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Wie Johann Vogel aus Ingolstadt mit 60 Jahren einen neuen Job als Straßenbauer gefunden hat – Gut jeder Dritte Arbeitslose in der Region ist über 50

(ty) Beim Blick auf seinen Ausweis ist man erst einmal erstaunt: Geburtsort London. Doch Johann Vogel klärt schnell auf. „Das war früher ein kleiner Ort in Sibirien, heute heißt es längst nicht mehr so“, lächelt er. Im Mai 1955 erblickte er also nicht in der britischen Metropole, sondern im wilden Osten Russlands das Licht der Welt. Beide Eltern sind deutscher Abstammung und so wurde auch Deutsch zu Hause gesprochen. Nach der Schule absolvierte er ein Hochbaustudium in Omsk und war dort fortan als Bauleiter und Polier beschäftigt. 

1994 zog es dann seine Eltern und Geschwister der Arbeit wegen nach Deutschland. Johann Vogel, verheiratet und Vater dreier Kinder, konnte sich zu diesem Zeitpunkt nicht dazu entschließen, ihnen zu folgen. „Ich hatte eine gute Arbeit und war zufrieden. Auch in Russland konnte man damals ganz gut leben“, erinnert er sich. Doch bald drängten die Kinder, ihnen eine aussichtsreichere Zukunft im Westen zu ermöglichen, und schließlich ließ er sich im Jahr 2003 davon überzeugen, sein Glück in Deutschland zu suchen. 

Zunächst wurde die Familie in Bad Neustadt an der Saale heimisch und Johann Vogel fand eine Tätigkeit als Pflasterer, die er über Jahre ausübte. Die Kinder, zwei Söhne und eine Tochter, hatten zwischenzeitlich beruflich und familiär bedingt das Elternhaus verlassen und so suchte der 2013 ohne Verschulden arbeitslos gewordene und nunmehr auch regional mobile Handwerker nach Alternativen: „Dass es in Ingolstadt und Umgebung einen hervorragenden Arbeitsmarkt gibt, spricht sich rum“, sagt Johann Vogel und zog deshalb im vergangenen Jahr mit seiner Gattin an die Donau.

Von der Ingolstädter Arbeitsagentur erfuhr Vogel dann in diesem Sommer, dass das Karlskroner Unternehmen Götz händeringend einen Straßenbauer sucht. Nach einer einwöchigen Probebeschäftigung Mitte Juni war dann für Inhaber Fritz Götz klar, dass er den fleißigen 60-Jährigen auf Dauer beschäftigen will: „Wir suchen insbesondere Personal mit Erfahrung“, sagt der Chef. „Johann bringt das mit – das spielt das Alter primär keine Rolle. Für mich gibt es kein Alt oder Jung, sondern nur geeignet und nicht geeignet.“ 

Und so bedient Johann Vogel den Straßenfertiger, wie die Asphaltierungsmaschine im Fachjargon heißt, kümmert sich um das exakte Schneiden der Kanten und zeichnet Schachtaussparungen an. Straßenbau-Trupps sind in Fünf- oder Sechs-Mann-Teams im Einsatz: „Jedes Team organisiert sich selbst und Johann bringt sich bestens ein“, lobt Götz seinen Mitarbeiter. Und wie gefällt dem die neue Aufgabe? „Arbeit ist Arbeit – schaffen musst Du überall“, erklärt der Senior im Team und lässt sich nicht länger von seinen Aufgaben abhalten.

Zum Ende August waren nach Angaben der Agentur Arbeit in der Region Ingolstadt 2006 Menschen arbeitslos gemeldet, die 50 Jahre und älter sind. Das entspricht mehr als einem Drittel aller arbeitslosen Personen. 23,7 Prozent der von Arbeitslosigkeit Betroffenen sind über 55 Jahre alt.

„Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und des zunehmenden Fachkräftebedarfs ist es für Unternehmen unverzichtbar, auf das Ältere und Erfahrene zu setzen. Wir sollten dieses Potential dringend besser nutzen“, sagt Peter Kundinger, Pressesprecher der Agentur für Arbeit Ingolstadt. Seine Behörde berate individuell und könne auch finanziell bei der Einarbeitung eines älteren Arbeitslosen unterstützen.


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