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Die am Pfaffenhofener Krankenhaus – zum Teil mutmaßlich ohne Genehmigung – erfolgten baulichen Veränderungen hatten auch die Rückzahlung von 1,6 Millionen Euro an den Freistaat Bayern zur Folge. Klinik-GmH und Landratsamt sehen hier jedoch keinen finanziellen Schaden. Man hat es aber anscheinend ohnehin nicht immer so genau genommen, wie mehrere Vorgänge zeigen.

Hintergrund: Spiel mit dem Feuer an der Ilmtalklinik

Von Tobias Zell 

Wie unsere Zeitung gestern ausführlich berichtet hat, ist an der Pfaffenhofener Ilmtalklinik mutmaßlich über Jahre schwarz gebaut sowie der Brandschutz massiv vernachlässigt worden. Wobei das eine mit dem anderen zusammenhängt. Die ohne Genehmigung erfolgten Umbauten und Umnutzungen, denen offenbar brandschutzmäßig nicht ausreichend Rechnung getragen wurde, hatten mindestens zweierlei Folgen. Erstens war eine Feuerbeschau im Jahr 2011 zu dem Ergebnis gelangt, dass aufgrund der zahlreichen Mängel eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben nicht ausgeschlossen werden könne. Zum anderen mussten insgesamt 1,6 Millionen Euro an Fördergeldern zurückgezahlt werden, die man einst bei der Errichtung des Krankenhauses eingestrichen hatte. 

Beschlüsse, aber keine Genehmigungen

„In der Vergangenheit gab es Umbauten und Nutzungsänderungen aufgrund von Umstrukturierungen und zur Optimierung der Betriebsabläufe“, heißt es dazu auf Anfrage unserer Zeitung in einer gemeinsamen Antwort von Krankenhaus-GmbH und Landratsamt. Die Umbaumaßnahmen lagen demnach aufgrund des Gesellschaftervertrags bei der Klinik. „Die nötigen Beschlüsse hierzu wurden eingeholt“, heißt es. Genehmigungen lagen indes, wie berichtet, nicht vor – weil man angeblich davon ausgegangen war, dass man keine braucht (Spiel mit dem Feuer an der Ilmtalklinik).

 

„Um die Ilmtalklinik zu einem Gesundheitszentrum auszubauen, wurden Krankenhaus-Flächen an diverse Arzt-Praxen und medizinische Dienstleister vermietet“, wird weiter erklärt. Das geschah, wie man einräumt, zum Teil ohne vorliegende Genehmigung zu diesen Nutzungsänderungen. Aber: „Für die Umwidmung in Praxis-Räume lagen Beschlüsse durch den Aufsichtsrat vor“, wie uns erklärt wurde. 

Vieles  in diesem Zusammenhang weiß man indes heute nicht mehr so genau – oder will es nicht mehr wissen. Umbauten und Änderungen hätten jedenfalls in der Zuständigkeit der Ilmtalklinik – von Geschäftsführung und Aufsichtsrat – gelegen, erklärte man unserer Redaktion zwar, musste aber zugleich einräumen: „Von wem welche Maßnahmen veranlasst wurden und wie die Entscheidungsläufe waren, lässt sich heute nicht mehr nachvollziehen.“

Freistaat forderte Geld zurück 

Bekannt ist aber, dass die Nutzungsänderungen die Rückzahlung einer stattlichen Summe an die Regierung von Oberbayern zur Folge hatte. Wie auf Anfrage von Landratsamt und Klinik erklärt wird, seien von 2002 bis 2011 insgesamt rund 1,6 Millionen Euro zurücküberwiesen worden. „Grund dafür war, dass Flächen der Ilmtalklinik, die vom Freistaat Bayern bei der Errichtung finanziell gefördert worden waren, nicht mehr nach deren ursprünglichem Zweck verwendet wurden. Vielmehr wurden sie entwidmet und einer anderen Nutzung zugeführt (Vermietung an private Arzt-Praxen und medizinische Dienstleister).“ 

Durch diese Nutzungsänderungen war, so wird erläutert, das ursprüngliche Förderungsgebot weggefallen und die Zuschüsse mussten „anteilig nach einem bestimmten Berechnungsschlüssel dem Freistaat erstattet werden“. Die Forderung zur Rückzahlung der letztlich insgesamt 1,6 Millionen Euro sei von der Regierung von Oberbayern gekommen. 1,35 Millionen Euro habe die Ilmtalklinik-GmbH davon übernommen, 250 000 Euro der Landkreis. Den Verantwortlichen sei bekannt gewesen, heißt es auf Anfrage, dass die vom Aufsichtsrat abgesegneten Nutzungsänderungen Rückzahlungen zur Folge haben würden. Und: „Die Rückzahlungs-Forderungen wurden mit der Regierung besprochen, um die Zahlungsverpflichtung für den Landkreis zu reduzieren.“  

Obwohl man 1,6 Millionen Euro zurückzahlen musste, vertritt man am Landratsamt sowie bei der Klinik die Ansicht, dass dem Landkreis dadurch „kein finanzieller Schaden entstanden“ sei, „da die Ilmtalklinik-GmbH über die entsprechenden Mieteinnahmen die Förderrichtlinien kompensieren und aufgrund der anderweitigen Nutzung Synergie-Effekte generiert und die Stärken des Klinik-Standorts erreicht werden konnte“.

Keine Stromzähler? 

Zu der angeblichen Kompensierung durch Mieteinnahmen muss man aber wissen, dass die Klinik-GmbH, die bekanntlich zuletzt ein Jahres-Defizit von stolzen 5,1 Millionen Euro aus dem laufenden Betrieb verbuchte, da offenbar recht großzügig agiert. Dem Vernehmen nach wird eine Art Warm-Miete kassiert, die Nebenkosten werden anscheinend nicht nach den tatsächlichen Verbrauchswerten abgerechnet.

In dem aktuellen Gutachten des Beratungs-Unternehmens „Ernst & Young“ wird wohl auch deshalb vorgeschlagen, sämtliche Verträge – auch mit Blick auf deren Wirtschaftlichkeit – unter die Lupe zu nehmen sowie weitere Abrechnungsmöglichkeiten und deren Voraussetzungen zu prüfen. Ganz konkret wird zum Beispiel der Einbau von Stromzählern genannt – daraus könnte man schließen, dass die Mieter möglicherweise nicht für ihren tatsächlichen Stromverbrauch aufkommen mussten, weil dieser gar nicht ermittelt werden konnte.

Mietfrei für ein Jahr 

Fakt ist, dass zumindest in einem Fall einem der Mieter die Miete sogar zeitweise komplett erlassen worden ist. Dieser Vorgang wurde vom Bayerischen Kommunalen Prüfungsverband (BKPV) in einem Gutachten auch explizit moniert. Am 14. Juli 2011 wurde demnach mit einer Firma eine Vereinbarung über die Überlassung von Räumlichkeiten in der Ilmtalklinik geschlossen; es ging um den Betrieb eines Sanitätshauses. Der Vertrag wurde, so der BKPV, vom damaligen Landrat Anton Westner (CSU) unterschrieben – allerdings habe der vor Unterzeichnung handschriftlich die Regelung gestrichen, wonach der Mieter im ersten Jahr von der Miete befreit gewesen wäre. Vier Tage später wurde dann aber laut BKPV trotzdem eine Nebenabrede zwischen dem damaligen Klinik-Geschäftsführer Marco Woedl und der besagten Firma vereinbart, die eben doch die Befreiung von der Miete für zwölf Monate vorsah. 

„Nach den uns erteilten Auskünften war der Landrat darüber nicht informiert“, schrieb der Prüfungsverband und urteilte: „In der fehlenden Genehmigung über diese wesentliche Grundlage des Vertragsverhältnisses sehen wir einen Verstoß gegen den Pacht- und Überlassungsvertrag.“ Die Befreiung von der Miete für ein Jahr habe zu einem Ertragsausfall von rund 13 000 Euro geführt. Unter anderem wohl auch wegen dieses Vorgangs hatte die Ingolstädter Staatsanwaltschaft später bekanntlich ein Ermittlungsverfahren gegen Woedl wegen des Verdachts des Betrugs beziehungsweise der Untreue eingeleitet, das heuer im Juni eingestellt wurde.

Ermittlungen gegen Woedl eingestellt

Zivilrechtlich war zu diesem Zeitpunkt die Akte des Ende 2013 fristlos gekündigten Woedl ohnehin bereits geschlossen, als der Vergleich rechtskräftig geworden war, den die Klinik-GmbH – und damit der Kreis Pfaffenhofen als Hauptgesellschafter – mit Woedl geschlossen hatte. Die Vereinbarung beinhaltete damals die Zahlung von rund 200 000 Euro an Woedl. Dass dieser Vergleich rechtskräftig ist, war im November 2014 praktisch zeitgleich mit der Nachricht bekannt geworden, dass sich die Staatsanwaltschaft für den Fall Woedl interessiert. 

Bis zum Sommer dieses Jahres liefen zunächst Vorermittlungen sowie dann ein offizielles Ermittlungsverfahren gegen Woedl. Man kam aber nach dieser langen Zeit zu einem klaren Ergebnis: Zunächst bestehende Verdachtsmomente hätten sich nicht bestätigt, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft damals. Es sei „relativ deutlich“ geworden, dass „weder eine Pflichtverletzung noch ein Schaden“ vorlägen.

Nachdem die Pfaffenhofener Klinik zuvor ein klassisches Kreiskrankenhaus war, wurde sie ab 1998 – unter Geschäftsführer Hans Huber – als Ilmtalklinik-GmbH geführt. Im Sommer 2007, stieg dann der Landkreis Kelheim mit ein. Seitdem sind die Kreise Pfaffenhofen (85 Prozent) und Kelheim (15 Prozent) Gesellschafter der GmbH mit ihren beiden Kliniken in Pfaffenhofen und Mainburg; sie tragen entsprechend ihrer Anteile auch das jährliche Millionen-Defizit. Der langjährige Geschäftsführer Hans Huber schied 2010 aus. Bereits 2008 war Woedl ebenfalls zum Geschäftsführer ernannt worden, er sollte Hubers Erbe antreten. Woedl war zu diesem Zeitpunkt schon einige Jahre im Haus, hatte laut Handelsregister seit 2005 Einzelprokura. Peter Andreas hat demnach 2009 Einzelprokura erhalten. Woedl schied Ende 2013 aus genannten Gründen aus.

Rückkehr an den Ort der Mängel 

Im Zeitraum 2007 bis 2011 waren also Huber, Woedl und Andreas die führenden Köpfe an der Ilmtalklinik-GmbH. Dieser Zeitraum ist deshalb bedeutsam, weil nach Informationen unserer Zeitung im Jahr 2007 massive Brandschutz-Mängel am Pfaffenhofener Krankenhaus aufgedeckt wurden, die zum Großteil auch 2011 noch nicht behoben waren. Letztlich war eine Feuerbeschau sogar zu dem Ergebnis gelangt, dass wegen der zahlreichen Mängel eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben nicht ausgeschlossen werde könne. Angesichts der Summe von baulichen Mängeln wurden wirksame Lösch- und Rettungsarbeiten in Frage gestellt beziehungsweise die Möglichkeit dazu stark angezweifelt.  

Vor diesem Hintergrund erscheint es auch zumindest bemerkenswert, dass man nach Woedls Rauswurf Ende des Jahres 2013 keinen anderen als den 2010 ausgeschiedenen Hans Huber zurückholte und ihn zum Interims-Geschäftsführer machte. Sarkastisch könnte man sagen: Er wusste zumindest gleich, wo die Mängel sind.

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