Modifiziertes medizinisches Konzept für Partner-Krankenhäuser in Mainburg und Pfaffenhofen. Auch der Kreis Kelheim will mächtig investieren.
Von Tobias Zell
Die Ilmtalklinik-GmbH soll mit einem erneut überarbeiteten medizinischen Konzept und durch gewaltige bauliche Investitionen an beiden Standorten fit für die Zukunft gemacht sowie aus den tiefroten Zahlen geführt werden. In den vergangenen Jahren betrug das Defizit aus dem laufenden Betrieb jeweils um die fünf Millionen Euro. In Pfaffenhofen will man nun Schwerpunkte ausbauen, in Mainburg sollen vorhandene Fachrichtungen erhalten und die so genannten planbaren Leistungen intensiviert werden. Sowohl der Kelheimer Kreis- als auch der Gesundheits-Ausschuss haben ihrem Kreistag die klare Empfehlung gegeben, für diese „Strategie 20“ zu stimmen. Damit dürften alle Überlegungen von einem Plan B – abgespecktes Mainburger Krankenhaus – vom Tisch sein.
Der Kelheimer Kreistag hatte, wie berichtet, bereits in einer Sondersitzung am 22. Januar ein klares Bekenntnis zum Fortbestand der gemeinsam mit dem Landkreis Pfaffenhofen gehaltenen Ilmtalklinik-GmbH abgelegt und sich in diesem Zusammenhang auch unmissverständlich für den Fortbestand seines Krankenhauses in Mainburg ausgesprochen. Der entsprechende Grundsatz-Beschluss war am Ende einer mehrstündigen Sitzung unter Leitung von Landrat Martin Neumeyer (CSU) beinahe einstimmig gefallen. Über das künftige medizinische Konzept war damals bewusst noch nicht entschieden worden, weil es – wie auch im Kreis Pfaffenhofen – noch manches zu klären galt.
Der Kreisausschuss von Kelheim und der Ausschuss für Soziales und Gesundheit tagten nun am Montagnachmittag gemeinsam. Letztlich ging es dabei um die zentrale Frage, welche von zwei vorgelegten Möglichkeiten für die künftige Rolle des Mainburger Krankenhauses bevorzugt wird. Am Ende fiel die Entscheidung im Kreisausschuss einhellig sowie im Gesundheits-Ausschuss bei einer Gegenstimme. Dem Kreistag wird demnach empfohlen, die „Strategie 20“ zu beschließen.
Die bedeutet, vereinfacht gesagt, dass in Mainburg die Abteilungen Innere Medizin und Chirurgie sowie demzufolge auch Operations-Säle und alles, was damit verbunden ist, erhalten bleiben. Die Vorteile dieser Variante werden in der flächendeckenden regionalen Versorgung und durch geringere Risiken gesehen. Die Investitionskosten am Krankenhaus Mainburg, die der Kreis Kelheim zu schultern hat, sind allerdings bei dieser Variante deutlich höher, weil eben zum Beispiel OPs notwendig sind.
Alternativ dazu stand Variante B, die zwar wohl um einiges geringere Investitions- beziehungsweise Sanierungskosten für den Kreis Kelheim zur Folge hätte, aber eben den Wegfall von Abteilungen sowie damit harte Einschnitte im Angebot des Mainburger Krankenhauses bedeuten würde. Zudem könnten in diesem Zusammenhang betriebsbedingte Kündigungen wohl nicht ausgeschlossen werden. Dem gegenüber steht der nicht gerade berauschende Effekt auf das Geschäftsergebnis der Klinik-GmbH: Man geht davon aus, dass sich das Betriebsergebnis durch diese Variante B – im Vergleich zu A – lediglich minimal verbessern würde.
Für den Kelheimer Kreis- und den Gesundheits-Ausschuss war angesichts dieser Gegenüberstellung am Ende der Fall klar. Man darf nun davon ausgehen, dass das Kreistags-Gremium in seiner Sitzung am 19. März diesem Fingerzeig folgt. Nicht nur, wegen der Deutlichkeit des Votums. Sondern auch, weil im Vorfeld bereits die Geschäftsführung der Krankenhaus-GmbH und die Wirtschaftsprüfer von „Ernst & Young“ dem Aufsichtsrat nahegelegt hatten, den Weg der „Strategie 20“ zu beschreiten. Der Aufsichtsrat hatte bereits in seiner jüngsten Sitzung am vergangenen Mittwoch der Variante A zugestimmt.
Der Pfaffenhofener Kreisausschuss befasst sich am heutigen Mittwoch mit dem Thema. Darüber abzustimmen haben hier die Kreispolitiker – im Gegensatz zu ihren niederbayerischen Kollegen – aber wohl nicht. Nach Informationen unserer Zeitung bräuchte es für das medizinische Konzept der Klinik-GmbH eigentlich überhaupt keine Zustimmung von Landkreis-Gremien. Auf Kelheimer Seite war allerdings im vorliegenden Fall eine politische Entscheidung nötig, weil Variante B die Schließung von Abteilungen in Mainburg bedeutet hätte. Und für wesentliche Änderungen im Betriebsumfang der Kliniken muss laut Gesellschaftsvertrag nicht nur der Aufsichtsrat grünes Licht geben, sondern es bedarf explizit der Zustimmung des jeweiligen Kreistags. Außerdem stehen dem Kreis Kelheim in den nächsten Jahren Millionen-Ausgaben für die Sanierung in Mainburg ins Haus.
In einer gestern von der Ilmtalklinik-GmbH veröffentlichten Pressemitteilung wird die nun so gut wie beschlossene medizin-strategische Ausrichtung noch einmal detailliert erläutert. Alle bereits vorhandenen Fachrichtungen in Pfaffenhofen und Mainburg werden demnach auch in Zukunft vorgehalten. Das bedeute: Innere Medizin mit Kardiologie und Gastroenterologie, Unfallchirurgie und Orthopädie, Allgemein- und Viszeral-Chirurgie an beiden Standorten sowie zusätzlich Neurologie mit (zertifizierter) Schlaganfall-Einheit sowie Gynäkologie und Geburtshilfe in Pfaffenhofen.
An beiden Standorten sieht man somit die „umfassende Grund- und Regelversorgung auf höchstem Niveau gewährleistet“. Beide Notaufnahmen werden den Angaben zufolge auch künftig rund um die Uhr geöffnet sein, um die Notfall-Versorgung der Bevölkerung in jeweils regionaler Nähe zu sichern. „Zugleich wird die Profilierung der medizinischen Leistungsangebote an jedem Standort vorangetrieben“, so Klinik-Sprecherin Bianca Frömer.
Demnach werde Pfaffenhofen seinen Schwerpunkt im Rahmen der Akut- und Notfall-Versorgung sowie Geburtshilfe ausbauen und auch für komplexe Eingriffe im Rahmen eines zu planenden Darmzentrums bestmögliche Kompetenz vorhalten. Die Kardiologie werde zusätzlich eine Brustschmerz-Einheit („Chest Pain Unit“) aufbauen. Der Standort Mainburg werde indes verstärkt durch den Bereich der planbaren Leistungen geprägt sein und diese auch ausbauen. „Das Endoprothetik-Zentrum (EPZ) bleibt in diesem Zusammenhang im Rahmen der Gesamtchirurgie ein zentraler Baustein und ergänzt das hochwertige internistische Angebot in Mainburg“, heißt es weiter.
Da die medizinische Ausrichtung „immer auch die Voraussetzungen für alle baulichen Investitions-Maßnahmen definiert“, sei dieser Aspekt „zwingend mit zu beachten“. Sowohl in Pfaffenhofen als auch in Mainburg seien umfangreiche Sanierungs-Maßnahmen bis hin zu einer umfassenden Generalsanierung der Gebäude notwendig. Mit der Entscheidung für Variante A nimmt man im Kreis Kelheim auch hohe Investitionen auf sich.
In Pfaffenhofen war die ohnehin unmittelbar bevorstehende Generalsanierung bekanntlich auf Eis gelegt worden, nachdem im vergangenen Herbst ans Licht gekommen war, dass bei den Planungen – entgegen aller Annahmen – Teile des Gebäude-Komplexes gar nicht berücksichtigt worden waren. Das sorgte für Aufregung und Diskussionen, Rufe nach Konsequenzen wurden laut. Ein Anwalt wurde mit der Klärung der Fragen beauftragt, wie das passieren konnte, wer dafür verantwortlich ist, und ob jemand juristisch zu belangen ist beziehungsweise haftbar gemacht werden kann.
In der jüngsten Sitzung des Aufsichtsrat war das rund 70-seitige Gutachten des Rechtsanwalts vorgestellt worden, das sich einer Mitteilung der Klinik-GmbH zufolge „intensiv mit der Prüfung von Pflichtverletzungen und gegebenenfalls daraus resultierenden Schadensersatz-Ansprüchen im Rahmen der bisherigen Planungen zur Generalsanierung am Standort Pfaffenhofen auseinandersetzt“. Dabei sei festgestellt worden, dass auf Basis der umfangreich vorgelegten Dokumente „eine Haftung der Aufsichtsrat-Mitglieder auf Grund einer Pflichtverletzung nicht gegeben“ sei. „Eine Verletzung der Überwachungspflicht gegenüber der früheren Geschäftsleitung bestätigte sich nach dem Ergebnis des Gutachtens nicht.“
Aus juristischer Sicht könne – so hieß es weiter – den Gremien der Ilmtalklinik-GmbH aufgrund der vorliegenden Informationen und Unterlagen „nicht empfohlen werden, Schadensersatz-Ansprüche wegen Pflichtverletzungen gegen Beteiligte oder Dritte weiterzuverfolgen“. Neben Bedenken, ob Pflichtverletzungen an sich vorlägen und im Streitfall auch bewiesen werden könnten, weise das Gutachten auf weitere rechtliche Schwierigkeiten hin – „insbesondere im Hinblick auf den Nachweis erstattungsfähiger Schäden“.
Ungeachtet dessen, dass damit die entscheidende Frage (Wie konnte es überhaupt passieren, dass entgegen aller Annahmen die Generalsanierung gar nicht das gesamte Gebäude umfassen sollte und keiner davon wusste?) nicht geklärt scheint: Die Planungen für das eilends gestoppte Großprojekt werden nun nach Angaben der Klinik-GmbH wieder aufgenommen. Was die nötigen Sanierungs-Maßnahmen in Mainburg angeht, befinde man sich derzeit noch „auf einer frühen Planungsstufe“. Zentrale Ergebnisse zum Fortschritt seien im Spätsommer beziehungsweise Herbst dieses Jahres zu erwarten.
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