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Alles in allem sollen heuer 7,5 Millionen Euro fehlen – Dennoch: Was den laufenden Betrieb angeht, sieht man die Kehrtwende eingeleitet 

Von Tobias Zell 

Die Ilmtalklinik-GmbH mit ihren beiden Krankenhäusern in Pfaffenhofen und Mainburg steuert heuer offenbar auf ein Rekord-Minus zu. Nach Informationen unserer Zeitung wird intern mit einem Jahresfehlbetrag in einer Größenordnung um 7,5 Millionen Euro gerechnet. Offiziell sind keine konkreten Zahlen zu erfahren. Sowohl Klinik-Sprecherin Bianca Frömer als auch der Pfaffenhofener Landrat Martin Wolf (CSU), zugleich Vorsitzender des Aufsichtsrats, winkten auf Anfrage ab. Man wolle „keine Detailgrößen nennen“, sagte Wolf. Von Seiten der Klinik-GmbH räumt man aber ein: „Das prognostizierte Jahresergebnis 2016 musste im September nach unten korrigiert werden.“ Trotzdem sieht man die Kehrtwende eingeleitet. Aber der Reihe nach. 

Die Alarmglocken schrillten

Fest steht: Auch in diesem Jahr werden die beiden Krankenhäuser wieder tiefrote Zahlen schreiben. Auszugleichen haben dieses Defizit – wie gehabt – die beiden Gesellschafter, die Landkreise Pfaffenhofen (85 Prozent) und Kelheim (15 Prozent), entsprechend ihrer Anteile. Nachdem heuer bekannt geworden war, dass aus dem laufenden Betrieb im vergangenen Jahr ein Minus von gut 5,1 Millionen Euro zu Buche stand, schrillten bekanntlich die Alarmglocken. Das renommierte Beratungsunternehmen „Ernst & Young“ wurde engagiert, um ein Gutachten zu erstellen. Das soll nun unter der Regie von Interims-Geschäftsführer Ingo Goldammer sowie unter Begleitung der Experten von „Ernst & Young“ umgesetzt werden.

 

Das Gutachten nährte die begründete Hoffnung, dass der Patient Ilmtalklinik-GmbH erfolgreich operiert werden kann. Denn die Fachleute von „Ernst & Young“ waren in ihrer 90-seitigen Expertise zu der Einschätzung gelangt, dass es ein beachtliches finanzielles Potenzial zu heben gibt. Ihrer Ansicht nach lässt sich das Ergebnis der Klinik-GmbH aus dem laufenden Geschäftsbetrieb nämlich bis zum Jahr 2019 schrittweise um 4,1 Millionen Euro per anno verbessern. Will sagen: Die beiden Kliniken würden dann nur mehr ungefähr eine Million Euro im Jahr Minus machen. 

"Kulturwende einleiten"

Goldammer nahm im August seine Arbeit auf, er soll übergangsweise für etwa neun Monate das Ruder in der Hand halten. Während er nun als Übergangs-Geschäftsführer verantwortlich zeichnet und die Wende federführend befehligen soll, stehen ihm zwei Berater von „Ernst & Young“ rund sechs Monate lang zur Seite. Man sei nämlich zu der Erkenntnis gelangt, dass ein einzelner Geschäftsführer es kaum schaffen könne, das Tagesgeschäft abzuwickeln und zudem eine „Kulturwende einzuleiten“, hatte Wolf erklärt.

 

Nun zeigt sich aber offenbar, dass sich die ersehnte Wende nicht so schnell in Zahlen niederschlägt, wie mancher vielleicht gehofft hatte. „Das prognostizierte Jahresergebnis 2016 musste im September nach unten korrigiert werden“, wurde unserer Zeitung aus der Klinik-GmbH bestätigt. Als Gründe für diese Abweichung werden „erhöhte Kosten für das Wachstum der Abteilungen Innere Medizin und Akutgeriatrie“ sowie „eine notwendige Erhöhung der Kapazität der Intensivstation“ und „die Gutachtenkosten“ genannt. Zugleich wird aus der Klinik-Chefetage aber erklärt, man gehe davon aus, dass sich das reine operative Ergebnis heuer im Vergleich zum Vorjahr „leicht verbessert“. Um das gedanklich unter einen Hut zu bringen, muss man genauer hinschauen und ein bisschen mit den Zahlen jonglieren. 

Wirtschaftsplan skeptisch betrachtet

Nach dem Defizit aus dem laufenden Betrieb in Höhe von 5,1 Millionen Euro im vergangenen Jahr sah der – noch unter Ex-Geschäftsführer Marcel John – vorgelegte Wirtschaftsplan nach Informationen unserer Zeitung für heuer nur mehr ein Minus von etwa 4,6 Millionen Euro vor. Was eine deutliche Verbesserung bedeutet hätte. Allerdings wird hinter vorgehaltener Hand kolportiert, dass diese Prognose schon bei ihrer Vorstellung von Insidern stark in Frage gestellt worden sei.

 

Diese skeptischen Stimmen scheinen nun Recht zu behalten. Denn bei der Klinik-GmbH erwartet man nach aktuellem Stand der Dinge für heuer jetzt nur mehr eine leichte Verbesserung im Vergleich zu den 5,1 Millionen vom Vorjahr. Und das wird sogar als Erfolg verkauft: „Das ist eine erste gute Nachricht“, heißt es dazu wörtlich. Landrat Wolf formuliert es indes vorsichtiger. Eine Verbesserung werde erhofft und sei gewünscht, sagte er auf Anfrage. Nach Informationen unserer Zeitung steht ein erwartetes Defizit aus dem reinen laufenden Betrieb von knapp über fünf Millionen Euro im Raum – was kaum mehr als eine symbolische Verbesserung wäre. 

"Sondereffekte"

Allerdings lässt sich diese Verbesserung auch nur dann als solche ausweisen, wenn man neben den Kosten für den Brandschutz vor allem auch die Ausgaben für das Gutachten beziehungsweise für „Ernst & Young“ außen vor lässt. Denn diese beiden Posten – in der Klinik-GmbH spricht man von „Sondereffekten“ – summieren sich nach Informationen unserer Zeitung auf rund 2,5 Millionen Euro. Was sich dann mit dem erwarteten Defizit aus dem laufenden Betrieb von um die fünf Millionen Euro eben auf einen Jahresfehlbetrag von etwa 7,5 Millionen Euro addieren würde. Dem Vernehmen nach verbergen sich hinter den besagten „Sondereffekten“ von 2,5 Millionen Euro knapp zwei Millionen Euro für Brandschutz-Maßnahmen; der Rest wären somit Kosten für Gutachten und externe Experten.

Ingo Goldammer, Interims-Geschäftsführer der Ilmtalklinik-GmbH.  

„Für mich ist wichtig, dass das medizinische Angebot voll bestehen geblieben ist“, betont Landrat Wolf. Er unterstreicht die Leistungsfähigkeit aller Abteilungen für die Patienten.  Kritische Stimmen, wonach die angestrebte Umstrukturierung und vor allem die finanzielle Sanierung zu langsam anlaufen, will Wolf nicht unterschreiben. „Ich stellte fest, dass alle mitziehen“, sagt er. 

Aus der Klinik-Führung heißt es auf Anfrage, dass die betriebswirtschaftliche Sanierung mit dem Start von 16 Projektgruppen begonnen habe. Diese „arbeiten mit Unterstützung der Beratungsgesellschaft ,Ernst & Young’ an der kurz- bis mittelfristigen Verbesserung der Leistungen, Kosten und Prozesse“, wird dazu erklärt. „Erste Erfolge sind sichtbar, der Negativtrend gestoppt und die Kehrtwende eingeleitet“, proklamiert Interims-Geschäftsführer Goldammer. Trotzdem geht das manchem Insider zu langsam. „Es müsste schneller gehen, wir haben nicht so viel Zeit“, sagte uns einer.

28 konkrete Maßnahmen 

Wie Christian Egle von „Ernst & Young“ ausgeführt hatte, soll das der Klinik-GmbH attestierte Potenzial von 4,1 Millionen Euro jeweils etwa zur Hälfte durch die Reduzierung der Kosten und durch die Steigerung der Erlöse realisiert werden. Insgesamt haben die Experten in ihrem Gutachten 28 konkrete Maßnahmen im Detail beschrieben, die nun „in Form eines zeitnah startenden Sanierungs-Projekts“ umgesetzt werden sollen.  

Das Ergebnis des Gutachtens ist – wie berichtet – für manche erfreulich und schockierend zugleich: Erfreulich, weil damit eine nicht gerade kleine Chance gesehen wird, nachhaltig aus den tiefroten Zahlen zu kommen und die beiden Krankenhäuser in kommunaler Hand zu halten. Schockierend, weil es die Frage aufwirft, warum anscheinend bisher kein Verantwortlicher so genau hingeschaut beziehungsweise diese Potenziale gehoben hat.

Als Beispiele aus dem Maßnahmen-Paket aus der Feder von "Ernst & Young" wurden die Verbesserung des OP-Managements, die Verbesserung der Codierung (zur Verringerung der negativen Rückmeldungen von Krankenversicherungen), die Zentralisierung der Sterilisation, die Verbesserung des Controllings, die Verbesserung der Öffentlichkeitsarbeit und Änderungen in der Küche genannt. 

 

Ein weiterer Punkt, der nach Informationen unserer Zeitung explizit in dem Gutachten steht, ist die Erhebung von Parkgebühren am Klinik-Standort Pfaffenhofen. Und zwar für Mitarbeiter, Patienten, Angehörige und Besucher. Dem Vernehmen nach soll diese Maßnahme künftig jährlich gut 200 000 Euro in die Kasse spülen. Allerdings dürften zunächst Investitionen nötig sein; zum Beispiel in Ticket-Automaten oder Ähnliches. Unpopulär mag die Erhebung von Parkgebühren sein – doch erstens ist das an vielen anderen Kliniken längst Usus und zweitens wird man es sich angesichts der wirtschaftlichen Lage schlicht nicht leisten können, auf diese Einnahmequelle zu verzichten.

Weitere Maßnahmen, die in dem Gutachten thematisiert werden, werfen indes hinter mehr oder weniger vorgehaltener Hand bereits die Frage auf, warum sie denn in der Vergangenheit nicht längst umgesetzt worden sind. Zum Beispiel unter Ex-Geschäftsführer Marcel John, der mit großen Vorschuss-Lorbeeren von Wien nach Pfaffenhofen gekommen war und hier den Auftrag hatte, die Klinik-GmbH aus den tiefroten Zahlen zu holen sowie fit für die Zukunft zu machen. Unter seiner Regie verschlechterte sich jedoch letztlich das Ergebnis aus dem laufenden Betrieb weiter. John ist inzwischen weg, er hatte bekanntlich aus privaten Gründen um die vorzeitige Auflösung seines Vertrags gebeten, um in seiner thüringischen Heimat eine vergleichbare Stelle antreten zu können. 

Suche nach neuem Geschäftsführer läuft 

In Pfaffenhofen gibt es derweil viel zu tun. Zum Beispiel wird, dem Vernehmen nach, gehöriger Nachholbedarf beim Controlling gesehen. Zudem scheint es immenses Potenzial zur Reduzierung von Kosten im nicht-medizinischen Bereich zu geben. Nach Informationen unserer Zeitung könnten sich die Potenziale aus Optimierungen beim Einkauf, aus Organisations-Veränderungen bei der Hauswirtschaft sowie aus Maßnahmen im Bereich der Küche und bei der Wäsche-Reinigung am Ende auf jährlich um die 650 000 Euro summieren. Addiert man dazu die potenziellen Einnahmen aus den Parkgebühren, könnte sich das Geschäfts-Ergebnis allein durch diese Schritte um 850 000 Euro per anno verbessern. 

Während Interims-Chef Goldammer die Weichen stellen muss, läuft bereits die Suche nach dem neuen Geschäftsführer. Die Bewerbungsphase wurde zum Ende September abgeschlossen. Laut Landrat Wolf ist eine „ausreichende“ Zahl an Bewerbungen eingegangen. Dem Vernehmen nach haben rund 20 Leute ihren Hut in den Ring geworfen. Noch im Oktober solle, so Wolf, eine erste Bewertung der Kandidaten erfolgen, im November wolle man bereits erste Auswahl-Gespräche führen. Antreten soll der neue Klinik-Boss seine Stelle im April oder Mai. 

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