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Das Nein beim Bürgerentscheid zum geplanten Windpark bedeutete von Anfang an nicht zwingend, dass keine Windräder kommen – und genau das könnte sich nun bewahrheiten. Beim Pfaffenhofener Landratsamt ist jedenfalls ein Antrag auf Vorbescheid für zwei Anlagen eingegangen. Was das bedeutet, lesen Sie hier. 

Von Tobias Zell  

Nach dem Bürgerentscheid vom Juli in Ilmmünster war die Freude der Windkraft-Gegner freilich groß: Die Mehrheit der 1168 Einwohner, die ihr Kreuzchen gemacht hatten, sprach sich gegen Windräder in ihrer Kommune aus. Dieses Votum hat den Stellenwert eines Gemeinderat-Beschlusses. Damit ist klar: Der geplante Windpark im Wittelsbacher Forst, der drei Anlagen umfasst hätte, wird nicht realisiert. Die Gemeinde wird den entsprechenden Bebauungsplan nicht aufstellen, das Vorhaben landet im Papierkorb. Und jetzt kommt das große Aber: Stand heute sieht es nämlich danach aus, als würden trotzdem zwei Windkraft-Anlagen in dem Gebiet gebaut. 

Denn so unmissverständlich der Bürgerentscheid  ausgefallen war und so groß der Jubel bei den Windkraft-Gegnern auch sein mochte – das Ergebnis bedeutete von Anfang an nicht zwingend, dass in der Gemeinde Ilmmünster überhaupt keine Windräder gebaut werden können. Darauf hatte unsere Zeitung bereits kurz nach dem Bürgerentscheid hingewiesen. Nein, das Ergebnis des Bürgerentscheids bedeutet nur, dass die Kommune nichts mehr dafür tun wird, dass Windräder gebaut werden. 

 

Doch für die Errichtung von Windrädern braucht es eben nicht zwingend einen vom Gemeinderat abgesegneten Bebauungsplan. Und genau dieser Fall könnte jetzt im Wittelsbacher Forst greifen. Wenn das im Raum stehende Vorhaben nämlich die rechtlichen Vorgaben erfüllt –nicht zuletzt die 10H-Regelung –, dann ist es vom Landratsamt als zuständige Behörde zu genehmigen. Und zwar ungeachtet des Bürgerentscheids. 

Der Projekt-Entwickler „Primus“ aus Regensburg, der schon den vom Bürgerbegehren ausgebremsten Windpark errichten wollte, hat jetzt einen Vorbescheid für zwei Windenergie-Anlagen im Wittelsbacher Forst beantragt. Das bestätigten der Ilmmünsterer Bürgermeister Anton Steinberger (CSU) und ein Sprecher des Landratsamts heute gegenüber unserer Zeitung. Es handelt sich zwar nicht um einen Bauantrag. Doch es soll konkret geprüft werden, welche Wohnbebauung gemäß dem Baugesetz für die Anwendung der 10H-Regelung relevant ist.

 

Zum Hintergrund: Die 19 Kommunen im Landkreis Pfaffenhofen haben bekanntlich gemeinsam eine so genannte Positiv-Planung für Windräder ausgearbeitet. Das heißt: Es wurden all jene Flächen im Landkreis-Gebiet exakt festgelegt, auf denen Anlagen möglich sind. „Die im sachlichen Teilflächennutzungsplan Windkraft festgelegten Konzentrationsflächen für die Windkraft-Nutzung bewirken, dass Windkraft-Anlagen im Außenbereich auf diesen Flächen verwirklicht werden müssen“, heißt es dazu aus dem Landratsamt. 

Eine dieser Konzentrationsflächen ist der gut 70 Hektar umfassende Wittelsbacher Forst bei Ilmmünster. Die Gemeinde wollte – auf Antrag von „Primus“ – einen Bebauungsplan aufstellen, um den Weg für einen Windpark in dem Waldgebiet zu bereiten. Zunächst waren vier Anlagen geplant, zuletzt ging es noch um drei. Der Bürgerentscheid hat nun aber zur Folge, dass der Gemeinderat diesen Bebauungsplan nicht aufstellt. Denn die Mehrheit der Ilmmünsterer will keine Windräder haben. Hier können Sie die Ergebnisse nachlesen.

 

Beim Bürgerentscheid obsiegten die Windpark-Gegner, doch nun könnte das böse Erwachen folgen.

Zwar ist ein Bürgerentscheid nur für ein Jahr bindend – doch es ist wohl eher nicht davon auszugehen, dass der Gemeinderat von sich aus nach Ablauf dieser Frist in absehbarer Zeit einen weiteren Anlauf starten wird. „Wir haben dieses klare Ergebnis als Demokraten zu akzeptieren“, hatte Bürgermeister Anton Steinberger (CSU) bereits damals erklärt. Sprich: Das Thema Bebauungsplan für Windräder in Ilmmünster ist kein Thema mehr.  

Aber man braucht eben nicht zwingend einen Bebauungsplan. Denn da ist ja noch die 10H-Regelung. Die legt bekanntlich fest, dass der Abstand von Windkraft-Anlagen zu Wohngebieten mindestens das Zehnfache der jeweiligen Windrad-Höhe betragen muss. Ist das erfüllt, geht es auch ohne Bebauungsplan. Auf Anfrage unserer Zeitung hieß es dazu bereits im Juli aus dem Landratsamt: „Windkraft-Anlagen, die einen Abstand von 10H zur maßgeblichen Bebauung einhalten, sind auch ohne Erlass eines gesonderten Bebauungsplans durch die Gemeinde als so genannte privilegierte Vorhaben im Außenbereich zulässig, sofern sie sich in einer Konzentrationsfläche für die Windkraft befinden.“

 

Doch damit nicht genug: Denn 10H gilt zwar für Wohngebiete, aber nicht für jedes einzelne Wohnanwesen. Dazu wurde von Seiten des Landratsamts erklärt: „Der Abstand von 10H muss im Hinblick auf einzelne Wohngebäude (Einzelgehöfte, Weiler), die planungsrechtlich als Außenbereich einzustufen sind, nicht eingehalten werden.“ Ungeachtet von 10H gelten aber freilich die üblichen immissionsschutz-rechtlichen Vorgaben. 

Bei der Frage, was als Außenbereich gilt, dreht man den Spieß am besten um. Ein Außenbereich im genannten Sinne liegt laut Kreisbehörde nicht vor, wenn die  Bebauung im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, im bauplanungsrechtlichen Innenbereich oder im Geltungsbereich einer so genannten Außenbereichssatzung liegt. „Bei Windkraft-Anlagen, die die 10H-Abstandsregelungen zu den genannten Wohngebäuden nicht einhalten, ist in der Regel ein gemeindlicher Bebauungsplan erforderlich, um deren Zulässigkeit zu ermöglichen“, heißt es zur Verdeutlichung.

 

Fasst man all das zusammen, so ist es also durchaus möglich, dass im Wittelsbacher Forst trotz des Neins beim Bürgerentscheid doch noch Windräder errichtet werden können. Das wäre mutmaßlich dann der Fall, wenn die Standorte der Anlagen in der besagten Positiv-Fläche liegen und wenn zudem die 10H-Regelung eingehalten wird. 

Die Einhaltung der 10H-Regelung könnte man zum Beispiel in der Praxis auch dadurch befördern, dass man die Windräder entsprechend günstig in der Konzentrationsfläche platziert und/oder die Höhe der Anlagen entsprechend geringer dimensioniert. Ob kleinere Windräder ausreichend wirtschaftlich sind, ist ein anderes Thema – das der Investor für sich selbst zu klären hat.

 

Die schwarzen Punkte markieren die drei ursprünglich geplanten Windrad-Standorte; beim Bürgerentscheid wurde diesem Windpark bekanntlich eine Absage erteilt. Nun stehen zwei Anlagen im Raum.

„Primus“ spielt jedenfalls nun offenbar mit dem Gedanken, zwei Windkraft-Anlagen im Wittelsbacher Forst zu errichten. Deshalb soll nun sozusagen abgecheckt werden, wie das in welchen Bereichen der Positiv-Fläche mit der 10H-Regelung aussieht. Der Hohenwarter Bürgermeister Manfred Russer (CSU), der federführend an der Positiv-Planung für den Landkreis beteiligt war und sie deshalb bestens kennt, erklärte heute gegenüber unserer Zeitung, dass nach seiner ersten Einschätzung ungefähr in der Mitte des Wittelsbacher Forsts ein zirka 17 Hektar umfassender Bereich liegt, auf dem unter Einhaltung der 10H-Regelung vermutlich Windräder mit einer Höhe von 150 bis 170 Meter errichtet werden könnten. 

Mutmaßlich hat „Primus“ genau das ins Auge gefasst. Und sollte sich Russers erste Einschätzung bestätigen, dann darf es als sehr wahrscheinlich angesehen werden, dass das Regensburger Unternehmen auch versuchen wird, hier die Genehmigung für zwei Windräder zu erhalten. Im Landratsamt beginnen dieser Tage die Prüfungen im Zusammenhang mit dem eingegangenen Antrag auf Vorbescheid, wie heute ein Behördensprecher erklärte.

 

Sollte sich das Vorhaben konkretisieren, dann könnte es für die Ilmmünsterer Windkraft-Gegner noch ein böses Erwachen geben. Denn wenn die anvisierten Windrad-Standorte in der Positiv-Fläche liegen und die 10H-Regelung einhalten, „dann wäre die Planungshoheit der Gemeinde nicht berührt“, verdeutlicht ein Landratsamt-Sprecher. Anders gesagt: Die Kommune hat dann wenig bis gar nichts zu melden – und die Kreisbehörde müsste nach geltendem Recht entscheiden. Und geltendes Recht bedeutet: Der Antrag-Steller hat einen Anspruch auf Genehmigung, wenn alle Vorgaben erfüllt sind. 

Die Gemeinde Ilmmünster würde im Rahmen des Verfahrens zwar angehört werden. Und Bürgermeister Steinberger geht davon aus, dass sich sein Gemeinderat dem Ergebnis des Bürgerentscheids verpflichtet sieht und deshalb eine negative Stellungnahme abgeben würde. Doch eine Rolle spielen dürfte das nicht. Denn wenn rechtlich nichts gegen die Windräder spricht, dann hat das Landratsamt die Genehmigung zu erteilen.

 

Sollte das so kommen, hätte das Ganze wohl nicht nur die Enttäuschung der Windkraft-Gegner zur Folge, sondern obendrein noch einen faden Beigeschmack: Denn dann kassiert wohl nur der auswärtige Investor. Bei dem vom Bürgerentscheid ausgebremsten, ursprünglichen Vorhaben hätten dagegen die hiesigen Bürger mitverdient. Denn die Pfaffenhofener Bürgerenergie-Genossenschaft (BEG) wollte den eigentlich geplanten Windpark nach Fertigstellung übernehmen – und die Bürger hätten Anteile erwerben sowie damit am Ertrag teilhaben können.

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