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Beim Kreisverband der Freien Wähler lobt man sich gegenseitig und will sich Zeit nehmen für die Suche nach dem neuen Vorsitzenden. Kritik gab es am Kooperations-Partner CSU und am Stil von SPD-Kreischef Markus Käser

Von Tobias Zell

Wer geglaubt hatte, die Kreisversammlung der Freien Wähler von Pfaffenhofen am gestrigen Abend sei uninteressant, nur weil die Vorstandswahl aufs Frühjahr verlegt wurde, der sah sich gründlich getäuscht. Denn da wurde Klartext geredet, wie man ihn sich in der Politik öfter wünschen würde: Hart und unmissverständlich in der Sache, aber fair im Umgang. Während intern die Stimmung bestens ist bei den Freien Wählern, zeigt man sich mit so mancher Entwicklung in der landkreisweiten Polit-Landschaft nicht zufrieden – und hält damit auch nicht hinterm Berg.

So wurde zum Beispiel ganz offen die CSU als Kooperation-Partner im Kreistag kritisiert. Denn die Freien Wähler fühlen sich zu wenig eingebunden und schlecht informiert. „Der Informationsfluss muss besser werden“, forderte der Dritte Landrat Josef Finkenzeller im Namen seiner FW-Fraktion unmissverständlich. Er erfahre manches erst aus der Zeitung oder gar nicht, monierte er. Absicht unterstelle er den Christsozialen dabei nicht. Zugleich aber teilte er mit, dass demnächst eine „General-Aussprache“ anstehe, bei der über die Kommunikation unter den Kooperations-Partnern zu reden sei. 

Deutliche Worte gab es von Josef Finkenzeller.

Als „Sauerei“ bezeichnete Finkenzeller die jüngsten Attacken von SPD-Kreischef Markus Käser in Richtung Landrat Martin Wolf (CSU). „Das ist kein politischer Stil mehr“, findet er. Wie berichtet, will Wolf einen frei gewordenen 50-Quadratmeter-Laden in bester City-Lage im Pfaffenhofener Rentamt – das dem Landkreis gehört – übergangsweise als Behördenbüros nutzen, was mit der Raumknappheit wegen der laufenden Generalsanierung des Landratsamts begründet wird. Das brachte Käser auf die Palme, weshalb er harsche Kritik an Wolf übte und ihn unter anderem aufforderte, er möge „zur Besinnung kommen“.

Solche Attacken seien nicht der Stil der Freien Wähler, befand Finkenzeller. Und er verstehe auch nicht, warum man aus 27 Quadratmetern – so groß ist der eigentliche Verkaufsraum des besagten Ladens – einen „Staatsakt“ mache. Auch Max Hechinger, Kreistags-Fraktionschef und Vize-Vorsitzender der FW-Kreisverbands, findet, dass da von Käser „arg scharf geschossen wurde“.

Andererseits will Hechinger nicht in Abrede stellen, dass die Giebel-Affäre am Landratsamt-Anbau wiederum von Seiten des Landkreises „nicht die glücklichste Entwicklung“ war. Bekanntlich hatte sich das Landratsamt selbst einen Giebel genehmigt, der gegen die vorgegebenen Abstandsflächen zum Nachbarn verstieß. Der Rest ist hinlänglich bekannt: Der Nachbar klagte, das Gericht stellte den Bau ein, im Landratsamt ignorierte man den Baustopp, was das Gericht empörte. Letztlich gab es einen Vergleich, der Giebel wurde abgerissen und durch eine Dachschräge ersetzt. Mehrkosten für den Landkreis, sprich Steuerzahler: rund 90 000 Euro. 

 

Der Noch-Kreisvorsitzende der Freien Wähler, Christian Dierl, bei seiner Ansprache.

Ums Geld geht es auch bei der Kreisumlage, die seit der Klausurtagung der Kreistags-Fraktionsspitzen am vergangenen Wochenende wieder verstärkt zum Thema wird. Um eine Erhöhung wird man wohl angesichts der finanziellen Herausforderungen nicht herumkommen. Die Sanierung des Landratsamts kostet 17 Millionen Euro, zur Sicherung der Ilmtalklinik hat der Kreistag in den nächsten Jahren unterm Strich fast die selbe Summe bereitgestellt. Und im Falle einer Klinik-Generalsanierung dürften auf den Landkreis wenigsten weitere fünf, vermutlich eher mindestens zehn Millionen Euro zukommen. 

Hechinger betonte aber auch, dass der Landkreis Pfaffenhofen mit aktuell 44,5 Punkten die zweitniedrigste Kreisumlage in ganz Oberbayern von seinen Gemeinden verlangt. Er könnte sich angesichts der bevorstehenden Investitionen mit einer „moderaten Erhöhung um 0,5 bis 1,0 Punkte“ anfreunden, signalisierte er. Zur Einordnung: Die Erhöhung um einen Punkt bringt dem Landkreis jährliche Mehreinnahmen in einer Größenordnung zwischen 800 000 und einer Million Euro.

Apropos Ilmtalklinik. Die Freien Wähler sehen eine Fusion der Krankenhäuser von Pfaffenhofen und Schrobenhausen – nach der Klausurtagung erstmals konkret als Möglichkeit thematisiert – derzeit eher skeptisch. Gespräche mit Schrobenhausen zu suchen, sei sicher nicht falsch, sagte Hechinger. Aber er mache sich Sorgen, dass man dem neuen Ilmtalklinik-Geschäftsführer Marcel John damit schon wieder eine neue Aufgabe in den Rucksack lege. Dabei müsse der erst einmal dafür sorgen, dass die bestehende Klinik-GmbH mit den Standorten Pfaffenhofen und Mainburg fit für die Zukunft gemacht wird. John bekam von Hechinger „sehr gute Arbeit“ attestiert. Und Hechinger glaubt auch daran, dass die Ilmtalklinik eine Chance für die Zukunft hat, wenn jetzt die richtigen Weichen gestellt werden. Es gehe jetzt um eine „Langfrist-Strategie“.

Herbert Nerb, Bürgermeister von Manching sowie Vize-Chef der FW-Kreistagsfraktion und des FW-Kreisverbands (links) mit Albert Gürtner, Vize-Bürgermeister von Pfaffenhofen und Schriftführer des FW-Kreisverbands.

Ähnlich äußerte sich Herbert Nerb, Bürgermeister von Manching, Vize-Fraktionschef der FW im Kreistag und Vize-Vorsitzender des FW-Kreisverbands. Gespräche seien immer in Ordnung, wollte auch er unterstreichen. „Aber mit Bedacht“, so sein Credo. An den Fusions-Gedanken müsse man „vorsichtig herangehen“, befand er und bestätigte damit die Argumentation von Hechinger. 

Der Noch-Kreisvorsitzende der Freien Wähler, Christian Dierl, bekräftigte noch einmal, dass er sein Amt offiziell zum Jahresende aufgeben werde. Er hatte sich nach den Kommunalwahlen vom März aus gesundheitlichen Gründen aus der Politik zurückgezogen, trat auch seine Mandate im Pfaffenhofener Kreistag und im Wolnzacher Gemeinderat nicht an. Den Kreisvorsitz hat er seither nur noch auf dem Papier inne, die Geschicke leiten die beiden Stellvertreter: Max Hechinger und Herbert Nerb. Eigentlich sollte bei der Kreisversammlung gestern turnusgemäß ein neuer Vorstand gewählt werden, doch das hat man – wie bereits berichtet – aufs Frühjahr vertagt. Als grobe Terminierung nannte Dierl den April. 

Grund für die Verschiebung: „Wir wollen uns ganz genau überlegen, wer neuer Kreisvorsitzender wird“, sagt Dierl. Dafür nehme man sich Zeit. „Genauigkeit geht vor Schnelligkeit“, zitierte er das Motto, das Hechinger gegenüber unserer Zeitung genannt hatte. Das sei „die absolut richtige Entscheidung“, findet auch Dierl. Denn man wolle keine kurzfristige, sondern eine mittel- bis langfristige Lösung, sagte er mit Verweis auf die jüngsten ungeplanten Wechsel an der Spitze des FW-Kreisverbands: Josef Schäch, Claudia Jung, nun Dierl selbst. 

Christian Dierl scheidet zum Jahresende als FW-Kreischef aus, das stellte er noch einmal klar.

„Keiner braucht Angst zu haben, dass wir führungslos sind“, versichert Dierl den Mitgliedern. „Wir haben einen funktionierenden Kreisvorstand“, sagte er mit anerkennendem Blick auf die beiden Stellvertreter, die seiner Meinung nach „ohne Probleme“ die Geschicke lenken. Dierl bot auch, weiterhin im (neuen) Kreisvorstand mitzuarbeiten. Aber den Posten des Vorsitzenden werde er definitiv aufgeben. In zwei Wochen werde er auch offiziell das Amt des Wolnzacher FW-Chefs niederlegen. 

Ausdrücklich widersprach Dierl angeblichen Gerüchten, wonach Hechinger für sein Ausscheiden mitverantwortlich sei. Der „Max“ habe damit überhaupt nichts zu tun, betonte er. „Im Gegenteil.“ Er habe schon ganz genau gewusst, worauf er sich als Kreisvorsitzender einlasse, versicherte Dierl – und niemand von den Freien Wählern könne etwas für seinen Burn-out. 

Dierls Rückblick auf das zu Ende gehende politische Jahr fiel kurz und erfreulich aus – detailliert hatte er sich bereits bei der jüngsten Kreisversammlung in Scheyern mit den Entwicklungen befasst. „Wir sind gut aufgestellt im Landkreis“, sagte er jetzt mit Fingerzeig auf die Ergebnisse bei den Kommunalwahlen, die errungenen Mandate und Bürgermeister-Posten. „Wir reden ein wichtiges Wörtchen mit in der Kommunalpolitik.“

Doch der scheidende Chef hat auch Anregungen. „Wir müssen uns breiter aufstellen“, sagt er und meint damit eine noch bessere Vernetzung der Freien Wähler in der Region 10. Es habe einige Treffen auf dieser Ebene gegeben, die sehr „fruchtbar“ gewesen seien. Er wolle sich deshalb dafür einsetzen, dass es weiterhin solche Zusammenkünfte gibt. „Wir haben ein Standing als Kreisverband Pfaffenhofen. Ich denke schon, dass man uns wahrnimmt“, so Dierl, der die „Sachlichkeit“ der FW-Politik als Stärke pries.

Positiv fiel auch der Kassenbericht von Josef Alter aus. „Ich meine, wir können mit dem Ausgang der Wahlen sehr zufrieden sei – und noch mehr zufrieden mit dem finanziellen Ausgang“, so sein Fazit. Rund 20 000 Euro habe der FW-Kreisverband trotz der Kosten für den Kreistags-Wahlkampf aktuell auf der Haben-Seite. 

Max Hechinger lobte die zehnköpfige FW-Kreistagsfraktion, der er vorsteht, als „tolle Truppe“. Das zeigte sich seiner Meinung nach nicht zuletzt daran, dass zu der gestrigen Versammlung alle zehn gekommen waren. „Freie Wähler werden gebraucht und übernehmen Verantwortung“, so Hechinger zum Selbstverständnis. Nur in einem Punkt musste er eventuelle Erwartungen dämpfen. Er sei gerne stellvertretender FW-Kreischef, aber für den Vorsitz stehe er nicht zur Verfügung, betonte er erneut. Es geht ihm nämlich um einen Generationswechsel. 

Den Angaben zufolge gibt es mehrere mögliche Kandidaten für die Nachfolge von Dierl. Es gehe – auch mit Blick auf die Landratswahl 2017 – darum, den bestmöglichen Kreisvorsitzenden zu finden. Das sei eine „verdammte Pflicht“, unterstrich Hechinger und machte dem potenziellen neuen Chef schon mal Lust auf die künftige Arbeit: „Er findet ein bestelltes Feld vor.“ Und die Stimmung sei gut. Wenn sich Freie Wähler treffen, sei das „eine Freude der Begegnung“, schwärmte Hechinger. „Kann ich dir helfen?“, heiße es da, und nicht: „Dir helf ich schon.“

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