Ingo Goldammer und Christian Degen über den Wirbel um die Generalsanierung, die wirtschaftliche Entwicklung, Zuständigkeiten, die nächsten Schritte und ihre berufliche Zukunft.
(zel) Die Ilmtalklinik-GmbH mit ihren beiden Krankenhäusern in Pfaffenhofen und Mainburg war in den vergangenen Jahren ein Millionen-Grab. Das Defizit aus dem laufenden Betrieb – bis zu fünf Millionen Euro per anno – haben alljährlich die Landkreise Pfaffenhofen (85 Prozent) und Kelheim (15) entsprechend ihrer Gesellschafter-Anteile auszugleichen. Künftig soll alles besser werden. Eine neue Strategie wurde entwickelt, Maßnahmen aus dem Konzept einer Beratungs-Firma wurden und werden umgesetzt, ein finanzieller Aufwärts-Trend stellte sich bereits ein. Zuletzt sorgte allerdings die geplante Generalsanierung des Pfaffenhofener Krankenhauses für Aufregung und Zündstoff. Wir haben auch darüber mit den beiden Geschäftsführern, Ingo Goldammer und Christian Degen, ausführlich gesprochen – sowie über deren eigene Zukunft.
Herr Goldammer, Herr Degen, fangen wir gleich mal mit dem größten Aufreger der jüngsten Vergangenheit an: Praktisch jeder war davon ausgegangen, dass bei einer Generalsanierung auch das komplette Pfaffenhofener Krankenhaus saniert wird. Dann haben Sie beide, als neue Geschäftsführer, ans Licht gebracht, dass Teile des Gebäudes in den Planungen gar nicht berücksichtigt waren. Daraufhin wurde erst einmal alles gestoppt und zugleich die Ursachen-Forschung gestartet. Wie sind Ihre Erkenntnisse, was war da schiefgelaufen?
Bei den nicht berücksichtigten Flächen handelte es sich überwiegend um Flächen des Krankenhauses, die nicht durch den Freistaat Bayern förderfähig gewesen wären und deshalb durch Eigenmittel der Ilmtalklinik-GmbH beziehungsweise des Landkreises Pfaffenhofen bezahlt hätten werden müssen. Dies wäre ein Argument für die Aussparung. Diese Entscheidung hätte jedoch an den Aufsichtsrat und die Kreisgremien aktiv kommuniziert werden müssen. Wie sich nunmehr herausstellte, sind die Gremien zu jeder Zeit von einer vollständigen Sanierung ausgegangen und diese soll durch die jüngsten Beschlüsse auch durchgeführt werden. Die Geschäftsführung will künftig durch regelmäßige Berichte neben dem Aufsichtsrat auch die Kreisgremien informieren. Dies war ebenfalls Ausfluss aus den jüngsten Sitzungen. Dadurch sollen derartige Missverständnisse künftig erst gar nicht mehr auftreten können.
Geschäftsführung, Aufsichtsrat, Kreistag. Zuletzt wurde ja im Zuge des Wirbels um die Generalsanierung auch viel über die Frage gesprochen, wer eigentlich was zu entscheiden hat. Erklären Sie doch mal die Zuständigkeiten und deren Grenzen aus Ihrer Warte.
Die Geschäftsführung ist für die Leitung des gesamten Geschäftsbetriebs nach Maßgabe des Gesellschaftsvertrags und der von der Gesellschafter-Versammlung beziehungsweise vom Aufsichtsrat gefassten Beschlüsse zuständig. Die Geschäftsführung hat im Rahmen der laufenden Geschäfte jährlich einen Wirtschaftsplan aufzustellen, der vom Aufsichtsrat genehmigt werden muss. Der Wirtschaftsplan enthält alle Erträge und Aufwendungen des Wirtschaftsjahrs und umfasst auch Aufwendungen für die baulichen Maßnahmen. Nach der Genehmigung des Wirtschaftsplans durch den Aufsichtsrat wird dieser im Rahmen der Haushaltsplanung dem Haushalt des Landkreises als Anlage beigefügt. Der Beschluss über die Haushalts-Satzung und den Haushaltsplan mit den entsprechenden Anlagen obliegt dann wiederum vorberatend dem Kreisausschuss und abschließend dem Kreistag.
Nehmen wir mal an, die Ilmtalklinik-GmbH würde kein Defizit schreiben und hätte ein paar Millionen Euro auf dem Sparbuch. Dann hätte die Geschäftsführung so richtig freie Hand, oder?
Zumindest bräuchte Sie für finanzielle Entscheidungen, die ja überwiegend derzeit auch baulicher Art sein können, im Rahmen des von der Geschäftsführung vorgelegten und vom Aufsichtsrat genehmigten Wirtschaftsplans keine weiteren Genehmigungen. Über den Wirtschaftsplan hinaus sind finanzielle Entscheidungen der Geschäftsführung jedoch stark beschränkt und bedürfen der vorherigen Genehmigung des Aufsichtsrats. Mit den Beschlüssen der Kreisgremien hat nunmehr zusätzlich eine deutliche ausgeweitete Berichterstattung in diesen zu erfolgen, was ebenfalls deutlich mehr Transparenz in die Kreispolitik schaffen wird.
Der Kreistag hat zuletzt zwar bekundet, dass er in Sachen Klinik besser informiert werden möchte, aber zugleich klargestellt, dass er selbst bei größeren baulichen Maßnahmen nicht vorher gefragt werden möchte. Hätten Sie gerne für Ihre Arbeit mehr Sicherheit durch entsprechende Kreistags-Beschlüsse?
Der Rahmen unserer Arbeit wird durch den Gesellschaftsvertrag sowie die Beschlüsse der Gesellschafter-Versammlung und des Aufsichtsrats vorgegeben. Mehr Sicherheit hätte es für unsere Arbeit durch zusätzliche Kreistags-Beschlüsse nicht gegeben, da wir auch durch die vorliegenden Regularien unsere Kompetenzen, aber auch Grenzen kennen. Unabhängig davon hätten wir uns einer strengeren Reglementierung in Sachen Baumaßnahmen nicht verwehrt, da es unserer Meinung nach das gute Recht des Grundstücks-Eigentümers Landkreis Pfaffenhofen wäre, vor entsprechenden Maßnahmen durch uns im Rahmen der Geschäftsführungs-Tätigkeit gehört zu werden.
Wer hat überhaupt jemals beschlossen, dass es eine Sanierung geben soll? Der Kreistag hatte bis zuletzt dazu nicht einmal einen Beschluss gefasst und der Aufsichtsrat kann ja wohl keine Klinik-Sanierung veranlassen.
Die Beantwortung ergibt sich eigentlich aus der Erklärung zur Frage, wer was zu entscheiden hat. Entsprechende Beschlüsse fielen im Aufsichtsrat und wurden durch die Geschäftsführung im Wirtschaftsplan abgebildet, wodurch dieser zumindest in seinen finanziellen Auswirkungen für den Landkreis auch Teil des Landkreis-Haushalts wurde. Dadurch wurden für die Sanierung vom Landkreis auch entsprechende Mittel bereitgestellt.
Reden wir über die bauliche Seite des Großprojekts: Wie sehen nun die nächsten Schritte aus. Was fehlt noch, damit es tatsächlich losgehen kann?
Der Aufsichtsrat und die Kreisgremien haben in den letzten Sitzungen das geschärfte medizinische Konzept der Ilmtalklinik-GmbH abgesegnet und sich intensiv mit den möglichen baulichen Aspekten auseinandergesetzt. Mit den beschlossenen Grundlagen in medizinischer und baulicher Sicht soll nunmehr überprüft werden, wie sich diese Vorgaben idealerweise am Krankenhaus-Standort Ilmtalklinik verorten lassen. Ziel der Planungen soll, wie bereits bekundet, eine optimale und möglichst störungsfreie Versorgung der Patienten der Ilmtalklinik-GmbH während der Sanierungsphase sein. Dabei soll die Lösung in einem wirtschaftlich vernünftigen Rahmen erfolgen. Erste grundsätzliche Entwürfe dazu sollen noch im Sommer dieses Jahres vorgestellt werden. Wenn diese Vorschläge die Zustimmung des Aufsichtsrats finden und in den Kreisgremien vorgestellt wurden, wäre ein Beginn ab dem Jahr 2020 möglich.
Ingo Goldammer (links) und Christian Degen.
Noch gibt es keine offiziellen Zahlen, weil noch Fragen offen sind. Aber was denken Sie: Wie teuer kommt diese Generalsanierung ungefähr und wie viele Jahre wird sie dauern?
Da der Planungsstand derzeit überarbeitet wird und teilweise auch von ganz neuen Prämissen ausgeht, wären Aussagen sowohl zu den Kosten als auch zur zeitlichen Schiene verfrüht.
Was steht denn bereits fest zum Umgriff der Sanierung? Es geht ja auch um die Frage, wie man mit den Maßnahmen umgeht, die nicht bezuschusst werden – die also der Landkreis zu bezahlen hat.
Wir haben uns als Ziel gesetzt, die Ausgaben für den Landkreis so gering wie möglich zu halten, jedoch eine vollumfassende Generalsanierung durchzuführen. Dies ist natürlich auch im Sinne des Aufsichtsrats und der Kreisgremien. Konkret könnte dies so aussehen, dass für nicht förderfähige Bereiche private Investoren ins Boot geholt werden, die sich ihre Investition über langfristige Mietverträge absichern. Dies ist eine Vorgehensweise, der sich auch andere Kliniken bedienen und durchaus erfolgreich damit fahren.
Die ganze Aufregung um die Sanierung, die Aufarbeitung dieses Malheurs, die neuen Planungen, dann immer wieder Sitzungen in den politischen Gremien der Landkreise Pfaffenhofen und Kelheim sowie natürlich die Sitzungen des Aufsichtsrats – da sind selbst zwei Geschäftsführer gut beschäftigt, oder?
Über mangelnde Beschäftigung können wir nicht klagen, aber dieser Zeitaufwand ist für die umfassende Information aller Beteiligten unerlässlich und wird sich am Ende sicher auch gelohnt haben.
Offensichtlich haben sie aber noch Zeit gefunden, sich auch um die wirtschaftliche Sanierung der hochdefizitären Klinik-GmbH zu kümmern. Die jüngsten Zahlen und die Prognose für heuer lassen ja hoffen, dass es nun wirklich aufwärts geht.
Wir sind mit dem Jahresergebnis für 2017, welches im Juni offiziell durch unsere Wirtschaftsprüfer im Aufsichtsrat vorgestellt wurde und welches bislang immer als Prognose in den Gremien gezeigt wurde, sehr zufrieden. So konnten wir unser Ziel zwar nicht ganz erreichen, wurden im Vergleich zum Vorjahr im operativen Ergebnis erneut wirtschaftlicher, womit – vorsichtig ausgedrückt – der Aufwärtstrend intakt ist. Auch das erste Quartal 2018 trifft unsere Erwartungen voll. Die Zahlen dazu werden ebenfalls in der nächsten Aufsichtsrat-Sitzung vorgestellt. Während des Jahres kann insbesondere in einem Krankenhaus-Betrieb jedoch vieles passieren, was eine Prognose auch sehr schnell hinfällig machen kann, weshalb es für das Jahr 2018 noch viel zu früh wäre, um in Euphorie auszubrechen.
Worin sehen Sie die Hauptgründe für die zuletzt positive Entwicklung? Was waren aus Ihrer Sicht die entscheidenden Maßnahmen?
Wir glauben nicht, dass sich die positive Entwicklung nur an einzelnen Maßnahmen festmachen lässt, obwohl es in letzter Zeit viele verschiedene Maßnahmen mit wirtschaftlichen Auswirkungen gegeben hat. Es ist vielmehr ein Mix aus mehreren Faktoren: höchste medizinische Qualität, Patienten-Zufriedenheit, effiziente Betriebsabläufe, Kostenbewusstsein – und dies eingebettet in eine zukunftsweisende Strategie. Wir haben zahlreiche motivierte Mitarbeiter, die sich mit einbringen und für das Krankenhaus über das gewöhnliche Maß einsetzen und es nach vorne bringen wollen. Das freut uns natürlich sehr und wir sehen, dass es auch das erklärte Ziel des Personals ist, dass sich etwas tun muss. Positive Entwicklungen gehen somit immer auch auf das Konto der Mitarbeiter.
Sie haben bereits einige Punkte aus dem Gutachten von "Ernst & Young" umgesetzt. Diese Expertise war zu dem Ergebnis gelangt, dass das Defizit aus dem laufenden Betrieb auf rund eine Million Euro reduziert werden kann. Ist das eine realistische Dimension?
Prognosen über mehrere Jahre sind bei einer nicht kalkulierbaren bundespolitischen Entwicklung der Krankenhaus-Landschaft immer schwierig. Unser Ziel war und ist es jedoch, die operativen Ergebnisse der Ilmtalklinik in vernünftigen Schritten auch in den kommenden Jahren kontinuierlich zu verbessern. Aktuell erscheint diese Vorgehensweise auch realistisch und spiegelt sich in den Zahlen wider. Dabei ist es unser Ansinnen, den Trägern – Landkreis Pfaffenhofen und Landkreis Kelheim – sowie dem Aufsichtsrat zu zeigen, dass man an diesem Haus etwas bewegen kann. Selbstverständlich ist es auch für den Mitarbeiter schön zu sehen, dass der individuelle Einsatz am Ende auch Früchte trägt.
Sie haben unter anderem ein neues medizinisches Konzept entwickelt, Parkgebühren eingeführt und Kosten reduziert. Wie sehen die nächsten Schritte zur finanziellen Gesundung der beiden Krankenhäuser aus?
Die Themen Logistik und Digitalisierung sind ein Thema, denen man sich insbesondere bei einer Zweihäusigkeit intensiv widmen muss. Die Häuser in Pfaffenhofen und Mainburg können darüber noch weiter zusammenwachsen. Hausübergreifende Teams spielen ebenfalls im Rahmen der Wirtschaftlichkeit eine große Rolle. Hier engagieren sich auch unsere Mitarbeiter sehr, die mit tollen Ideen aus der Praxis zu einer Optimierung beitragen. Einzelne Medizin-Bereiche können in Zukunft auch noch deutlich zulegen und einen noch besseren Beitrag zur Versorgung in den Landkreisen leisten. Hierauf liegt unser Augenmerk.
Stellten sich im großen Interview unseren Fragen: Ingo Goldammer (links) und Christian Degen.
Herr Degen, das werden Sie dann wohl nicht mehr als Geschäftsführer verantworten, sondern aus dem Pfaffenhofener Landratsamt verfolgen. Sie haben sich ja entscheiden, Referent des Landrats und Beteiligungs-Manager des Landkreises zu werden. Was treibt Sie zu diesem Wechsel an?
Ich denke, dass man sich als Geschäftsführer – oder dann ehemaliger Geschäftsführer – nicht so schnell aus der Verantwortung ziehen kann, da angestoßene Maßnahmen ja auch nachwirken werden. Die weitere Verfolgung, aber natürlich auch Begleitung, ist mir natürlich eine Herzensangelegenheit, weil ich mich mit der Klinik natürlich sehr verbunden und auch weiterhin verantwortlich fühle. Insbesondere wegen dieser Verbundenheit und auch der weiteren aktiven Betreuung der Klinik-Themen auf Seiten des Landkreises fällt mir der Weggang nicht ganz so schwer. Dennoch wollte ich die Chance, die mir Landrat Martin Wolf gegeben hat, nicht ausschlagen, da man insbesondere über die Beteiligungen des Landkreises die Zukunft des Landkreises in seiner Gesamtheit aktiv mitgestalten kann.
Sind Sie dann der oberste Klinik-Kontrolleur?
Klinik-Kontrolleur ist der falsche Ausdruck. Das Kontroll-Gremium der Klinik ist natürlich der Aufsichtsrat. Als Beteiligungs-Manager werde ich jedoch auch weiterhin an sämtlichen Sitzungen des Aufsichtsrats teilnehmen. Auch werde ich weiterhin mit der Ilmtalklinik-GmbH und meinem jetzigen Geschäftsführungs-Partner intensiv zusammenarbeiten. Dies ist im Rahmen unseres Projekts Generalsanierung unabdingbar. Ein gutes Miteinander zwischen Landkreis und Klinik war und ist mir auch weiterhin sehr wichtig. Dazu kann ich in meiner neuen Rolle einen wesentlichen Teil beitragen.
Herr Goldammer, Ihr aktueller Vertrag läuft bis Ende 2020. Sie haben sich in Reichertshausen niedergelassen und man ist mit der Arbeit der Geschäftsführung ja recht zufrieden. Streben Sie ein längerfristiges Engagement hier an?
Die Ilmtalklinik-GmbH in eine langfristig gesicherte Zukunft zu führen, ist eine spannende Aufgabe und die bereits erzielten Erfolge sind eine gute Bestätigung. Ich habe ein tolles Team um mich herum und die Arbeit mit unseren engagierten Mitarbeitern macht große Freude. Das alles, gelegen in einer wunderschönen Region – mehr kann man eigentlich nicht wollen. Wir werden sehen, wie sich die kommenden Jahre entwickeln. Derzeit bin ich sehr zufrieden. Sollte sich die Frage nach einer Verlängerung ergeben, werde ich daher sicher mehr als intensiv darüber nachdenken, denn generell bin ich davon überzeugt, dass die Klinik auch stabile Verhältnisse bei der Geschäftsführung benötigt.
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