Nach dem Zwischenfall in der JVA Landshut steht eine mögliche Körperverletzung mit Todesfolge im Raum. Der zu Tode gekommene 28-Jährige saß in Haft, weil er am 1. April eine Stewardess als Geisel genommen und so die Rückkehr des Flugzeugs nach München erzwungen hatte. Der Kosovare, der in Ungarn in einem Asylverfahren stand, wollte so seiner Rückführung entgehen.
(ty) Im Fall des am Samstag in der Justizvollzugsanstalt Landshut nach einem massiven Gerangel mit Beamten gestorbenen 28-jährigen Häftlings sind nun weitere Details bekannt geworden. Wie „Spiegel Online“ berichtet, ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen acht Justizbeamte wegen Körperverletzung mit Todesfolge. Außerdem weiß man nun, dass es sich bei dem Toten um den mutmaßlichen Geiselnehmer handelt, der am 1. April in einem Flugzeug eine Stewardess bedroht und in seine Gewalt gebracht hatte, um und die Rückkehr nach München zu erzwingen.
Nachdem der Häftling sich nach Angaben des Polizeipräsidiums Niederbayern in seiner Zelle selbst verletzt hatte, leistete er gegenüber den eingreifenden Justizvollzugsbeamten massiven Widerstand. „Im Zuge der Anwendung unmittelbaren Zwangs geriet der Gefangene in einen kritischen Zustand, der die Alarmierung des Notarztes erforderte“, hieß es. Der 28-Jährige starb noch am selben Tag im Krankenhaus. Wie unter Berufung auf die Staatsanwalt berichtet wird, habe es keinen feststellbaren Auslöser für das Verhalten des Häftlings gegeben.
In der Nacht auf Samstag hatte der 28-jährige Gefangene den Angaben zufolge in seiner Zelle randaliert, dabei das Fenster zerschlagen und sich selbst Schnitte zugefügt. Als die Justizvollzugsbeamten einschreiten wollten, sei er mit einer Glasscherbe auf einen der Beamten losgegangen und habe ihn am Kopf verletzt. Bei der Überwältigung des Randalierers sei zudem ein Sanitäter der JVA verletzt worden. Der Häftling konnte schließlich zu Boden gebracht und fixiert werden, wobei er weiterhin Widerstand leistete, wie es hieß.
"Plötzlicher Atem- beziehungsweise Herzstillstand"
„Im Zuge der Auseinandersetzung stellten die Beamten den nach ersten Angaben plötzlich eintretenden Atem- beziehungsweise Herzstillstand des Gefangenen fest“, hieß es seitens der Polizei. Er habe sich mit einem Mal nicht mehr geregt, sagte Staatsanwalt Markus Kring heute gegenüber „Spiegel Online“. Der 28-Jährige konnte vom sofort verständigten Notarzt zwar reanimiert werden, starb jedoch noch im Laufe des selben Tages in einem Landshuter Krankenhaus.
Die Staatsanwaltschaft hat in enger Abstimmung mit der Kripo die Ermittlungen zu den Todesumständen aufgenommen. Eine Obduktion wurde angeordnet. Wie „Spiegel Online“ heute Nachmittag unter Berufung auf die Rechtsmedizin berichtete, ist die Todesursache bislang noch ungeklärt. Ersten Ermittlungen zufolge könnte es sich demnach um einen Atem- oder Herzstillstand handeln; die Ermittler warten nun auf das Ergebnis der toxikologischen Untersuchungen.
Wurden Grenzen eingehalten?
Wie weiter berichtet wird, ermittelt die Staatsanwaltschaft „wegen Körperverletzung mit Todesfolge gegen alle acht Justizbediensteten, die im Verlauf des Geschehens in der Zelle waren“. Der Ablauf lege nahe, dass das Handeln der JVA-Angestellten Mitursache des Todes war, sagte Staatsanwalt Kring gegenüber „Spiegel Online“. Die Anwendung von Gewalt sei unter bestimmten Anlässen und Details rechtmäßig. Es gilt nun zu prüfen, „ob die Grenzen eingehalten wurden“.
Erst heute ist bekannt geworden, dass es sich bei dem zu Tode gekommenen Häftling um den mutmaßlichen Geiselnehmer vom 1. April handelt, auf dessen Betreiben hin damals eine vom Münchner Flughafen aus in Richtung Budapest gestartete Lufthansa-Maschine umkehren und wieder in der Landeshauptstadt landen musste. Der 28-jährige Kosovare soll kurz nach dem Start eine 50-jährige Flugbegleiterin in seine Gewalt gebracht und mit einer Rasiermesserklinge bedroht haben. Die Frau und zwei weitere Stewardessen im Alter von 50 und 36 Jahren wurden leicht verletzt.
Stewardess mit Rasiermesserklinge bedroht
Wie schon damals von der Polizei berichtet wurde, wollte der 28-Jährige seiner Rückführung nach Ungarn entgehen. Er befand sich in einem Asylverfahren in Ungarn. Nach seiner unerlaubten Einreise nach Deutschland verbrachte er vier Wochen in Passau in Haft und sollte am besagten 1. April nach Ungarn unbegleitet zurückfliegen. Im Airbus soll es schon kurz nach dem Start zu einem Streit zwischen ihm und der Stewardess gekommen sein, die er dann als Geisel nahm. Er soll sie in eine Bord-Toilette gezerrt und ihr die Klinge an den Hals gehalten haben.
Die Verkehrsleitung des Flughafens informierte dann gegen 11.30 Uhr die Polizeiinspektion am Airport, dass das Linienflugzeug auf dem Weg nach Budapest kurz nach dem Start wegen einer Bedrohungslage an Bord umkehren musste. Das Flugzeug landete gegen 11.45 Uhr wieder am Münchener Flughafen. Die 76 Passagiere konnten den Airbus an der Abstellposition am Terminal 2 wieder verlassen; an Bord blieben die Piloten sowie die Flugbegleiterin, die von dem 28-Jährigen weiter bedroht wurde. Die Flughafenpolizei konnte dann mittels Dolmetscher Verbindung zu dem Geiselnehmer aufnehmen und ihn letztlich widerstandslos festnehmen.
Weitere Artikel zum Thema: