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Daten vom Deutschen Wetterdienst und Foto-Impressionen aus dem Landkreis Pfaffenhofen von Ludwig Schrätzenstaller.

(ty) Die Häufung viel zu milder Januar-Monate hält unterunterbrochen an, wie auch das neue Jahr gleich bestätigt. Der ursprüngliche Eismonat hat seinen Ruf als solcher verloren und erreichte auch heuer einen Platz auf der Liste der zehn wärmsten Januar-Monate seit 1881. Den dafür entscheidenden Anstoß lieferten die frühlingshaften Rekord-Temperaturen am Neujahrstag sowie die teils rekordmäßig milde und auch niederschlagsreiche erste Monats-Hälfte. Eine Temperatur-Anpassung auf das typische Januar-Niveau sowie damit einhergehende regionale Schneefälle sorgten in den letzten beiden Wochen für ein wenig Winter-Feeling, das schwerpunktmäßig im Bergland verspürt werden konnte. Der Winter legte im Januar 2023 aber nur ein kraftloses Gastspiel an den Tag, wie der Deutsche Wetterdienst (DWD) nach ersten Auswertungen der Ergebnisse seiner rund 2000 Mess-Stationen konstatiert.

Der Temperatur-Durchschnitt lag laut DWD-Angaben im zu Ende gegangenen Januar deutschlandweit bei 3,5 Grad Celsius und damit stolze 4,0 Grad über dem Wert der international gültigen Referenz-Periode von 1961 bis 1990. Im Hinblick auf die aktuelle und wärmere Vergleichs-Periode zwischen 1991 und 2020 betrug die Abweichung immer noch 2,6 Grad. Entsprechend lag das diesjährige Januar-Temperaturmittel auf dem Niveau eines typischen März-Monats (Periode 1961 bis 1990), berichten die Experten.

Außergewöhnlich waren nach Erkenntnissen des Deutschen Wetterdienstes auch die landesweiten frühlingshaften Rekord-Temperaturen am Neujahrstag. Den Spitzenwert präsentierte dabei laut DWD-Messung Freiburg am Oberrhein mit beinahe unglaublichen 19,5 Grad. Am 19. Januar wurde dagegen in Meßstetten auf der Schwäbischen Alb mit minus 16,8 Grad die niedrigste Temperatur im diesjährigen Januar erreicht, wie aus dem Januar-Bericht der Wetter-Fachleute hervorgeht.

Die milden und feuchten atlantischen Winde bescherten vor allem dem Westen eine regenreiche erste Monats-Hälfte. Am 12. Januar registrierte Wipperfürth-Gardeweg im westlichen Sauerland mit 71,9 Litern pro Quadratmeter (l/m²) die bundesweit höchste Tagessumme. "Insbesondere im Stau der Mittelgebirge erreichten die Januarmengen lokal über 200 l/m²", meldet der Deutsche Wetterdienst.

Erst in der zweiten Januar-Hälfte verwandelten sich laut DWD-Angaben die Niederschläge gebietsweise in Schnee, der dem Bergland auch bis Monatsende erhalten blieb. In der Fläche brachte der diesjährige Januar mit rund 67 Litern auf den Quadratmeter knapp zehn Prozent mehr Niederschlag als in der Referenz-Periode von 1961 bis 1990, für die 61 Liter pro Quadratmeter zu Buche stehen. Im Vergleich zur Periode von 1991 bis 2020 mit 65 Litern auf den Quadratmeter war die Niederschlagsmenge heuer in etwa ausgeglichen.

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Mit etwa 35 Stunden verfehlte die Sonnenschein-Dauer im Januar ihr Soll von 44 Stunden aus der Periode 1961 bis 1990 um fast 20 Prozent. Im Vergleich zur Periode von 1991 bis 2020 mit 52 Stunden betrug die negative Abweichung rund 35 Prozent. "Mit dem Nordsee-Umfeld und dem Bergland waren es die exponierten Lagen der Republik, die mit örtlich teils über 60 Stunden den meisten Sonnenschein verbuchen konnten", fasst der Deutsche Wetterdienst zusammen.

Der sonst so winterliche Freistaat erlebte in der ersten Monats-Hälfte eher frühlingshaftes Wetter. Am Neujahrstag erreichten die Temperaturen in Bayern vielerorts neue Januar-Rekorde. Im Alpenvorland stoppte das Quecksilber vereinzelt erst bei knapp über 18 Grad. In den letzten beiden Wochen wurde es merklich kälter und damit verbunden im Bergland sowie im Alpenvorland auch schneereicher. Mit einer Mitteltemperatur von 2,3 Grad und einem Flächenniederschlag von 42 Litern auf den Quadratmeter war Bayern heuer im Januar das kälteste und trockenste Bundesland. Zugleich war es mit 41 Stunden aber auch die sonnigste Region.

Die Seegfrörne – ein Jahrhundert-Phänomen

Auf ein Jahrhundert-Phänomen weist der DWD hin: Vor 60 Jahren konnte man auf dem Bodensee spazierengehen. Im Februar 1963 war das riesige Gewässer zuletzt vollständig zugefroren. Dieses Phänomen wird mit dem alemannischen Wort "Seegfrörne", oder auch "Seegfrörni", bezeichnet, was so viel bedeutet wie "See gefroren". Die Eisdecke war laut DWD damals so fest, dass Autos den direkten Weg über den Bodensee ans andere Ufer fahren konnten und dass der See für verschiedenste Aktivitäten von den Menschen vereinnahmt wurde. Mit dem Tauwetter Anfang/Mitte März 1963 endete dieses Naturschauspiel.

"Für das vollständige Zufrieren des größten Sees Deutschlands werden sehr kalte Monate im Voraus benötigt", erklären die Experten vom Deutschen Wetterdienst. Weitere Faktoren wie ein niedriger Wasserstand, fehlender Sonnenschein und geringe Windgeschwindigkeiten begünstigen nach Experten-Angaben die Ausgangslage. Eine erneute Seegfrörne werde durch die klimawandel-bedingt tendenziell milderen Winter immer unwahrscheinlicher – sie sei aber nicht ausgeschlossen.

Wie entsteht eine Seegfrörne? "Für eine Seegfrörne werden ein kühler Sommer und ein sehr kalter Winter mit langem Dauerfrost benötigt", wissen die DWD-Fachleute. Mit einem abgekühlten Bodensee und lang anhaltenden Frostperioden entstehe die erste Eisbildung im Untersee, die auf dem Überlinger See übergreife und zuletzt im Obersee die vollständige Seegfrörne abschließe. 1962/63 konnte laut DWD im Untersee eine Eisdecke bis zu einem Meter, im Überlinger See bis zu 30 Zentimeter und im Obersee bis zu 20 Zentimter gemessen werden.

Der Winter 1962/63 folgte damals auf einen relativ kühlen Sommer 1962. Geprägt war dieser Winter von großer Kälte und Dauerfrost. Im November 1962 begannen die ersten kurzen Frostphasen und ab Anfang Dezember entstand die erste Dauerfrost-Phase in Deutschland, erinnert der DWD. "Kalte Luft aus Osteuropa brachte in vielen Teilen von Deutschland zweistellige Minus-Grade. Nach zwei Wochen milder Luft mit frostfreiem Regenwetter Mitte Dezember setzte kurz vor dem Weihnachtsfest erneut ein strenger Dauerfrost in Mittel- und Süddeutschland ein."

Am Bodensee in Konstanz konnten mehrere Tage lang Tiefstwerte von minus 20 Grad und kälter gemessen werden, bei Tageshöchstwerten von minus zehn Grad. Zu Beginn des Jahres 1963 nahm der Frost durch milde Luft aus dem Mittelmeerraum kurzzeitig ab. Temperaturen von bis zu sechs Grad unterbrachen die Dauerfrost-Phase. "Durch arktische Kaltluft kehrte jedoch der Dauerfrost in ganz Deutschland ab dem 10. Januar zurück", erklären die Fachleute. Am Bodensee hielt dieser Frost vier Wochen lang an und erreichte selten tagsüber die Null-Grad-Grenze.

Die Seegfrörne ist laut DWD ein Jahrhundert-Ereignis, das sehr selten auftritt. Nach Überlieferungen haben die letzten vollständigen Seegfrörnen vor 1962/63 in den Jahren 1830 und 1880 stattgefunden. Durch den Klimawandel werde dieses seltene Naturphänomen unwahrscheinlicher. "Denn durch den Klimawandel ist schon heute ein Trend zu milderen Wintern in Deutschland sichtbar", so die Experten.

Mit Blick auf die Temperatur-Abweichungen im Vergleich zu dem internationalen Referenz-Zeitraum 1961 bis 1990, seien die Wintermonate Dezember, Januar und Februar in den letzten 20 Jahren überdurchschnittlich warm gewesen. Lediglich im Jahr 2010 seien alle drei Wintermonate kälter als die vieljährigen Monatsmittel gewesen. Die Häufigkeit von überdurchschnittlich sehr kalten Wintern nehme seit den 1990er Jahren sukzessive ab. Sehr kalte Wintermonate mit negativen Temperatur-Abweichungen von mehr als fünf Grad von den vieljährigen Monatsmitteln seien letztmals in den 1980er-Jahren aufgetreten.

Die Temperatur-Abweichungen zeigen nach DWD-Angaben einen Trend zu milderen Wintern auf, "jedoch können auch in Zukunft einzelne Jahre von diesem Trend abweichen". So bleibe zumindest eine kleine Chance für eine weitere vollständige Seegfrörne bestehen. Mit dem durchschnittlich milden Januar sei auch in dem aktuellen Winter jedoch ziemlich sicher keine weitere Seegfrörne zu erwarten, so die DWD-Experten.


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