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Trotz des Neins beim Bürgerentscheid könnten Windräder kommen: Eine der beiden von Primus anvisierten Anlagen ist ohnehin 10H-konform, die zweite müsste wohl nur etwas niedriger werden.

Von Tobias Zell 

Eine der beiden im Gemeindegebiet von Ilmmünster geplanten Windkraft-Anlagen ist nicht gesetzeskonform. Das teilte das Pfaffenhofener Landratsamt nach intensiver Prüfung heute mit. Bei dem 170 Meter hohen Windrad sei die so genannte 10H-Regel nicht eingehalten. „Der Mindestabstand zu einem Grundstück in Entrischenbrunn ist nicht gegeben“, wird dazu aus der Kreisbehörde erklärt. Das zweite geplante Windrad, das 150 Meter hoch werden soll, entspreche dagegen der 10H-Regel. 

Dieses Ergebnis hat die zuständige Abteilung Immissionsschutz am Landratsamt dem Antragsteller „Primus“ jetzt nach eigenen Angaben mitgeteilt. Ferner sei von Seiten der Kreisbehörde nachgefragt worden, ob der Antrag für den Vorbescheid von Primus angesichts dieses Ergebnisses aufrechterhalten, neu geplant oder zurückgenommen werde. Auf jeden Fall kann laut Landratsamts nicht in Aussicht gestellt werden, dass der vorliegende Antrag in der gestellten Fassung „im Paket“ genehmigt wird.

Hintergrund: Das Landratsamt hat in einem immissionsschutzrechtlichen (Vor-)Verfahren zu entscheiden, ob die beiden beantragten Windräder im Wittelsbacher Forst bei Ilmmünster nach der bayerischen 10H-Regel bauplanungsrechtlich im Außenbereich privilegiert sind. Dazu hatte der Antragsteller einen so genannten Vorbescheid beantragt, in dem diese Teilfrage eines gegebenenfalls späteren immissionsschutzrechtlichen Verfahrens vorab geklärt wird. 

Für „Primus“ bedeutet das nun zwar, dass man sich von dem geplanten kleinen Windpark in dieser konkreten Form verabschieden muss. Man könnte aber zum Beispiel an der 10H-konformen Anlage festhalten und auf die zweite verzichten. Oder man ändert den Standort beziehungsweise die Höhe des zweiten anvisierten Windrads so, dass 10H erfüllt ist. Bei „Primus“ in Regensburg will man nun die Möglichkeiten prüfen, wie auf Anfrage unserer Zeitung erklärt wurde. Fakt ist jedenfalls: Es ist nach wie vor denkbar, dass im Wittelsbacher Forst Windräder errichtet werden. 

In der Gemeinde Ilmmünster waren die Bürger, wie berichtet, bereits im Juli zur Abstimmung in Sachen Windkraft-Anlagen aufgerufen. Sie sprachen sich dabei mehrheitlich gegen Windräder in ihrer Kommune aus. Hintergrund waren drei geplante Anlagen im Wittelsbacher Forst. Dieses Bürger-Votum hat den Stellenwert eines Gemeinderat-Beschlusses. Damit ist klar: Der geplante Windpark wird nicht realisiert: Die Gemeinde stellt den entsprechenden Bebauungsplan nicht auf, das Vorhaben landete im Papierkorb. Doch jetzt kommt das große Aber. 

Denn so unmissverständlich der Bürgerentscheid  ausgefallen war und so groß der Jubel bei den Windkraft-Gegnern auch sein mochte – das Ergebnis bedeutete von Anfang an nicht zwingend, dass in der Gemeinde Ilmmünster überhaupt keine Windräder gebaut werden können. Darauf hatte unsere Zeitung bereits kurz nach dem Bürgerentscheid hingewiesen. Nein, das Ergebnis des Bürgerentscheids bedeutet nur, dass die Kommune nichts mehr dafür tun wird, dass Windräder gebaut werden. 

 

Doch für die Errichtung von Windrädern braucht es eben nicht zwingend einen vom Gemeinderat abgesegneten Bebauungsplan. Und genau dieser Fall könnte jetzt im Wittelsbacher Forst greifen. Wenn das im Raum stehende Vorhaben nämlich die rechtlichen Vorgaben erfüllt – nicht zuletzt die 10H-Regelung –, dann ist es vom Landratsamt als zuständige Behörde zu genehmigen. Und zwar ungeachtet des Bürgerentscheids.  

Der Projekt-Entwickler „Primus“ aus Regensburg, der schon den vom Bürgerbegehren ausgebremsten Windpark errichten wollte, hatte nun bekanntlich einen Vorbescheid für zwei Windenergie-Anlagen im Wittelsbacher Forst beantragt. Es handelte sich dabei zwar noch nicht um einen Bauantrag. Doch es sollte konkret geprüft werden, welche Wohnbebauung gemäß dem Baugesetz für die Anwendung der 10H-Regelung relevant ist.

Nochmal zum Hintergrund: Die 19 Kommunen im Landkreis Pfaffenhofen haben gemeinsam die genannte Positiv-Planung für Windräder ausgearbeitet. Das heißt: Es wurden all jene Flächen im Landkreis-Gebiet exakt festgelegt, auf denen Anlagen möglich sind. „Die im sachlichen Teilflächennutzungsplan Windkraft festgelegten Konzentrationsflächen für die Windkraft-Nutzung bewirken, dass Windkraft-Anlagen im Außenbereich auf diesen Flächen verwirklicht werden müssen“, heißt es dazu aus dem Landratsamt.  

Eine dieser Konzentrationsflächen ist der gut 70 Hektar umfassende Wittelsbacher Forst bei Ilmmünster. Die Gemeinde wollte – auf Antrag von „Primus“ – einen Bebauungsplan aufstellen, um den Weg für einen Windpark in dem Waldgebiet zu bereiten. Zunächst waren vier Anlagen geplant, zuletzt ging es noch um drei. Der Bürgerentscheid hatte aber zur Folge, dass der Gemeinderat diesen Bebauungsplan nicht aufstellt. Denn die Mehrheit der Ilmmünsterer will – das ergab der Bürgerentscheid – keine Windräder haben.

Zwar ist ein Bürgerentscheid nur für ein Jahr bindend – doch es ist eher nicht davon auszugehen, dass der Gemeinderat von sich aus nach Ablauf dieser Frist in absehbarer Zeit einen weiteren Anlauf starten wird. „Wir haben dieses klare Ergebnis als Demokraten zu akzeptieren“, hatte Bürgermeister Anton Steinberger (CSU) bereits damals erklärt. Sprich: Das Thema Bebauungsplan für Windräder in Ilmmünster ist kein Thema mehr.   

Aber es ist nicht zwingend ein Bebauungsplan vonnöten. Denn da ist ja noch die 10H-Regelung. Die legt bekanntlich fest, dass der Abstand von Windkraft-Anlagen zu Wohngebieten mindestens das Zehnfache der jeweiligen Windrad-Höhe betragen muss. Ist das erfüllt, geht es auch ohne Bebauungsplan. Auf Anfrage unserer Zeitung hieß es dazu bereits im Juli aus dem Landratsamt: „Windkraft-Anlagen, die einen Abstand von 10H zur maßgeblichen Bebauung einhalten, sind auch ohne Erlass eines gesonderten Bebauungsplans durch die Gemeinde als so genannte privilegierte Vorhaben im Außenbereich zulässig, sofern sie sich in einer Konzentrationsfläche für die Windkraft befinden.“

 

Doch damit nicht genug: Denn 10H gilt zwar für Wohngebiete, aber nicht für jedes einzelne Wohnanwesen. Dazu wurde von Seiten des Landratsamts erklärt: „Der Abstand von 10H muss im Hinblick auf einzelne Wohngebäude (Einzelgehöfte, Weiler), die planungsrechtlich als Außenbereich einzustufen sind, nicht eingehalten werden.“ Ungeachtet von 10H gelten aber freilich die üblichen immissionsschutz-rechtlichen Vorgaben.  

Bei der Frage, was als Außenbereich gilt, dreht man den Spieß am besten um. Ein Außenbereich im genannten Sinne liegt laut Kreisbehörde nicht vor, wenn die  Bebauung im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, im bauplanungsrechtlichen Innenbereich oder im Geltungsbereich einer so genannten Außenbereichssatzung liegt. „Bei Windkraft-Anlagen, die die 10H-Abstandsregelungen zu den genannten Wohngebäuden nicht einhalten, ist in der Regel ein gemeindlicher Bebauungsplan erforderlich, um deren Zulässigkeit zu ermöglichen“, heißt es zur Verdeutlichung.

Fasst man all das zusammen, so ist es also durchaus möglich, dass im Wittelsbacher Forst trotz des Neins beim Bürgerentscheid doch noch Windräder errichtet werden können. Das wäre mutmaßlich dann der Fall, wenn die Standorte der Anlagen in der besagten Positiv-Fläche liegen und wenn zudem die 10H-Regelung eingehalten wird. 

Die Prüfung des Landratsamts für die zwei geplanten Windräder hat nun also ergeben, dass die 150 Meter hohe Anlage die 10H-Regelung erfüllt, während selbiges für das angedachte 170-Meter-Windrad nicht der Fall ist. Die Einhaltung der 10H-Regelung könnte man zum Beispiel in der Praxis dadurch befördern, dass man das nicht 10H-konforme Windrad anders in der Konzentrationsfläche platziert und/oder die Höhe der Anlage entsprechend geringer wählt. 

Ob das dann noch wirtschaftlich ist, wäre wieder ein anderes Thema – das der Investor für sich selbst zu entscheiden hat. Weil das 170-Meter-Windrad laut Landratsamt nur die 10H-Regelung zu einem einzigen Grundstück nicht einhält, scheint es wahrscheinlich, dass eine Höhenreduzierung dieser Anlage die Lösung für „Primus“ sein könnte. Würde man dieses Windrad statt 170 Meter nur 150 Meter hoch bauen, reduziert sich freilich auf Basis der 10H-Regelung der geforderte Abstand um immerhin 200 Meter. All das dürfte nun bei „Primus“ intern diskutiert und abgewogen werden. Ohne ins Details zu gehen, bestätigte man bei dem Regensburger Firma heute, dass man nun das weitere Vorgehen prüfe. 

Fest steht jedenfalls: Sollte sich das Vorhaben weiter konkretisieren, dann könnte es für die Ilmmünsterer Windkraft-Gegner noch ein böses Erwachen geben. Denn wenn die anvisierten Windrad-Standorte in der Positiv-Fläche liegen und die 10H-Regelung einhalten, „dann wäre die Planungshoheit der Gemeinde nicht berührt“, verdeutlicht ein Landratsamt-Sprecher. Anders gesagt: Die Kommune hat dann wenig bis gar nichts zu melden – und die Kreisbehörde müsste nach geltendem Recht entscheiden. Geltendes Recht bedeutet: Der Antrag-Steller hat einen Anspruch auf Genehmigung, wenn alle Vorgaben erfüllt sind. 

 

Die Gemeinde Ilmmünster würde im Rahmen des Verfahrens dann zwar angehört. Und Bürgermeister Steinberger geht auch davon aus, dass sich sein Gemeinderat dem Ergebnis des Bürgerentscheids verpflichtet sieht und deshalb eine negative Stellungnahme abgeben würde. Doch eine Rolle spielen dürfte das nicht. Denn wenn rechtlich nichts gegen die Windräder spricht, dann hat das Landratsamt die Genehmigung zu erteilen. 

Sollte das tatsächlich so kommen und „Primus“ errichtet im Wittelsbacher Forst zwei Windkraft-Anlagen, dann hätte das vermutlich nicht nur die herbe Enttäuschung der Windkraft-Gegner zur Folge, sondern obendrein noch einen faden Beigeschmack: Denn dann kassiert wohl nur der auswärtige Investor. Bei dem vom Bürgerentscheid ausgebremsten, ursprünglichen Vorhaben hätten dagegen die hiesigen Bürger mitverdient. Denn die Pfaffenhofener Bürgerenergie-Genossenschaft (BEG) wollte den eigentlich geplanten Windpark ja nach der Fertigstellung von „Primus“ übernehmen – und die Bürger hätten Anteile erwerben sowie damit am Ertrag teilhaben können. 

Bisherige Beiträge zum Thema:

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