Der tote Bub "lag vermutlich mehrere Wochen im Wasser", erklärt ein Polizei-Sprecher im umfangreichen Gespräch mit unserer Redaktion.
Von Tobias Zell
Am 19. Mai war in der Donau bei Großmehring, zwischen den Staustufen Ingolstadt und Vohburg, die verpackte Leiche eines vier bis sechs Jahre alten Buben gefunden worden. Seitdem laufen intensive Ermittlungen der Kripo, die in alle Richtungen geführt werden – auch ein Tötungs-Delikt wird nach wie vor nicht ausgeschlossen. "Der Leichnam lag vermutlich mehrere Wochen im Wasser", erklärte jetzt das Polizeipräsidium Oberbayern-Nord gegenüber unserer Zeitung. Weitere rechtsmedizinische Untersuchungen laufen noch, sollen weitere Erkenntnisse liefern. Die Identität des Jungen und die Todes-Umstände sind weiterhin unklar. Auch auf weitere wichtige Fragen gibt es noch keine Antwort. Wie ist der aktuelle Stand der Ermittlungen in diesem Aufsehen erregenden Fall? Im umfangreichen Interview mit unserer Redaktion klärt ein Polizei-Sprecher darüber auf und fasst zusammen.
Nach dem Fund einer verpackten Kinder-Leiche in der Donau zwischen Großmehring und Vohburg laufen die Ermittlungen, wie mehrfach erklärt wurde, auf Hochtouren. Es wurde eine Ermittlungs-Gruppe namens Fluvis gebildet. Wie viele Personen umfasst diese Ermittlungs-Gruppe derzeit? Sind das alles Polizisten? Was kann man sich unter "Ermittlungen laufen auf Hochtouren" konkret vorstellen?
"Die Ermittlungs-Gruppe Fluvius setzt sich im Kern aus neun Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamten zusammen, die sich intensiv mit diesem Fall beschäftigen und alle erforderlichen Maßnahmen durchführen beziehungsweise veranlassen, um diesen zu klären. Hinzu kommen jeweils bedarfsweise Spezialisten von anderen Fachdienststellen und Behörden. Zu nennen wäre hier beispielsweise das bayerische Landeskriminalamt (LKA). Im Rahmen der Absuchen an und in der Donau waren in der Spitze bis zu 45 Polizeibeamtinnen und -beamte im Einsatz. Zusätzlich wurde die Polizei von Kräften anderer Einsatz-Organisationen wie der Feuerwehr Ingolstadt und dem Technischen Hilfswerk Ingolstadt unterstützt."
Wie und womit war der Leichnam verpackt, als er von dem Kanu-Fahrer entdeckt wurde?
"Es ist richtig, dass der Leichnam des Jungen zum Zeitpunkt der Auffindung verpackt war. Nähere Angaben hierzu können aus ermittlungs-taktischen Gründen nicht öffentlich gemacht werden, da es sich bei diesen Einzelheiten um Täterwissen handelt."
Zunächst war nicht einmal klar, dass es sich um menschliche Überreste handelt. Bald wurde unter Berufung auf rechtsmedizinische Untersuchungen gemeldet, dass es sich um einen Buben handelt, der vier bis sechs Jahre alt wurde. Gibt es dazu mittlerweile nähere Erkenntnisse?
"Die Obduktion des Leichnams wurde am Institut für Rechtsmedizin in München am 20. Mai 2022, dem Tag nach der Auffindung, durchgeführt. Diese erfolgte priorisiert und schnellstmöglich. Neben der Bestimmung des Geschlechts gelang es seitens der Rechtsmedizin auch, das Alter des Jungen einzugrenzen. Der Leichnam lag vermutlich mehrere Wochen im Wasser. Weitere Erkenntnisse, beispielsweise zur Herkunft des Buben, liegen derzeit nicht vor. Die rechtsmedizinischen Untersuchungen sind noch nicht abgeschlossen."
Wichtig für die Ermittler war es von Anfang an, die Identität des Kindes zu klären. Gibt es dazu schon konkrete Erkenntnisse? Ist die Identität des Buben mittlerweile geklärt?
"Zur Identität des Jungen gibt es bislang keine Erkenntnisse."
In diesem Zusammenhang werden aktenkundige Vermissten-Fälle aus ganz Deutschland und aus dem benachbarten Ausland überprüft. In der Region, so wurde erklärt, gibt es jedenfalls keinen entsprechenden Fall. Ist das korrekt?
"Es ist richtig, dass es im Bereich des Polizeipräsidiums Oberbayern-Nord derzeit keinen polizeibekannten Vermissten-Fall gibt, der mit dem Leichenfund in Verbindung gebracht werden kann. Nach wie vor werden Fälle von Vermissten bayern- und bundesweit abgeklärt. Hinzu kommen Anfragen an ausländische Behörden. Hier ist unter anderem auch Europol eingebunden."
Zunächst war gemeldet worden, dass bei 16 offenen Vermissten-Fällen in ganz Bayern, die für diesen Fall bedeutsam sein könnten, die näheren Umstände des Verschwindens und mögliche Zusammenhänge geprüft werden. Mittlerweile wurde ergänzt, dass diese 16 auf neun möglicherweise relevante Fälle eingegrenzt werden konnten. Gibt es dazu neuere Informationen? Wie ist der Stand bei der Überprüfung von Vermissten-Fällen aus anderen Bundesländern? Wie schreitet die Überprüfung der Vermissten-Fälle aus dem benachbarten Ausland voran? Gibt es hier schon konkrete Erkenntnisse?
"Zu den neun bayerischen Fällen, deren Prüfung noch andauert, gibt es derzeit keine neuen Informationen. Zu gestellten Anfragen stehen teilweise noch Rückmeldungen aus, die notwendig sind, um den jeweiligen Fall bewerten zu können. Ergebnisse, die sich aufgrund von Datenbank-Abfragen im In- und Ausland ergeben haben, müssen im Hinblick auf den Leichenfund in der Donau geprüft und im Anschluss, zumindest teilweise, auch einzeln mit den zuständigen Dienststellen abgeglichen werden. "
Inwieweit kann man bis dato eingrenzen, wo der verpackte Leichnam in die Donau gelangt war? Wo genau wurde er dann gefunden?
"Im Moment kann nur der Auffindeort in der Donau mit Sicherheit bestimmt werden. Dieser befindet sich auf Höhe Großmehring zwischen den Staustufen Ingolstadt und Vohburg. Expertisen beziehungsweise Gutachten, die den Ort der Einbringung – beispielsweise durch Berücksichtigung von Strömungs-Geschwindigkeiten oder Wasserständen – eingrenzen, stehen noch aus."
Mehrfach wurde erklärt, dass weitere rechtsmedizinische Untersuchungen laufen. Haben sich daraus mittlerweile weitere konkrete Erkenntnisse ergeben, etwa zu den Todes-Umständen und zur Todes-Ursache? Wann, wie, wo und woran starb der Bub? Gibt es dazu mittlerweile nähere Erkenntnisse? Wann, wo, wie und warum gelangte die Leiche ins Wasser? Auch diese Fragen gilt es letztlich zu klären. Gibt es diesbezüglich schon Erkenntnisse?
"Bislang haben sich zu diesen Fragen keine neuen Erkenntnisse ergeben."
Immer wieder wurde mitgeteilt, dass die Ermittlungen in alle Richtungen laufen und dass ein Tötungs-Delikt nicht ausgeschlossen wird. Gilt das immer noch? Und ganz einfach gefragt: Wegen was wird in diesem Fall eigentlich derzeit ermittelt?
"Ja, das gilt immer noch. Da die Ursachen, die zum Tode des Jungen geführt haben, noch nicht feststehen, wird seitens der Ermittler in alle Richtungen gedacht. Ziele dabei sind, die Umstände des Todes, aber auch die Identität des Jungen herauszufinden. Seit Beginn der Ermittlungen werden die kriminalpolizeilichen Maßnahmen so weitreichend getroffen, dass diese beweiskräftig in jede Art von Ermittlungs-Verfahren eingebracht werden können. Die Tatsache, dass die Todes-Ursache des Kindes noch nicht feststeht, hemmt dabei nicht Art und Umfang der von der Kriminalpolizei zu treffenden Maßnahmen."
Wie viele Hinweise aus der Bevölkerung sind bisher eingegangen? Haben sich daraus konkrete Ermittlungs-Ansätze oder gar eine heiße Spur ergeben?
"Bislang gingen rund 40 Hinweise aus der Bevölkerung bei der Kriminalpolizei-Inspektion Ingolstadt ein. Die Überprüfung dieser dauert zum Teil noch an. Im Moment zeichnet sich aus diesen Mitteilungen kein Durchbruch und damit keine heiße Spur für die Ermittlungen ab."
Nach wie vor wird um Hinweise aus der Bevölkerung gebeten. Worauf kommt es den Ermittlern da besonders an?
"Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass insbesondere Spaziergänger, Wassersportler, Angler oder Radfahrer im Bereich der Donau Beobachtungen gemacht haben, die mit diesem Fall in Zusammenhang stehen, wenden sich die Ermittler unter anderem auch an diesen Personenkreis: Wer hat seit Beginn des Frühjahrs im Bereich der Donau zwischen den Staustufen Ingolstadt und Vohburg Wahrnehmungen gemacht, die für die Ermittler von Bedeutung sein könnten? Zu denken wäre hier an auffällige Fahrzeuge am Ufer, Boote aber auch Personen, die sich beispielsweise auf Brücken verdächtig verhalten haben." Hinweise werden bei der Kripo in Ingolstadt unter der Rufnummer (08 41) 93 43 - 0 sowie von jeder anderen Polizei-Dienststelle entgegengenommen.
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