das betont sie immer wieder, um einen anderen Umgang mit den Menschen. Wie das bislang gelaufen sei, habe „teilweise schon eine arrogante Art“ gehabt. Es gelte, sich darauf zu besinnen, worum es wirklich geht. „Das Bürgermeister-Amt soll nicht dem Prestige dienen, sondern im Interesse der Bürger ausgeführt werden“, betont sie. 

Mit solchen Formulierungen rennt sie bei ihrem Onkel offene Türen ein. „Erst einmal ist ein Bürgermeister Bürger, dann Meister“, sagt Werner Hammerschmid. Deshalb sagt er klipp und klar, wie und wo er es anders machen würde als Amtsinhaber Machold. „Ich grenze mich von ihm ab, in dem ich nicht so auf der Verwaltungsschiene fahre, sondern über den Tellerrand hinausblicke und mir auch nicht zu schade bin, bei anderen nachzufragen und etwas zu übernehmen“, sagt er: „Bei mir gibt es keine Verfilzung und keine Hinterzimmer-Politik.“

Für Hammerschmid ist klar: „Die politische Arbeit in Wolnzach muss völlig neu strukturiert werden.“ Jeder der 24 Gemeinderäte habe eigentlich ein eigenes Referat, doch die meisten seien überhaupt nicht gefordert. „Es kann nicht sein, dass Referate nur auf dem Papier bestehen.“ Auch die Gremien gehörten sich zu neuem Leben erweckt. „Zum Beispiel hat sich der Ausschuss Jugend-Familie-Sport noch nie getroffen“, sagt er und verweist kopfschüttelnd auf die Begründung nach dem Motto: „Wir haben keine Themen die hier besprochen werden müssten.“ Das sieht er nämlich ganz anders: „Ein Ausschuss muss nicht warten, bis ihm ein Thema angetragen wird. Er soll Vergangenes aufarbeiten, Gegenwart betrachten und Zukunft planen. Ein Ausschuss soll sich selber Themen suchen und vorantreiben.“ Generell müsse sich da einiges ändern: „Wir haben Gemeinderäte, von denen ist seit sechs Jahren keine Wortmeldung gekommen.“

Man muss Verantwortung übernehmen und sich dann auch aktiv einbringen, sagt Eva Schweisthal. Es gebe, bei aller Politikverdrossenheit, auch junge Leute, die sich engagieren wollen und es ernst meinen. Dafür sei sie mit 22 Jahren ja ein gutes Beispiel. „Ich will durch meine Kandidatur für das Bürgermeisteramt auch ein Signal geben an die jungen Leute in Siegenburg.“ Im Falle ihrer Wahl will sie übrigens die Umgestaltung des Siegenburger Marienplatzes umgehend vorantreiben.  Sie nennt noch viele weitere lokale Themen,  die sie anpacken möchte, doch die sagen den Lesern im Raum Ingolstadt und Pfaffenhofen freilich wenig.

Werner Hammerschmid und seine Wolnzacher SPD wollen mit einem Zehn-Punkte-Programm für frischen Wind sorgen. „80 Prozent der Punkte in unserem Programm sind lediglich mit gutem Willen und Arbeit verbunden und nicht mit Kosten“, hält er denen entgegen, die reflexartig die Frage stellen, wer das denn alles bezahlen soll. Und den Willen, etwas anzupacken, den sehe er beim Amtsinhaber eben nicht. Hammerschmid will ein Jugendparlament und einen Seniorenbeirat einrichten, einen Wirtschaftsbeirat ins Leben rufen. Man brauche einen Zustandsbericht für die städtischen Gebäude, die „teilweise unglaublich marode“ seien – auf dem Flachdach der Schule zum Beispiel wachsen zwei mannshohe Bäume, sagt Hammerschmid und belegt das mit Fotos. Außerdem müsse man beim kommunalen Wohnungsbau wieder aktiv werden.

Und dann gibt es noch viele Punkte, die weniger hart sind, aber das Leben in Wolnzach einfach schöner machen sollen. Zum Beispiel schwebt Hammerschmid ein Schrebergarten für die Bürger vor oder ein Kulturherbst. „Auch einem Bürgermeister steht Kreativität zu“, sagt er – „es ist sogar eine seiner primären Aufgaben, Visionen zu haben.“ Und mit unmissverständlichem Blick auf den Amtsinhaber ergänzt er: „Aber dazu braucht man halt auch Fantasie.“

Eva Schweisthal kann da nur nicken. Die Zeiten, in denen man nur abarbeite, was an Problemen auf den Tisch komme, die seien längst vorbei. Man müsse die Zukunft schon selbst in die Hand nehmen und gestalten. Wie, da sind sich Onkel und Nichte einig: „Mit Ideen, Kreativität, Transparenz und Beteiligung der Bürger.“


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