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SPD-Kreischef Käser zur Klinik: "Die Versäumnisse der vergangenen Jahre müssen schnell und komplett auf den Tisch. Verantwortliche müssen zur Rechenschaft gezogen werden."

(zel) Das größte Problem sei die Politik selbst, sagt der Pfaffenhofener SPD-Kreisvorsitzende Markus Käser zur Situation der Ilmtalklinik-GmbH: "Jeder, der überfordert ist, sollte seine Verantwortung abgeben." Im Interview mit unserer Zeitung beklagt er "hohle Versprechungen, fahrlässig rausgeworfene Planungskosten, ungerechtfertigte Abfindungen für geschasste Geschäftsführer, verschleppte Brandschutz-Maßnahmen und mehrfache baulichen Veränderungen ohne Genehmigung". Zudem habe es seit 2015 ausreichend technische Hinweise gegeben, dass die Sanierung des Pfaffenhofener Krankenhauses so gar nicht machbar sei. "Trotzdem wurde dieses falsche Zahlenmaterial dem Kreistag zur Entscheidung vorgelegt." Hier lesen Sie das gesamte Gespräch.

Herr Käser, Sie haben bezüglich der jüngsten Ereignisse rund um die Ilmtalklinik gesagt, es sei "Zeit für die politische Verantwortungs-Übernahme". Warum sind Sie der Meinung, die hiesige Politik trage die Schuld dafür, dass die Krankenhaus-GmbH mit ihren beiden Kliniken in Pfaffenhofen und Mainburg nicht in ruhigeres Fahrwasser kommt?

Markus Käser: Schauen wir uns doch nur eine der jüngsten Episoden an. Mit Privatisierungs-Gedankenspielen soll jetzt wieder von politischer Verantwortung und von Management-Schlampereien an der Klinik nur abgelenkt werden. Dabei bräuchten wir genau das Gegenteil: endlich mal Verantwortungs-Übernahme. Und zwar für die Zukunft, aber auch für die vergangenen Geschehnisse.

Wie meinen Sie das?

Käser: Aus allen politischen Ecken kann man es hören. Da ist von der angeblich letzten Chance für die Klinik die Rede oder dass es laut CSU jetzt keine Denkverbote mehr geben darf. Unser Dritter Landrat Josef Finkenzeller von den Freien Wählern kennt gleich gar kein Halten mehr und meint, man muss auch mal über eine Privatisierung nachdenken dürfen. Das ist bemerkenswert. Denn es waren doch vor allem führende Politiker, die jahrelang an unserer Ilmtalklinik herumgedoktert haben – und die jetzt anscheinend mit dem alten Gauner-Trick "Haltet den Dieb" rufen, um von ihrer Verantwortung abzulenken. Das ist nicht nur schwach, sondern ein echter Grund zur Sorge. So leichtfertig kann man nicht mit seiner Verantwortung umgehen. Es geht immerhin um die Gesundheits-Versorgung in unserer Region und um die Arbeitsplätze an der Klinik.

Und ihre Folgerung beziehungsweise Forderung daraus lautet?

Käser: Jeder, der mit Management und Kontrolle der Klinik überfordert ist, der sollte – anstatt vom Verkauf des Krankenhauses zu sprechen – besser einen Schritt zurücktreten und seine Verantwortung abgeben. Denn nicht die medizinischen und pflegerischen Leistungen der Klinik sind das Problem. Das größte Problem ist die Politik selbst. Hohle Versprechungen, fahrlässig rausgeworfene Planungskosten, ungerechtfertigte Abfindungen für geschasste Geschäftsführer, verschleppte Brandschutz-Maßnahmen und mehrfache baulichen Veränderungen ohne Genehmigung.

Das sind harte Worte.

Käser: Es ist ja auch eine ziemlich lange Liste von Management-Fehlern und offensichtlich politischem Unvermögen.

An welchen Punkten machen Sie das fest?

Käser: Ich kann mehrere nennen. Nehmen wir zum Beispiel den früheren Klinik-Geschäftsführer Marco Woedl – das war ein goldener Rauswurf. Er wurde fristlos gekündigt, bekam aber kurioserweise noch tagelang Zeit, um im Büro seine Angelegenheiten zu ordnen. Er drohte dann mit einer Klage gegen die Kündigung. Und was macht der Kreistag? Der wirft ihm aus Angst vor der eigenen arbeitsrechtlichen Niederlage noch 200 000 Euro Abfindung hinterher. Obwohl ausreichend Gründe für eine fristlose Kündigung gegeben waren. Das ist schon kaum zu glauben, aber es geht ja noch besser. Ich sage nur: Schwarzbau-Klinik.

Sie meinen die Vorgänge, die unsere Zeitung aufgedeckt hat?

Käser: Ja, genau. Und ohne die Recherche-Leistungen Ihrer Redaktion schmälern zu wollen: Es ist doch tragisch, wenn so etwas überhaupt erst aufgedeckt werden muss, weil offenbar keiner hingeschaut hat oder es wissen wollte. An der Pfaffenhofener Klinik wurde offenbar über Jahre immer wieder ohne Genehmigung gebaut und umgebaut und der Brandschutz jahrelang verschleppt. Zahlreiche Maßnahmen mussten nachträglich genehmigt werden. Das war dann 2015 – also acht Jahre, nachdem die Feuerbeschau von 2007 ergeben hatte, dass mitunter die Pläne nicht zu dem passen, was da tatsächlich Fakt ist, und dass es massive Probleme mit dem Brandschutz gibt. Da fragt man sich doch auch: Was war in den Jahren dazwischen? Wie konnte das passieren, wenn das Krankenhaus doch dem Landkreis gehört und das Landratsamt zugleich die zuständige Behörde ist? Außerdem frage ich mich: Wie wäre die Behörde wohl in einem ähnlichen Fall mit einer ganz normalen Firma umgesprungen?

Mit Verlaub, Herr Käser, Sie klingen aufgeregt.

Käser: Ja, in der Tat. Denn nach wie vor sind hier doch entscheidende Fragen offen. Altlandrat Rudi Engelhard von der CSU, seinerzeit Chef des Aufsichtsrats, belastete in Zusammenhang mit der Schwarzbau-Geschichte und dem vernachlässigten Brandschutz zum Beispiel die früheren Geschäftsführer. Und? Musste bisher irgendwer die Verantwortung dafür übernehmen? Ist das alles überhaupt auch nur ansatzweise aufgeklärt? Nein. Man ging zur Tagesordnung über, hat anscheinend gehofft, das verläuft sich schon im Sand. Und jetzt gehen die Bau-Pleiten des Landkreises munter weiter.

Sie spielen vermutlich auf die gestoppte Generalsanierung an.

Käser: Richtig. Auf einmal liegt die längst geplante und mindestens 70 Millionen Euro teure Generalsanierung des Pfaffenhofener Krankenhauses komplett auf Eis. Es ist doch schockierend, wenn kurz vor dem eigentlichen Start eines solchen Mammut-Projekts herauskommt, dass ganze Teile der Klinik gar nicht in die Planungen miteinbezogen worden sind.

Wie sehen Sie das?

Käser: Haben wir hier gravierende Fehlplanungen, von denen alle Verantwortlichen nichts gewusst haben? Oder anders gefragt: Merkt bei einem jahrelang geplanten zig-Millionen-Projekt keiner, dass die Sanierung so gar nicht machbar ist? Wer's glaubt, wird selig. Es gibt einen unterschriebenen Planungsauftrag für die Sanierung. Auf dieser Basis wurden alle Maßnahmen und Kosten berechnet. Zudem gab es meines Wissens seit 2015 ausreichend technische Hinweise, dass die Sanierung so gar nicht machbar ist. Trotzdem wurde dieses falsche Zahlenmaterial dem Kreistag zur Entscheidung vorgelegt. Der Bevölkerung will man jetzt erzählen, dass man nach wochenlangen internen Nachforschungen immer noch nicht weiß, wer den Auftrag für die Fehlplanungen gegeben hat und ob nun der Geschäftsführer den Aufsichtsrats-Vorsitzenden und Aufsichtsrat vorsätzlich nicht unterrichtet hat oder der Aufsichtsrat seiner Aufsichtspflicht nicht ausreichend nachgekommen ist. Auch die Verantwortung für die Planungsschäden sowie generell die Frage, wie hoch diese sind, ist bis heute ungeklärt.

Sie haben in Zusammenhang mit der Ilmtalklinik und der Kreispolitik schon einmal gesagt, dass Ihre Diagnose auf "multiples Organversagen" lautet. Würden Sie das immer noch so formulieren?

Käser: Wenn Sie schon so fragen, dann ist – um im Bild zu bleiben – die Liste der Krankheitsbilder keineswegs geringer geworden: multiples Organversagen, partielle Blindheit mit Einschränkung des politischen Orientierungsvermögens, thematischer Gedächtnisverlust und chronische Aufschieberitis.

Und was verordnen Sie in diesem Fall?

Käser: Manche glauben ja, einfach öffentliche Ruhe zu verordnen, das würde helfen. Ich glaube, so homöopathisch kommen wir nicht mehr weiter. Es muss richtig operiert werden, um endlich das Problem an der Wurzel zu packen. Erstens muss Schluss sein mit der Geheimnis-Krämerei, wir brauchen eine neue Kontroll- und Führungskultur. Der Aufsichtsrat muss vom Kreistag so mandatiert werden, dass endlich Schluss ist mit dieser unsäglichen Geheimnistuerei gegenüber Gesellschafter und Öffentlichkeit. Es kann nicht sein, dass der Kreistag von Kelheim mit 15 Prozent Landkreis-Anteil an der Krankenhaus-GmbH besser unterrichtet ist als der Pfaffenhofener Kreistag, der für 85 Prozent steht. Außerdem muss der Klinik-Aufsichtsrat mit professionellen Kräften aufgestockt werden. Ehrenamtliche Politiker sind scheinbar rein zeitlich nicht in der Lage, das Pensum zu meistern. Außerdem müssen wir Vertrauen wieder herstellen und lückenlos aufklären.

Wie soll diese Aufklärung aussehen?

Käser: Die Management-Versäumnisse der vergangenen Jahre müssen schnell und komplett auf den Tisch. Verantwortliche müssen zur Rechenschaft gezogen werden. Wenn dieses Mal wieder nur heiße Luft herauskommt, dann ist künftig kein vertrauensvolles, gemeinsames Arbeiten mehr möglich.

Ihre Partei hat sich zuletzt ausdrücklich für eine Ilmtalklinik in kommunaler Hand stark gemacht. Stehen Sie dazu nach wie vor?

Käser: Die völlig überflüssige Debatte über eine mögliche Privatisierung muss beendet werden. Die Bevölkerung und auch die Angestellten des Krankenhauses müssen uneingeschränkt auf die Kreispolitik bezüglich des Fortbestands unserer Klinik in öffentlicher Hand vertrauen können. Von unserer Seite gab und gibt es deshalb dieses klare Bekenntnis.

Das Defizit aus dem laufenden Betrieb der Ilmtalkinik-GmbH mit ihren beiden Krankenhäusern in Pfaffenhofen und Mainburg haben der Kreis Pfaffenhofen – zu 85 Prozent – und der Kreis Kelheim – zu 15 Prozent – entsprechend ihrer Gesellschafter-Anteile alljährlich auszugleichen. Das Minus betrug in der Spitze 5,1 Millionen Euro, für das gerade abgelaufene Jahr wird mit etwa 4,7 Millionen Euro gerechnet. Wo ist für die Kreis-SPD die Defizit-Grenze?

Käser: Schon der Begriff Defizit – statt Zuschuss – lenkt von der Tatsache ab, dass wir als Landkreis die Gesundheits-Versorgung als Teil der öffentlichen Infrastruktur so oder so zu finanzieren haben, und zwar unabhängig von der Trägerschaft der Einrichtung. Ich denke, und so ist es auch Grundsatz-Beschluss unseres Kreisverbands, dass unser Landkreis jährlich rund 30 Euro pro Einwohner in eine gute und wohnortnahe Gesundheits-Versorgung seiner Bürger investieren kann. Diesen jährlichen Betriebskosten-Zuschuss von rund 3,5 Millionen Euro stabil zu erreichen, das wäre in meinen Augen schon ein großer Fortschritt.

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